Guter Artikel:
Vor allem:
„Held, nicht Kriegsverbrecher!“ war auf den Plakaten in Kroatien zu lesen gewesen, mit denen beinharte Nationalisten Gotovina den Rücken stärken wollten. Auf dieses Milieu wirkt der erneute Schiedsspruch wie eine Einladung, die Verbrechen auf kroatischer Seite zu bagatellisieren, die es in den Zerfallskriegen um das ehemalige Jugoslawien ebenso gab wie Verbrechen serbischer Milizionäre, Marodeure und Armeeangehörigen.
Bei diesen lag ohne Zweifel und nachweisbar die Hauptlast der Verbrechen. Aber gerade auf die Tatsache, dass die internationale Justiz ohne Ansehen der ethnischen und religiösen Herkunft der Angeklagten urteilte, waren die Mitarbeiter des Tribunals stolz. Etwas mache sie wohl richtig, rühmte sich Carla del Ponte, die bekannteste Chefanklägerin, wenn sämtliche Konfliktparteien der Ansicht sind, gerade sie würden benachteiligt.
Das Vertrauen in eine Justitia zu festigen, die mit verbundenen Augen auch auf dem ganzen Globus balanciert, war schwer genug für Den Haag. Den Argumenten der Haager Berufungskammer im Fall Gotovina wird die Mehrheit der heute lebenden Serben kaum folgen. In Südosteuropa, wo wilde Verschwörungstheorien und Korruption noch immer zum Alltag gehören, wird es bald heißen, Kroatien habe hinter den Kulissen seinen General freigekauft und damit seinen Pfad in die EU geglättet. Wer annimmt, dass sich in Den Haag vermutlich besonders spitzfindige Juristen profilieren wollten, wird als naiver Westeuropäer gelten.
Eine Berufung gegen die Berufung gibt es nicht. Die Haager Würfel sind gefallen, und der Eindruck bleibt, dass dort tatsächlich auch gewürfelt wurde. Halten wir auf alle Fälle diejenigen gut im Blick, die heute ihren General am lautesten bejubeln. Nicht nur angesichts des politischen Klimas etwa in Ungarn hat Europa im Moment besonderen Grund, vor Nationalisten auf der Hut zu sein.
Verstehe echt nicht wie aus 24 Jahren plötzlich ein "Freispruch" werden konnte.