Es ist in der Tat so, dass sich Albanien nach west-euopäischem Muster entwickelt, nur wieso Albanien im Gegensatz zu bspw Griechenland für solche Parteien nicht empfänlich ist, kann ich dir sagen. Nämlich weil Albanien das west-europäische Entwicklungsmuster viel später als Griechenland eingeschlagen hat. Und zwar erst nach dem Sturz des Kommunismus. Davor hatte Albanien wenig mit dem Westen und dessen Ideologion zu tun, überwiegend aus Gründen der Wirtschaft, Religion und Bildung. Albanien hat die NS-Ideologie praktisch verschlafen und ist damit bis auf den zweiten Weltkrieg nicht in Berührung gekommen, hinzu kommt, dass der Kommunismus solche Ideologien verboten und stigmatisiert hat und dies in den Köpfen der Menschen weiter lebt.
Aus dem gegenteiligen Grund wie Albanien ist Griechenland mit der west-europäischen Kultur in der Neuzeit früher in Kontakt getreten; in Griechenland wurden Schulen früher eröffnet, der Bildungsstand war höher als in Albanien, die Gesellschaft demensprechend empänglicher für solche Ideologien, die Wirtschaft Griechenlands entwickelte sich früher und schneller, der Kontakt zu West-Europa und ihren Ideologien war intensiver, dazu hat die Religion und der Bezug zu West-Europa den Kontakt und damit auch zu solchen Ideologien begünstigt.
Albanien hat die Geschehnisse des letzten Jahrhundert bis auf die letzten zehn Jahre in Europa praktisch verschlaffen und ist mit solchen Ideologien und überhaupt mit der Politik in Europa wenig bis gar nicht in Kontakt getreten, während Griechenland stets in Kontakt mit West-Europa war. Dass in Albanien nationalistische oder gar nazionalsozialistische Parteien keinen Platz haben, hat die letzte Wahl eindeutig bewiesen. Die Nationalisten der AK haben gerade einmal 1% bei der Wahl erreichen können.
Das alles ist wahrscheinlich schon richtig, jedoch der zeitliche Unterschied, der daraus entsteht, heißt im Prinzip nur, dass eine solche Ideologie später kommt. Wie gesagt, gab es in GR bis Ende 80er/Anfang 90er keine Neonazi-Szene, und sie blieb auch bis vor 3-4 Jahren ganz marginal. Man hatte auch gesagt, dass Rassismus zu den Griechen nicht passt.
Die gesellschaftliche Stigmatisierung des Nazismus war in GR vielleicht sogar größer. Der Kampf gegen die Achsenmächten ist ein ganz zentraler Teil der modernen griechischen nationalen Identität: der zweitwichtigste Nationalfeiertag (nach dem Unabhängigkeitstag) ist der Eintritt Griechenlands in den 2. Weltkrieg. Und spätestens seit den 70ern war die Jugend viel von linken Ideologien geprägt. Ist auch nicht zufällig, dass während in anderen Ländern mit der derzeitigen Krise einen Rechtsruck gab, ist es in GR eher zu einem Linksruck gekommen (was von den internationalen Medien weniger beachtet wird). Außerdem, besteht die griechische Bevölkerung zu einem großen Teil aus assimilierten Arvaniten, Vlachen, Slawophonen, Türkophonen, Sinti und Roman etc. Was die Idee von einem griechischen Rassismus fast lächerlich macht. Auch nicht zu vergessen, dass XA eher anti-christlich ist (sie versucht das jetzt zu verschleiern), was mit den Einstellungen gerade ihrer potentiellen Wähler in großem Kontrast kommt.
Trotzdem ist es zum Erfolg der XA in den letzten Wahlen gekommen. Das ist nicht einfach eine Folge der Wirtschaftskrise, aber von verschiedenen Faktoren und Zufällen, die z.T. mit der Krise zusammenhängen:
1. Ganz wichtig, die unkontrollierte Massen-Zuwanderung, was z.B. das Bild von Athen in wenigen Jahren dramatisch verändert hat, und soziale Probleme mit sich brachte. Das hat mit der Zuwanderung nach Deutschland nicht viel zu tun. Wer dafür schuldig ist eine große Diskussion, aber auf jeden Fall, macht die Leute für fremdenfeindliche Propaganda sehr empfänglich. Meiner Meinung nach, würde das in ähnlichen Zuständen auch in Albanien passieren.
2. Wegen der Bürgerkrieg-Teilung kann ein großer Teil der Bevölkerung keine linken Parteien wählen. Man wollte aber schon das politische System wegen seines totalen Versagens bestrafen. Rechtsgesinnte Wähler könnten LAOS wählen, die hat sich aber in der Regierung beteiligt. Die Unabhängige Griechen schienen nicht so anti-systemisch, wegen der ND-Vergangenheit. Ihnen blieb XA als einzige Option, die, auch wegen der strengen Verurteilung aus allen anderen Kräften, als wirklich anti-systemisch wirkte.
3. Die XA macht auch soziale Arbeit. Sie wurde schon zu Hezbollah in Libanon verglichen: sie kommt da, wo der Staat weg geht. Sie bietet den Leuten das, was der Staat ihnen nicht mehr bieten kann: Sicherheit, Solidarität, sogar Nahrung und Arbeit. Zu vielen Leuten sind Ideologien nicht wichtig und sie verstehen auch nicht viel davon. Sie sehen nur, wer ihnen hilft, wenn kein Anderer das tut.
Dieser ganze nationalistische Hype findet nur im Internet statt, die Antwort hat diese Partei bei der Wahl zu spüren bekommen. Die AK hat trotz großer Wahlkampagne und großen Versprechen gerade einmal rund 1% erreichen können. Und das trotz der schwierigen wirtschftlichen Lage Albaniens, die ja teilweise gravierender ist als in Griechenland während der Krise. Daraus kann ich schlussfolgern, dass wenn nicht einmal in wirtschaftlichen Krisenzeiten solche Parteien in Albanien über die 1% Hürde kommen, werden sie in wirtschaftlich besseren Zeiten nicht einmal die 0,1% überwinden können.
Es gab auch früher Wirtschaftskrisen in GR, bei denen es trotzdem zu keinem Aufstieg von Rechtsradikalen gekommen ist. Bestes Beispiel ist die Zeit 1987-1993. Politische Instabilität schon, starker Nationalismus ja (vorwiegend mit der Makedonien-Frage verbunden, nicht aber in Wahlen mit nationalistischen Parteien ausgedrückt), aber Nazis nicht. Deswegen würde ich auch für Albanien in der Zukunft gar nicht sicher sein. Es ist ein Zusammenspiel von vielen Faktoren. Weder die Verspätung (die gab es schließlich auch in GR, im Vergleich zu West-Europa) noch die Stigmatisierung (auch in GR, wenn aus etwas anderen Gründen) können nachhaltig davor schützen.
Ich glaube auch nicht, dass du als Grieche in Albanien schief angestarrt wurdest oder angeschimpft.
Ganz zum Gegenteil, ich hatte das Gefühl, man hat uns oft gerade als Griechen freundlich begegnet (was mich etwas überrascht hat). Dass es eine Tradition in Gastfreundschaft gibt, kann man schon sehen.
Das mit dem aufsteigenden Nationalismus kann man aber sowieso nicht immer in einer kurzen Reise spüren. Es ist auch nicht so, dass er immer durch Erstarkung von nationalistischen Parteien ausgedrückt wird (wie schon gesagt, war das auch in GR früher nicht so passiert). Und auch rassistische Ideologien können leider sich sehr schnell ausbreiten.