Applaus, Tränen und eine "Bombenstimmung"
Was passierte hinter den geschlossenen Türen in der Sixtinischen Kapelle? (Foto: Reuters)
"Wir schwören, Geheimhaltung über alles zu wahren, was in irgendeiner Weise die Wahl des Papstes betrifft", das hatten die 115 Kardinäle feierlich geschworen. Trotz der Verpflichtung zum Stillschweigen gibt es kaum einen Tag später doch Informationen darüber, was hinter der geschlossenen Tür der Sixtinischen Kapelle passierte. Auch wenn niemand verriet, wieviele Stimmen das neue Kirchenoberhaupt bekam, so weiß man jetzt doch, dass es zweimal spontanen Applaus am heiligen Wahlort gab.
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Tränen und Applaus
Am Dienstagnachmittag war es nach nur 26 Stunden so weit: Zum vierten Mal wurden 115 Stimmzettel vorgelesen, auf denen die Kardinäle ihren Papstfavoriten in verstellter Schrift geschrieben hatten. Als zum 77. Mal der Name von Kardinal Joseph Ratzinger fiel, war die Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht, ein neuer Papst gewählt. "Wer rechnen kann, wusste ja, wann es so weit ist", erzählt der Münchner Kardinal Friedrich Wetter. Und offensichtlich konnten alle rechnen. "Wir haben uns spontan alle erhoben und applaudiert", sagt der Kölner Kardinal Joachim Meisner. Einige hätten ihre Tränen nicht mehr zurückhalten können, erinnern sich die Kardinäle.
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"Gerührt und ruhig"
Der neue Papst selbst stand auf, um den Beifall entgegenzunehmen. Dann wurden die restlichen Stimmen ausgezählt, die Kardinäle erhoben sich nochmals und applaudierten. "Er war gerührt, äußerst ernst und ruhig", berichtet der Vorsitzende der niederländischen Bischofskonferenz Adrianus Simonis. Ratzinger wurde dann in die Mitte der Sixtinischen Kapelle geführt. Dort übernahm Ratzingers Stellvertreter als Kardinaldekan, Vizedekan Angelo Sodano, die eigentlich für den Deutschen reservierte Frage, ob er die Wahl annehme. "Dem Heiligen Geist gehorsam nehme ich die Wahl an", sagte der Bayer daraufhin.
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Keines der drei Gewänder passte richtig
Dann wählte er seinen Namen und ging mit dem päpstlichen Zeremonienmeister in die Sakristei, um sich anzukleiden. Als er wieder herauskam, habe er "ein bisschen zusammengeflickt ausgesehen", erinnert sich Meisner. Obwohl dort traditionelle Gewänder in drei Größen bereit lagen, passte offenbar keines so richtig. Und auch die Schuhe seien zu groß gewesen, berichtet der Kölner Kardinal.
Probleme beim Feuermachen
Das war offenbar nicht das einzige Problem. Auch das Entzünden des Feuers war nicht so einfach wie gedacht. Der erste Versuch, weißen Rauch aus dem Schornstein steigen zu lassen, sei missglückt. "Auf einmal stand die ganze Kapelle unter Rauch", erzählt Simonis. Durch die uneindeutigen Rauchzeichen war nicht von Anfang an klar, dass wirklich ein neuer Papst gewählt war.
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Offenbar kein Richtungsstreit
Der vorhergesagte Richtungsstreit zwischen den Purpurträgern ist offensichtlich wirklich ausgeblieben. Das zeigt die kurze Zeit des Konklave und betont auch der österreichische Kardinal Christoph Schönborn. Die Unterscheidung in konservativ oder progressiv habe im Konklave keine Rolle gespielt. Die Wahl des deutschen Kardinals Joseph Ratzinger sei "überzeugend" ausgefallen.
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Ein Glas Sekt zur Feier des Tages
Nachdem sich der Neue dann auch der Öffentlichkeit gezeigt hatte, feierten die Kardinäle im Gästehaus Santa Marta. "Da ist so eine Last von uns abgefallen", schildert der Mainzer Kardinal Lehmann. Es sei eine "Bombenstimmung" gewesen. Die Schwestern, die die Kardinäle schon seit Sonntag bekochten, servierten mehrere Gänge. Es gab Bohnensuppe, Salat und Schnitzel. Zum Schluss hielten sie noch ein Extra bereit: "Sie brachten noch eine Süßspeise mit Eis und dann gab es ein Glas Sekt", gibt der Münchner Kardinal Wetter Auskunft. Auch das neue Gewand von Benedikt XVI. saß bis dahin perfekt. Papstschneider Annibale Gamarelli hatte in der Zwischenzeit noch schnell Maß genommen.