Sie agieren wie Paten und leben im Luxus: die Bosse der sogenannten Enkeltrick-Mafia. Ihre Betrugsdelikte an älteren Menschen richten jährlich einen Millionenschaden an.
Es sind Szenen wie aus einem Mafia-Film. Dickbäuchige Herren im Anzug und mit dunklen Sonnenbrillen küssen einander zur Begrüßung, es gibt Kaviar und Austern satt, Champagner edelster Marken fließt in rauen Mengen. Ein junges Brautpaar entsteigt unter dem Jubel der Anwesenden einem schwarzen
Lamborghini, das extra engagierte Kamerateam dreht aus einem Helikopter. Die Hochzeitsfeier der ehrenwerten Gesellschaft im Festsaal des Luxushotels Venecia Palace bei Warschau im vergangenen Jahr zeigt, dass es die
Roma-Clans auch gerne mal krachen lassen. Woher der Reichtum der illustren Runde zu großen Teilen kommt, ist für Ermittler klar: aus den Ersparnissen betrogener deutscher Rentner. Denn die Gäste werden einer ganz speziellen Art Organisierter
Kriminalität zugerechnet, der sogenannten Enkeltrick-Mafia.
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Die europaweit agierenden Tätergruppen, mit denen es die Fahnder zu tun haben, bringen mit ausgefeilten Betrugstechniken Senioren um ihr Erspartes. Wenn Gerdon Orientierung braucht, schaut er auf die Wand in seinem Büro der Landespolizeidirektion in Karlsruhe. Vor ihm erstreckt sich das Herzstück seiner Arbeit, ein mehrere Quadratmeter großes Netzwerk von
Roma-Clans mit Hunderten Mitgliedern, alle irgendwie miteinander verwandt oder verschwägert. "Es fällt tatsächlich schwer, den Überblick zu behalten. Oft reicht es aber aus, dass wir die internen Spitznamen kennen. Die Clans bilden eine abgeschottete Parallelwelt mit eigenen Regeln, straff organisiert.