Nach und nach mal die Diskussionen und Repliken "abarbeiten"
Eurasisch ist mir zu abstrakt als Begriff und auch zu ideologisch angehaucht. Russland ist zum Teil europäisch. Dieser Formulierung kann ich viel abgewinnen.
Die ideale europäisch-russischen Beziehung wäre eine möglichst partnerschaftliche Zusammenarbeit. Europa, Amerika und Russland sollten gleichermaßen von einander abhängig sein. Aber realistisch fände ich auch ein wenig Distanz zu Russland, schließlich stehen einige russische Interessen den europäischen entgegen. Ich glaube nicht, dass sich diese Konflikte lösen lassen, ohne das die jeweiligen Interessen an einer Zusammenarbeit höher stehen. Das sicherste wäre, wenn sich der Binnenmarkt in Russland stabilisiert.
Was die Gesellschaft angeht, bin ich zu wenig im Thema. Das Land ist einfach zu groß und die Regionen zu unterschiedlich. Seit ich eine Doku über russische Bergsteiger gesehen habe, die fast ohne Ausrüstung auf Tour gehen und besser sind als die top ausgerüsteten Westler, halte ich alles für möglich. Siehe Russen in Deutschland, das sind die Migranten mit dem höchsten Prozentsatz an Gymnasiasten.
Danke erst mal für die Replik.
Zum Thema "eurasisch" geht es ja als erstes darum, was man eigentlich darunter verstehen kann und assoziiert. Da ist schon interessant, dass einerseits der Begriff abstrakt, aber doch schon negativ konnotiert ist. Warum eigentlich?
Partnerschaft oder wenigstens pragmatische Zusammenarbeit ist immer besser als Gegnerschaft bis hin zu Feindschaft/ Krieg welcher Form auch immer. Leider sehe ich dafür keine realistische Basis und ich denke, die ganze Politik der letzten Zeit hat sehr viel Porzellan gegenseitig zerschlagen und ich weiß nicht, ob und wie sich das so schnell wird kitten lassen. Ich kann eher darüber sehen, was ich unter Landsleuten so beobachte, sehe. Ein Putin wird irgendwann gehen. Vielleicht werden auch Folgen der Außen- konkret Ukrainepolitik rückgängig gemacht werden, abgefedert usw. Aber ich bin sicher, dass der einfache Russe ebenso wie auch Politiker danach die jetztigen Jahre nicht vergessen werden. Die Entfremdung wird stetigen Charakter haben,
Gegenseitige quasi gleichwertige Abhängigkeiten? Hm. Ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass der Wirtschaftskrieg dazu dienen soll, eben genau das nicht zuzulassen. Ein wirtschaftlich erfolgreich aufstrebendes Schwellenland Russland. Dass das etwas ist, was an Putins Russland stört. Und schon gar nicht erwünscht sind irgendwelche Abhängigkeiten von Russland. Sieht man ja bei der ganzen Gazpromgeschichte. Und dass der Grund für den Wirtschaftskrieg gegen uns auch der ist, dass Putin spätestens mit der Krim eben gezeigt hat, dass er nicht gewillt ist, sich weiterhin den bestehenden Machtverhältnissen unterzuordnen.
Gegenseitige Sicherheitsinteressen gibt es sicher. Du gehst wahrscheinlich von der Prämisse aus: Sicherheit der Nachbarn vor russischen imperialistischen Gelüsten. Vielleicht stimmt das zum Teil. Die Polen wollen etwa sicher einen "Puffer", "Korridor" zwischen sich und Russland. Aber paradoxerweise wollen die Russen das genau auch umgekehrt. Das ist der Grund, weswegen sie sich teils auch wie der Elefant im Porzellanladen so gegen NATO an russischen Grenzen wehren. Auch Russland hat seine Sicherheitsinteressen. Und die resultieren ebenso auch furchtbaren russischen historischen Erfahrungen wie umgekehrt die Sicherheitsinteressen gerade der kleinen Nachbarn aus deren jeweiligen auch schlimmen Erfahrungen herrühren. Ich sehe auf keiner Seite jemanden mit genug Empathie, Mut und Weitsicht, diesen Interessenskonflikt im guten Sinne aller Seiten aufzulösen. Und dummerweise ist für mich das einer der Knackpunkte, wichtigen Knotenpunkte, die einem normalen Verhältnis entgegen stehen.
Zur Gesellschaft schreibe ich mal in einem weiteren Post bei nächster Gelegenheit. Ich möchte noch ein Mal betonen. Es geht mir nicht darum, ob man einer Meinung sein muss. Aber darum, anhand von Stichworten, Thesen unterschiedliche Sichtweisen zu sehen, bestenfalls in dem Sinne zu "verstehen" und zu diskutieren.