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Russischer Literatursalon

Gibt es Romane, die von Migranten in Russland handeln und ins Deutsche übersetzt wurden?
Hi Nik. Vielleicht habe ich gerade einen Megablackout. Lass mich durch andere User aber gern zurück holen. Zum Thema Russlanddeutsche gibt es bissl Sachliteratur. In Deutschland verlegt wurden, werden vielleicht aucb Belletristik zum Thema Russlanddeutsche und ihr Leben dort. Muss aber gestehen, da bin ich persönlicn grad völlig auf dem falschen Fuß erwischt.::oops:

So sind mir eher umgekehrt Autoren bekannt, die quasi Exil-, Diasporaliteratur repräsentieren.

Ein sehr sehr beeindruckendes Werk eines polnischen Gulaginsassen über jene Zeit ist Gustaw Herling-Grudzinski. "Inny Swiat". Ich glaub auf Deutsch: "Welt ohne Erbarmen".
 
ehrlich gesagt, finde ich Migrantenliteratur in Russlan dnicht wirklich interessant, kenne aber auch nichts. Wenn ich den Migrantenstil in Deutschland vergleiche mit russischen Büchern, haben die das alle auch so schon drin, weil die russische Gesellschaft in der Literatur viel tiefgründiger und schichtenreich ist. Russland ist auch kein klassisches Einwandererland, wie die USA oder Deutschland, von daher...

Hier würde ich es umgekehrt versuchen und die amerikanischen Autoren lesen, die aus Russland stammen. Nabokov ist nicht mehr wirklich aktuell aber das hier würde ich jedem empfehlen

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Andrej Kurkow finde ich auch interessant, genauso Mesopotamien von Zhadan, was zwar nicht ganz hier in den Thread passt, aber dann doch, wenn man ganz ehrlich ist. Während in Deutschland gerne das vermeintlich große Ganze gezeigt werden will und dann doch nie gezeigt wird, schreiben viele Russen von ihrer ganz eigenen Welt mit eigenen Regeln und dadurch gewinnt der Stoff enorm. Kann natürlich auch sein, dass ich mir das einbilde, aber so fremd ist diese Welt mir dann eben doch nicht :)
 
Gestern ist Jewgeni Jewtuschenko im Alter von 84 Jahren in Tulsa (USA) verstorben. Den meisten wird der Name kaum noch etwas sagen, aber in den 60..70er Jahren war er einer der bekanntesten Lyriker der SU und Hoffnungsrtäger des kuturellen "Tauwetters", das Chruschtschow in der Nach-Stalin-Ära eingeleitet hatte.

"Nach diversen Veröffentlichungen in den 1950er Jahren kam der Durchbruch beim Publikum 1961 mit den beiden Gedichten Babi Jar (Бабий Яр), und Meinst Du, die Russen wollen Krieg? (Хотят ли русские войны?), das auch vertont wurde. Gleichzeitig sah sich Jewtuschenko kritischen Stimmen des etablierten sowjetischen Kulturbetriebs ausgesetzt. Trotz einiger Repressionen – zeitweise lebte er in Petschora im Norden Russlands – war er jedoch äußerst produktiv und wurde auch international beachtet; seine Werke erschienen in 72 Sprachen. Etiketten wie „Dichterrebell“, „Kultfigur der 60er Jahre“ und „Polit-Idol“ oder auch „politisch unzuverlässig“ versuchen ihn zu charakterisieren."

https://de.wikipedia.org/wiki/Jewgeni_Alexandrowitsch_Jewtuschenko

Seine literarischen Vorbilder waren Majakowski und Jessenin, Lyriker, die eine Generation beeinflusst haben. Es ist wahrscheinlich heute für uns Deutsche, und wahrscheinlich auch für die meisten Russen, unvorstellbar, dass in den 20ern in der SU Lyriker auf offenen Plätzen standen und vor Tausenden von Menschen ihre Gedichte reklamierten. Deshalb auch Vorsicht beim Lesen der Werke aller drei: sie sind zum Hören bestimmt, weniger zum Lesen...
Hier eine Besprechung von 1963 aus der Zeit:

Zeitfragen: Was bedeutet Jewtuschenko als Lyriker? | ZEIT ONLINE

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RIP
 
Eines meiner Lieblingsbücher ist und bleibt Bulgakows "Meister und Margarita"! Hier mal ein interessanter Beitrag mit Links zu Hörproben der neuesten Übersetzung:

Kultroman
Michail Bulgakows "Meister und Margarita"


Als Michail Bulgakow 1940 mit 48 Jahren in Moskau starb, war er weithin unbekannt. Gut 25 Jahre später machte ihn "Meister und Margarita" postum zum Kult- und Bestsellerautor. Seit Alexander Nitzberg das Werk neu übersetzt hat, wurde Bulgakows Höllenspektakel wieder für die Bühne entdeckt. Auf Bayern 2 liest Katja Bürkle Auszüge aus dem furiosen Roman.
...
Kultroman: Michail Bulgakows "Meister und Margarita" | radioTexte | Kultur | Bayern 2 | Radio | BR.de
 
Ich würde sprachlich Dostojewski unbedingt positiv hervor heben. Insbesondere die Ausgestaltung von Narrativität hat er sehr gut beherrscht, teils in Vorbild- oder Vorreiterfunktion für weitere. Und was das letzte betrifft. Das war das, wo er unter anderem verstanden hat, Spannungsbögen zu schaffen. Er hat, denke ich, ja wirklich selten auch eine Person wirklich "stringent gezeichnet". Sondern oft angedeutet usw. und in der Tat, dann betritt schon jemand Neues die Szene und man muss sich das Bild von Personen und Geschehen irgendwie quasi wie zusammen klauben.:) Ich bin keine Literaturwissenschaftlerin oder -expertin. Aber so scheint es mir.

In der Tat war und ist seine Rezeption in Russland wahrscheinlich eher ambivalent. Ob nun konkret seiner Werke oder des Bildes, was man sich von seinen Ansichten machte. Was auch immer. Antisemitismus ist ein Stichwort. Was ich aber denke ich sagen kann, dass ihm in unserer Gesellschaft auf jeden Fall immer ein Platz sein wird, begleitet vonr Respekt die Würdigung als herausragender Vertreter von Weltliteratur aus Russland. Gar nicht soo lange her, da gab es auch eine wirklich sorgfältig und liebevoll kann man sagen gemachte Miniserie über ihn im Fernsehen.

Interessanterweise hatte er wohl auf seinem Totenbett in etwa vorher gesagt, dass unsere Hoffnung und Zukunft in Asien liegen. Man denke an heutige Gegebenheiten...

Es gibt ein Zitat von Gorki, einem seinen größten russischen Kritikern.


In etwa:
Unbestritten und zweifelsohne ist Dostojewski ein Genie, aber unser böses Genie. Er hat erstaunlich gut gefühlt, verstanden und mit Freude dargestellt zwei Krankheiten, die im russischen Menschen erzogen wurden durch seine hässliche Geschichte und sein schweres und trauriges Leben: sadistische Brutalität eines von allem enttaüschten Nihilisten und - das Gegenteil dazu - den Masochismus eines Menschen, geschlagen, eingeschüchtert, fähig, sich an seinen Leiden zu erfreuen, nicht ohne Schadenfreude, jedoch, dies ausmalend vor allen und sich selbst.


Übersetzung von mir und ich denke, da ist etwas dran und inhaltlich steckt da bis heute viel Wahrheit:)


:thumbup: wer sich für die Psyche mit all seinen Facetten interessiert, für den ist Dostojewski gold wert... zumindest hat er mich am Besten erreicht... er ist nicht weichgespühlt und sehr authentisch dadurch...

tolle Szenen aus meinem Lieblingsbuch "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch" wo er sehr nachvollziehbar und nicht oberlehrermeisterhaft die Gedanken von dem Typen beschreibt der sich vorstellt wie er den eleganten Typen der täglich an ihm vorbeiläuft anrempelt... sehr vielschichtig und er setzt es nie um.... oder wie er zu dem "Fest" geht bei dem er unerwünscht ist.... auch der Schluss mit der Prostituierten... gnadenlos aber nicht herzlos....

Für mich hatte er einen sehr lebendigen Stil drauf....
 
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Endlich

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Revolution Noir: Autoren der russischen »neuen Welle« Hg.: Julia Kissina - Suhrkamp Insel Bücher Buchdetail

[h=4]Inhalt[/h]Ein Mann geht durch Moskau, verirrt sich in die Welt der Engel, ohne seine Umgebung zu verlassen. Er wird ein Doppelagent der Wirklichkeit, der dem Schöpfer auf die Spur kommen will. Paracelsus und Alfred Jarry geistern durch die Texte und Franz Kafka, der noch in den dreißiger Jahren mit Frau, Sohn und Enkelkind ein glückliches, etwas ödes Leben in Prag führte, um sich eines Tages von seinem »Wiedergänger« zu verabschieden.
Hundert Jahre nach den Revolutionen des Jahres 1917 lässt Julia Kissina Autoren zu Wort kommen, die zum antirealistischen Unterstrom der russischen Literatur seit den 60er Jahren gehören. Ihre Lehrer sind Gogol und Charms; die heutigen Vertreter, wie Julia Kissina selbst, häufig Doppelbegabungen: Maler, Bildhauer, Philosophen. Wie alltägliche, scheinbar langweilige Ereignisse sich in etwas Rätselhaftes verwandeln, die Normalität aufgekündigt wird, Traum und Wahn überhand nehmen – Literatur als Wunder der Wahrnehmung ist der gemeinsame Nenner der Prosastücke.

Dieses Buch hat nichts zu tun mit unserer Vorstellung von der »russischen Seele«, dem slawischen Charakter, dem ewigen Wodka und überhaupt davon, wie man im Osten lebt und denkt. Es befreit uns von den Klischees, die am Sozialismus und an Dostojewski haften, und zeigt uns ein Russland ohne Putin und seine Helden – eine Gesellschaft, die längst Teil der globalen Kultur geworden ist.
 
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