Neue Ernährung, neue Nummer 1?
Ein simpler Allergietest durch Doktor Igor Cetojevic brachte es ans Licht:
Novak Djokovic leidet an einer Gluten-Unverträglichkeit. Der Stoff kommt in Getreide vor, vor allem in Weizen, Gerste, Roggen und Hafer. Und wie so vieles, bleibt auch das im Körper nicht unbemerkt.
Die Schleimhaut des Dünndarms wird angegriffen, die Funktion eingeschränkt. Die Folgen sind vielfältig, für einen Tennisprofi allesamt negativ.
Vor allem plagen sich Betroffene mit massivem Flüssigkeitsverlust und einem Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen. Beides führt zu Müdigkeit und Erschöpfung – Schlagwörter, die man im Rückblick durchaus mit Djokovic in Verbindung bringt.
Wer hat nicht Bilder des stark schwitzenden Serben vor Augen, der gegen Ende langer, umkämpfter Matches für einen Tennis-Profi seiner Klasse uncharakteristisch stark abbaut, der ständig das tropfend nasse Trikot wechselt und der auch das eine oder andere Match wegen mysteriöser Magenprobleme aufgibt. Nun gibt es dafür eine Erklärung: Gluten. Seit der Diagnose verzichtet der Dominator des Jahres 2011 auf alle glutenhaltigen Lebensmittel.
"Das heißt, ich darf keine Dinge wie Pizza, Pasta und Brot essen. Ich habe dadurch ein bisschen an Gewicht verloren, aber es hat mir nur geholfen. Ich bewege mich seither wesentlich besser und fühle mich körperlich großartig", erklärte der zweifache Australian-Open–Sieger im April.
Die Schlacht von Miami
Von seiner körperlichen Fitness konnten sich Tennisfans weltweit im Finale des Masters von Miami überzeugen. In einem hochklassigen und äußerst intensiven Match schlug Djokovic
Rafael Nadal nach 3:21 Minuten mit 4:6, 6:4 und 7:6 (7:4). Er hatte Nadal, den viele für den fittesten Spieler aller Zeiten halten, körperlich dominiert und noch einmal zulegen können, als es darauf ankam.
Der Spanier hatte sich völlig verausgabt, war an seine Grenzen und darüber hinausgegangen und hatte dennoch verloren – ein seltenes, kaum da gewesenes Bild. "Ich habe bis zum letzten Punkt gekämpft. Jetzt ist mein Körper völlig leer", sagte die Nummer eins der Welt.
Der früher oft zerbrechlich wirkende Djokovic hatte den Akku des Mallorquiners leergespielt. Ein weiteres Signal an alle Konkurrenten. Als hätte es noch eines weiteren bedurft, denn Djokovic war schon Anfang April auf der Überholspur, er schwebte über den Dingen und betonte nach jedem Sieg, dass er das beste Tennis seines Lebens spiele.
"Die endgültige Machtübergabe"
Von Miami ging es über den Atlantik nach Europa, auf Sand, roten Sand. Auf Nadals Belag. Auf diesem Untergrund hatte "Nole" in neun Partien nie gegen "Rafa" gewonnen. Obwohl er mehrere Male nahe dran war – aber da war ja noch dieses Gluten. Was bei den Masters-Turnieren in Madrid und Rom folgte, ist bekannt. Zweimal treffen die Giganten im Finale aufeinander, zweimal siegt Djokovic und gibt dabei keinen Satz ab.
Vor dem Trip nach Europa hatte Eurosport-Experte Patrick Mouratoglou von der Bedeutung des Sandes für Nadals Selbstverständnis geschrieben: "Rafael kann sich auf Sand keine Niederlage gegen Novak erlauben. Wenn er seine Dominanz auf diesem Belag aufgeben muss, wäre das ein Signal in Richtung einer endgültigen Machtübergabe."
Nr.1-Showdown in Paris
Ganz so weit sind wir noch nicht, aber nach den French Open könnte die Tenniswelt eine neue Nummer eins haben. Erreicht der Serbe das Finale, ist er nach den zwei Wochen in Paris der neue Branchenprimus; selbst wenn Nadal sich den Titel holt. Sollte der Spanier zuvor verlieren, ist er seinen Spitzenplatz auch los, egal wie Djokovic abschneidet.
In der derzeitigen Form strebt der Serbe, der sich wie alle Top-Spieler in der Woche vor dem zweiten Grand Slam des Jahres ausruht, den ultimativen Triumph an: Nadal mit einem Final-Sieg im direkten Duell ablösen.
Der Titelgewinn würde Sieg Nummer 44 in Serie in der Saison 2011 bedeuten. Ein neuer Rekord; seit 1984 steht der legendäre Amerikaner John McEnroe an der Spitze dieser Bestenliste. Damals war er mit 42 Siegen in das Tennisjahr gestartet. Die Serie hatte vor 27 Jahren bis ins Finale der French Open gehalten. Dort verlor "Big Mac" nach einer 2:0-Satzführung gegen Ivan Lendl – er sollte nie einen Titel in der "Stadt der Liebe" holen.
Ginge es Djokovic genauso, wäre er dennoch die Nummer eins der Welt und hätte 43 Siege in Folge gefeiert. Bedeuten würde ihm das im Falle einer Final-Niederlage wohl nichts. Djokovic ist auf einer Mission, die erst mit dem „Coupe des mousquetaires“ in seinen Händen endet.
Siegesserie hin oder her, letztlich zählen Titel und Djokovic will seinen dritten Grand Slam holen, den ersten außerhalb Australiens. Dabei spielt der Verzicht auf Gluten eine Rolle, aber auch die verbesserte Vorhand, der konstantere Aufschlag und die Fähigkeit, das Tempo eines Ballwechsels beliebig anzuziehen.
Bälle wie Wassermelonen
Der Titel wäre für den Serben ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, feiert er doch am 22. Mai, dem Auftakttag in Paris, seinen 24. Geburtstag. Vielleicht gönnt sich der Davis-Cup-Sieger nach einem Triumph bei den French Open ja mal eine Pizza. John McEnroe würde wohl mit ihm feiern, findet er Djokovics Siegesserie doch schon jetzt "beeindruckender als meine. Heutzutage ist mehr Konkurrenz und mehr Athletik im Spiel".
Der Protagonist selbst glaubt indes nicht, dass Gluten der Hauptfaktor bei seiner Siegesserie ist. Vielmehr sieht er den Schlüssel im Davis-Cup-Triumph Ende 2010. Im Dezember siegte er mit Serbien in seiner Heimatstadt Belgrad mit 3:2 gegen Frankreich.
Darüber hinaus ist bei aller spielerischen Brillanz, die er an den Tag legt, die mentale Stärke das große Plus des "neuen Novak". In das Finale von Madrid ging er "mit dem festen Glauben, Nadal schlagen zu können." Nach zuvor neun Niederlagen auf Sand. Selbstvertrauen ist alles, dann spielt sich Tennis von ganz alleine, dann sieht man den Ball "groß wie Wassermelonen". Die sind auch garantiert glutenfrei…
interessanter artikel von eurosport!!!