Wie reagiert Israel auf diesen Antrag?
Die israelischen Vertreter am Gerichtshof in Den Haag werden darauf hinweisen, dass ein militärisches Vorgehen gegen die Hamas-Terroristen, die am 7. Oktober 2023 über 1400 Menschen, hauptsächlich israelische Bürger, getötet oder verschleppt haben, in Rafah unabdingbar ist. Zivile Opfer seien im Häuserkampf in dicht besiedelten Städten nur schwer zu vermeiden. Die Kämpfe würden sofort eingestellt, sobald die Hamas, die von den USA, der EU und anderen als Terrororganisation eingestuft werden, sich ergebe oder geschlagen sei. Israel bestreitet deshalb, alleine für die katastrophale humanitäre Lage der Zivilisten verantwortlich zu sein und nicht genug für deren Versorgung zu unternehmen. Den Grenzübergang Rafah halte im übrigen Ägypten geschlossen, nachdem israelisches Militär die palästinensische Seite besetzt habe. Ägypten bestreitet das.
Was kann das Gericht entscheiden?
Der Internationale Gerichtshof hat bereits zweimal, im Januar und im März 2024, "vorläufige Maßnahmen" auf Antrag Südafrikas gegen Israel angeordnet. Im Januar hatten die Richterinnen und Richter entschieden, dass Israel alles unternehmen müsse, um die Versorgung der palästinensischen Bevölkerung sicherzustellen und zivile Opfer zu vermeiden. Bisher sollen nach palästinensischen Angaben 35.000 Menschen getötet worden seien. Dem Antrag aus Pretoria, einen Waffenstillstand anzuordnen, folgte das Gericht nicht. Im März hat der Gerichtshof seine Anordnungen noch einmal wiederholt und verschärft, weil sich die Lage der Zivilbevölkerung in Gaza nach Angaben der Vereinten Nationen einer Hungersnot annäherte. Das Gericht könnte jetzt seine Anordnungen weiter ausdehnen und zum Beispiel einen Rückzug israelischer Truppen aus Rafah verlangen. Mit einer Entscheidung über den südafrikanischen Antrag wird in einigen Wochen gerechnet.
Welche Folgen haben Entscheidungen des Gerichts?
Auf die Lage in Gaza und Israel wirkten sich die Anordnungen des Gerichts bisher wenig aus. Der politische Druck auf Israel steigt zwar, aber dessen Regierung zeigt sich unbeeindruckt. Und das obwohl die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes für Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, zu denen Israel gehört, bindend sind. Das Gericht hat aber keine Mittel, keine Polizei, um seine Urteile tatsächlich durchzusetzen. Auch in anderen Fällen ignorieren die Beklagten die Entscheidungen aus Den Haag. Russland wurde zum Beispiel verurteilt, seine rechtswidrige Invasion der Ukraine zu stoppen - wie man weiß ohne Konsequenzen.
Der Internationale Gerichtshof verhandelt zum dritten Mal einen Antrag Südafrikas gegen Israels Vorgehen in Gaza. Worum geht es in dem Verfahren und warum ist das Gericht in Den Haag zuständig? Fragen und Antworten.
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