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Sammelthread: Israel/Nahost-Konflikt

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29.10.2004



Arafat in Amman zwischengelandet - Auf dem Weg zur Behandlung nach Paris
Vertrauter Arafats: "Möglicherweise Leukämie" - Bush besorgt - Israel garantiert Rückkehrmöglichkeit
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Die Autonomiebehörde veröffentlichte am Donnerstag ein Foto von Arafat, das ihn mit jordanischen und ägyptischen Ärzten zeigt. Der Palästinenserpräsident gibt sich bestens gelaunt.

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Hubschrauber mit dem 75-Jährigen Arafat an Bord hob am frühen Freitagmorgen von Ramallah ab.

Links
Jerusalem Post

Haaretz

Maariv

CNN: "Mixed reports on Arafat's health"




Ramallah - Der palästinensische Präsident Yasser Arafat ist am Freitagmorgen zur Behandlung nach Paris aufgebrochen. Am frühen Morgen verließ er an Bord eines jordanischen Militärhubschraubers das erste Mal seit fast drei Jahren sein Hauptquartier in Ramallah und landete wenig später in der jirdanischen Hauptstadt Amman. Dort sollte er in ein französisches Flugzeug umsteigen, um nach Paris weiterzufliegen.

Zwei jordanische Militärhubschrauber landeten am Morgen vor Arafats Hauptquartier. Dort hatten Planierraupen über Nacht erst Trümmer, Schutt und Schrott wegräumen müssen. Dutzende Menschen, zahlreiche von ihnen in Armeeuniform, rannten neben zwei Limousinen und einem Krankenwagen her, die Arafat und seinen Stab den kurzen Weg vom Gebäude zu den Hubschraubern transportierten.

Arafats Ärzte hatten am Donnerstag beschlossen, den 75-Jährigen in einem Pariser Krankenhaus behandeln zu lassen. Sie gaben ferner bekannt, dass das Blut des Kranken zu niedrige Thrombozytenwerte aufweise.

Israel garantiert Rückkehrmöglichkeit

Vor Arafats Amtssitz fuhren am späten Donnerstagabend Planierraupen auf, um Schutt und Geröll sowie Autowracks wegzuräumen und auf diese Weise einen provisorischen Hubschrauber-Landeplatz zu errichten. Die israelische Regierung erteilte die Genehmigung für die Landung der Helikopter im Westjordanland. Des weiteren erlaubte Israel Arafat zum ersten Mal seit drei Jahren, seinen Amtssitz für eine Auslandsreise zu verlassen und bei einer Genesung dorthin zurückzukehren. "Wenn Arafat zu einer medizinischen Behandlung ausreist, wird Israel ihm die Rückkehr ermöglichen", sagte der Kabinettschef des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, Dov Weissglass, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur(dpa).

Blutbild weist zu wenige Thrombozyten auf

Die extrem niedrigen Thrombozytenwerte könnten auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein, sagten Arafats Ärzte. Deshalb seien weitere Untersuchungen notwendig. Leukämie wurde ausgeschlossen, nicht aber aber eine andere Krebserkrankung. Es war das erste Mal, dass sich die Mediziner offiziell zum Zustand des PLO-Chefs äußerten. Arafats Leibarzt Ashraf Kurdi betonte aber, es bestehe keine unmittelbare Lebensgefahr.

Thrombozyten (Blutplättchen) tragen zur Blutgerinnung bei. Zu geringe Werte können von einer ganzen Reihe Gesundheitsproblemen verursacht werden, etwa blutende Geschwüre, Darmentzündungen, Blutkrebs wie Leukämie und Lymphom, Lebererkrankungen, Lupus oder Windpocken. Auch eine Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten kann niedrige Thrombozytenwerte verursachen.

Widersprüchliche Angaben zum Gesundheitszustand

Arafats Sicherheitsberaters Jibril Rajub betonte, der Präsident schwebe nicht in Lebensgefahr. Der palästinensische Kommunalminister Jamal Shubaki sagte, Arafat habe sogar am Morgengebet teilgenommen. Der Präsident habe auch eine Schüssel Cornflakes zu sich genommen, hieß es aus dem Amtssitz. Ein anderer palästinensischer Repräsentant sagte hingegen, Arafats Gesundheit sei "instabil". Die Autonomiebehörde veröffentlichte Bilder vom Donnerstag, auf denen Arafat umgeben von tunesischen, jordanischen und ägyptischen Ärzten zu sehen ist. Der lächelnde Palästinenserführer trug eine Art Schlafanzug und eine Wollhaube.

Vertrauter Arafats: Arafat hat möglicherweise Leukämie Der schwer erkrankte palästinensische Präsident Yasser Arafat leidet möglicherweise doch an Leukämie. Das sagte ein enger Vertrauter Arafats am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur Reuters. Er wollte namentlich nicht genannt werden. Leukämie ist eine oft tödliche Krebserkrankung des Blutsystems.

Bush besorgt

Unterdessen zeigte sich auch US-Präsident George W. Bush wegen Arafat besorgt. "Wir sind natürlich besorgt um seine Gesundheit, wie wir uns um die Gesundheit jedes führenden Politikers sorgen würden", sagte Bush der Tageszeitung "USA Today" (Freitag-Ausgabe). Erst unlängst hatte Bush sich vom palästinensischen Präsidenten distanziert. Er hatte erklärt, er verhandle nicht mit Arafat, "weil ich nicht glaube, das er die Art von Person ist, die die Palästinenser zu einem unabhängigen Staat führen kann".(APA/AP/dpa/Reuters/red)
 
29.10.2004



Kein Asyl für "Atomspion" Vanunu in Schweden
Antrag aus "formellen Gründen" abgelehnt



Stockholm - Der Aufdecker des israelischen Atomwaffenprogramms, Mordechai Vanunu, ist mit seinem Asyl-Ansuchen in Schweden abgeblitzt. Laut einer Meldung der schwedischen Nachrichtenagentur TT vom Freitag lehnte die Einwanderungsbehörde in Stockholm Vanunus Asylantrag aus "formellen Gründen" ab. "Der im Ausländergesetz vorgesehene Schutz trifft auf ihn ganz einfach nicht zu", zitierte TT einen Vertreter der Behörde.

Laut Medienberichten hat Vanunu außer in Schweden auch in Norwegen, Dänemark, Irland und Frankreich um politisches Asyl angesucht. Der Wisschenschaftler hatte 1986 die Details über die geheime israelischen Atomwaffenanlage Dimona in der Negev-Wüste gegenüber der "Sunday Times" preisgegeben. Vanunu wurde noch vor der Veröffentlichung der Informationen in Israel festgenommen und wegen Spionage und Landesverrat zu 18 Jahren Haft verurteilt, die er auch absitzen musste.

Im April dieses Jahres kam Vanunu frei, er fühlt sich aber nach wie vor von den Behörden verfolgt. Vanunu ist mit Ausreiseverbot aus Israel belegt und darf keine Ausländer treffen oder Interviews geben. Die israelische Regierung sieht in ihm nach wie vor ein Sicherheitsrisiko. Vanunu erhielt 1987 den Alternativen Nobelpreis. (APA)
 
30.10.2004


Arafat sucht Zuflucht bei "Doktor Chirac"
Palästinenserchef in Pariser Militärspital Percy eingeliefert - Befunde werden mehrere Tage in Anspruch nehmen

Palästinenserpräsindet Yasser Arafat nimmt auf dem Flughafen vom Amman Abschied.

Stefan Brändle aus Paris




Über Amman aus Ramallah kommend traf der schwer erkrankte Palästinenserchef Yassir Arafat gestern in einem Militärspital bei Paris ein. Frankreich bietet ihm darüber hinaus auch diplomatische Unterstützung.


***

Eine weiße Falcon-50 der französischen Luftwaffe landete Freitagnachmittag mit Yassir Arafat an Bord auf dem Militärflughafen Villacoublay südwestlich von Paris.

Der 75-jährige Chef der palästinensischen Autonomiebehörde wurde sofort zum nahen, von Dutzenden Polizisten bewachten Militärkrankenhaus Percy gebracht. Vor dem Eingang begrüßten einige Anhänger den Palästinenserpräsidenten mit Blumen und Fahnen.

Der prominente Patient wird in dem "Hopital d'Instruction des Armées" von einem französischen Ärzteteam untersucht. Das erst 1996 eröffnete Militärkrankenhaus – eines von neun in Frankreich – zählt 430 Betten und 110 Mediziner und ist auf Blutstörungen spezialisiert.

Arafats Ärzte hatten eine Absenkung des Thrombozytenwertes, das heißt der Zahl der Blutplättchen, registriert. Laut einem Sprecher in Ramallah könnte es sich um "eine Virusinfektion, Krebs oder Blutvergiftung" handeln. Leukämie schloss sein Leibarzt aus.

Dass einzig medizinische Überlegungen den Ausschlag gaben, dass sich Arafat in Percy pflegen lässt, darf allerdings bezweifelt werden. Die französische Diplomatie bezeichnet Arafat seit Jahren als "unumgänglich" für den nahöstlichen Friedensprozess.

Im Juni hatte Außenminister Michel Barnier sogar einen Israel-Besuch abgesagt, weil Jerusalem ein Treffen mit Arafat verunmöglichte. Bei seinem zweitägigen Israel-Besuch vor einer Woche machte Barnier gegenüber Ministerpräsident Ariel Sharon klar, dass Paris am angeschlagenen Palästinenserführer festhalte.

Diese Position belastet die Beziehungen zwischen Jerusalem und Paris ähnlich stark wie die französische Grundsatzforderung nach einem israelischen Rückzug aus dem Westjordanland.

Für Frankreich bietet das medizinische Asyl Gelegenheit, sich in der Nahostfrage wieder ins Spiel zu bringen. Staatschef Jacques Chirac erklärte gestern in Rom, Frankreich setze seine Tradition als "Aufnahmeland" fort, indem es die Behandlung des Palästinenserführers zulasse. Von ^diplomatischer Seite wird betont, Arafat habe um die Behandlung in einem französischen Spital ersucht.

Pariser Medien weisen darauf hin, dass Arafat in der Vergangenheit schon sechsmal mit dem aktuellen französischen Staatspräsidenten zusammengetroffen war, nachdem er sich schon mit dessen Vorgänger François Mitterrand bestens verstanden hatte. "Wenn ich ein Problem habe, gehe ich zu Doktor Chirac", wird Arafat zitiert. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31.10./1.11.2004)
 
30.10.2004


Israelische Soldaten erschossen zwölfjährigen Palästinenser
Blutiger Zwischenfall in Flüchtlingslager im Westjordanland
Jenin - Bei Zusammenstößen in einem Flüchtlingslager im Westjordanland haben israelische Soldaten nach Angaben von Ärzten am Samstag einen zwölfjährigen Palästinenser erschossen.

Aus israelischen Militärkreisen verlautete, die Soldaten seien in dem Lager in der Stadt Jenin beschossen worden, nach Darstellung von Palästinensern wurden jedoch lediglich Steine gegen die Soldaten geworfen. Zu der Gewalt kam es vor dem Hintergrund der unklaren Lage über die künftige Führungsstruktur nach der Ausreise des schwer erkrankten Präsidenten Yasser Arafat zur medizinischen Behandlung nach Frankreich. (APA/Reuters)
 
30.10.2004



Erekat: Kein Machtvakuum nach Erkrankung Arafats
Befugnisse auf Korei und Abbas übergegangen - Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass bedeutsame politische Entscheidungen ohne Arafat getroffen werden



Ramallah - Der palästinensische Minister mit Kabinettsrang, Saeb Erekat, ist Spekulationen über ein Machtvakuum innerhalb der PLO nach der offenbar schweren Erkrankung von Palästinenser-Präsident Yasser Arafat entgegen getreten. Aus palästinensischen Regierungskreisen in Ramallah verlautete am Freitag zudem, die Machtbefugnisse Arafats, der am Morgen zur medizinischen Abklärung und Behandlung nach Frankreich ausgeflogen worden war, seien zeitweilig an zwei altgediente Kampfgefährten Arafats übergeben worden: die täglichen Amtsgeschäfte der Autonomie-Regierung würden von ihrem Chef Ahmed Korei ausgeübt. Ex-Ministerpräsident Mahmud Abbas werde die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) anführen, bis der Präsident wieder zurück sei.

In Regierungskreisen in Ramallah wurde hervor gehoben, der 75-jährige Arafat bleibe weiterhin Präsident, und es sei auch sehr unwahrscheinlich, dass bedeutsame politische Entscheidungen getroffen würden, während Arafat im Ausland sei. "Natürlich werden die Dinge mit ihm (Arafat) beraten, aber ich denke, er wird seine Pflichten wieder aufnehmen, wenn er erst einmal wieder zurück sein wird", sagte Erekat.

Bereits am Samstag soll es unter Vorsitz von Abbas ein PLO-Treffen in Arafats Amtssitz in Ramallah geben, in dem Arafat in den vergangenen zweieinhalb Jahren faktisch unter einem von Israel gegen ihn verhängten Hausarrest stand. Das PLO-Mitglied Yasser Abed Rabbo sprach von einem "reinen Routinetreffen", bei dem es darum gehe, das "Funktionieren der palästinensischen Institutionen sicher zu stellen".

Ein PLO-Berater sagte, wahrscheinlich würden wichtige Fragen in der Zeit der Abwesenheit Arafats "kollektiv entschieden". Die Rechtslage in den Autonomiegebieten sieht im Fall, dass der Präsident stirbt, Neuwahlen binnen 60 Tagen vor. In der Zwischenzeit übernimmt der Parlamentspräsident die Amtspflichten des Präsidenten. In politischen Palästinenserkreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass es in der Zeit der Abwesenheit Arafats zu Querelen in der Fatah-Fraktion Arafats kommen könnte, aber dass es zum offenen Krach kommen könnte, halte man für ausgeschlossen. (APA)
 
30.10.2004



Glanzloser Abschied aus Ramallah
Formal kein Stellvertreter ernannt - Shalom relativiert Rückkehrgarantie
Ben Segenreich aus Ramallah




Es könnte seine letzte Reise gewesen sein, doch es war ein glanzloser Abschied für den Mann, der über Jahrzehnte die Symbolfigur der palästinensischen Nationalbewegung war, vor zehn Jahren in der damals frischen Autonomie vom Jubel der Massen empfangen wurde und zuletzt zweieinhalb Jahre lang in demütigender Isolation in seiner Kanzlei saß.

Horden von Journalisten hatten zwar Stunden zuvor Stellung bezogen, um den Abflug der zwei jordanischen Militärhubschrauber nicht zu verpassen, die Yassir Arafat und sein Gefolge nach Amman fliegen sollten, doch von den Mauern und Dächern äugten nur wenige still in den abgeriegelten Hof des Mukataa-Komplexes in Ramallah hinunter.

Die Sprechchöre und Aufmunterungsrufe kamen von den Spalier stehenden Beamten und Uniformierten - der Palästinenserchef, ohne seine legendäre schwarz-weiße Kefieh, dafür mit dicker Pelzkappe und grünem Militärmantel, sah mitgenommen aus, konnte aber immerhin gehen, winken und ein breites Lächeln zur Schau tragen. "Ich werde bald zurück sein", soll Arafat seinen Getreuen gesagt haben.

Formal hat der kranke 75-Jährige keine Befugnisse abgetreten. "Es gibt keinen Stellvertreter", erklärte Ahmed Tibi, langjähriger Arafat-Berater, dezidiert. Allgemein wird angenommen, dass Premier Ahmed Korei und Expremier Mahmud Abbas, der als Generalsekretär des Exekutivkomitees in der PLO-Hierarchie gleich hinter Arafat rangiert, gemeinsam die Geschäfte führen werden. Hamas und Djihad haben erklärt, die Abwesenheit nicht zu Putschversuchen ausnützen zu wollen.

Die Vorausgarantie des israelischen Premiers Ariel Sharon, dass Arafat nach dem Ende der Behandlung in Paris nach Ramallah zurückkehren dürfe, wurde laut Armeerundfunk gestern von Außenminister Silvan Shalom relativiert - es sei noch keine Entscheidung darüber getroffen worden, man werde darüber nachdenken, wenn es so weit sei. Justizminister Josef Lapid meinte, es handle sich um eine bloß theoretische Frage: "Nach allem, was ich weiß, ist die Chance, dass er zurückkehren und als gesunder Mann die Geschäfte führen wird, fast null." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31.10./1.11.2004)
 
30.10.2004


Machtkampf in Ramallah erwartet
Steinbach: "Die Messer sind gewetzt" - Israelische Mitverantwortung für prekäre Situation



Frankfurt/Main - Die schwere Krankheit von Präsident Yasser Arafat könnte die palästinensische Führung in ein Chaos stürzen. "Die Messer sind gewetzt", sagt der Nahost-Experte und Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, Udo Steinbach, am Samstag im Interview mit der Nachrichtenagentur AP. Dabei geht Steinbach nicht davon aus, dass sich ein Mitglied aus Arafats alter Garde ausreichend Legitimität verschaffen kann, um das Machtvakuum zu füllen.

Wenig Ansehen

Die Arafat-Getreuen aus Ramallah genössen wenig Ansehen, weil sei zu lange im Ausland gelebt hätten und als korrupt gelten würden. Steinbach geht davon aus, dass militante Islamisten zunehmend versuchen werden, vom Gaza-Streifen aus gegen Israelis zu operieren und die Unruhen auf das Westjordanland auszuweiten. Die israelische Regierung trägt nach Ansicht des Professors eine Mitverantwortung für die prekäre Lage: Regierungschef Ariel Sharon habe die Chance vertan, einen palästinensischen Ministerpräsidenten zum möglichen Nachfolger Arafats aufzubauen, indem er eine Zusammenarbeit abgelehnt habe.

Auf die Frage, ob sich die Palästinenser während der Abwesenheit ihres Präsidenten selbst zerfleischen würden, antwortete Steinbach: "Nicht, solange Arafat lebt. Er genießt noch großen Respekt. Doch die Messer werden jetzt gewetzt. Und es sieht nicht so aus, als könnten sich die Mitglieder seiner alten Riege ausreichend Legitimation verschaffen." Die Lage im Gaza-Streifen werde prekärer. "Allerdings hat Sharon nahe gelegt, dass ein Abzug aus dem Gebiet eine Abkehr von der Roadmap bedeutet. Sein Motiv ist nur die Sicherheit Israels". (APA/AP)
 
30.10.2004


Arafat wird durchgecheckt
Diagnose erst in einigen Tagen - Französisches Militärhospital hermetisch abgeschirmt

Yassir Arafat auf dem Weg nach Paris. Derzeit wird der Palästinenser-Präsident in Paris untersucht




Paris - Der schwer kranke palästinensische Präsident Yasser Arafat hat seine erste Nacht in dem Militärkrankenhaus Percy bei Paris verbracht und steht vor weiteren gründlichen Untersuchungen. "Vor Mitte der nächsten Woche wird es keine umfassende Diagnose geben", sagte ein Verantwortlicher der Gesundheitsdienste des französischen Militärs in der Nacht auf Samstag. Die Spezialisten in dem hermetisch abgeschirmten Militärkrankenhaus in Clamart wollen klären, ob der am Freitag angekommene 75-Jährige an Leukämie, einer Viruserkrankung oder einer Vergiftung leidet.

Ganz normales Zimmer

"Man sollte nicht über die Erkrankung Arafats spekulieren, sondern die Ergebnisse aller Untersuchungen abwarten", sagte der namentlich nicht genannte Militärsprecher. Verantwortlich für die Untersuchungen ist der Chef der Hämatologie-Abteilung, Thierry de Revel. Aus französischen Militärkreisen wurde außerdem bekannt, Arafat sei "wie die anderen Kranken in einem ganz normalen Zimmer untergebracht, das wohl nur ein bisschen besser ausgestattet ist".

"Präsident Arafat leidet seit mindestens drei Wochen an einer Darmgrippe, es geht aber offensichtlich um mehr", erklärte die palästinensische Missionschefin in Frankreich, Leila Shahid, der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" vom Samstag. Der französisch-israelische Journalist Amnon Kapeliouk gab an, Arafats Ärzte hätten diesem dringend zu einer Behandlung in Frankreich geraten, weil er sonst sterben werde. Arafats Funktionen werden interimistisch von Premier Ahmed Korei und dessen Vorgänger Mahmud Abbas, dem Stellvertreter des Präsidenten an der Spitze der PLO, ausgeübt. (APA/dpa)
 
30.10.2004


Erekat: Kein Machtvakuum nach Erkrankung Arafats
Befugnisse auf Korei und Abbas übergegangen - Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass bedeutsame politische Entscheidungen ohne Arafat getroffen werden



Ramallah - Der palästinensische Minister mit Kabinettsrang, Saeb Erekat, ist Spekulationen über ein Machtvakuum innerhalb der PLO nach der offenbar schweren Erkrankung von Palästinenser-Präsident Yasser Arafat entgegen getreten. Aus palästinensischen Regierungskreisen in Ramallah verlautete am Freitag zudem, die Machtbefugnisse Arafats, der am Morgen zur medizinischen Abklärung und Behandlung nach Frankreich ausgeflogen worden war, seien zeitweilig an zwei altgediente Kampfgefährten Arafats übergeben worden: die täglichen Amtsgeschäfte der Autonomie-Regierung würden von ihrem Chef Ahmed Korei ausgeübt. Ex-Ministerpräsident Mahmud Abbas werde die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) anführen, bis der Präsident wieder zurück sei.

In Regierungskreisen in Ramallah wurde hervor gehoben, der 75-jährige Arafat bleibe weiterhin Präsident, und es sei auch sehr unwahrscheinlich, dass bedeutsame politische Entscheidungen getroffen würden, während Arafat im Ausland sei. "Natürlich werden die Dinge mit ihm (Arafat) beraten, aber ich denke, er wird seine Pflichten wieder aufnehmen, wenn er erst einmal wieder zurück sein wird", sagte Erekat.

Bereits am Samstag soll es unter Vorsitz von Abbas ein PLO-Treffen in Arafats Amtssitz in Ramallah geben, in dem Arafat in den vergangenen zweieinhalb Jahren faktisch unter einem von Israel gegen ihn verhängten Hausarrest stand. Das PLO-Mitglied Yasser Abed Rabbo sprach von einem "reinen Routinetreffen", bei dem es darum gehe, das "Funktionieren der palästinensischen Institutionen sicher zu stellen".

Ein PLO-Berater sagte, wahrscheinlich würden wichtige Fragen in der Zeit der Abwesenheit Arafats "kollektiv entschieden". Die Rechtslage in den Autonomiegebieten sieht im Fall, dass der Präsident stirbt, Neuwahlen binnen 60 Tagen vor. In der Zwischenzeit übernimmt der Parlamentspräsident die Amtspflichten des Präsidenten. In politischen Palästinenserkreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass es in der Zeit der Abwesenheit Arafats zu Querelen in der Fatah-Fraktion Arafats kommen könnte, aber dass es zum offenen Krach kommen könnte, halte man für ausgeschlossen. (APA)
 
30.10.2004


Zehntausende Menschen gedenken in Tel Aviv Ermordung Rabins
Kundgebung unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen - "Ja zum Frieden, nein zur Gewalt"

Mehrere zehntausend Menschen gedachten Yitzhak Rabins in Tel Aviv.


Das Zeichen des Friedens.

Tel Aviv - Mehrere zehntausend Menschen haben sich am Samstagabend zum Gedenken an den vor neun Jahren ermordeten früheren israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin in Tel Aviv versammelt. "Ja zum Frieden, nein zur Gewalt" oder "Haben wir die Lektion verstanden?", war auf Spruchbändern auf dem Rabin-Platz zu lesen. Die Teilnehmer hielten auch Bilder mit dem Porträt Rabins, der am 4. November 1995 von einem jüdischen Gegner des israelisch-palästinensischen Friedensabkommens erschossen worden war. Ein starkes Polizeiaufgebot schützte die Kundgebung mit vielen jungen Menschen. Zu Kerzenschein traten auf einer Bühne mehrere israelische Popstars auf.

Am Mittwoch hatte der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon bei einer Gedenkveranstaltung zum neunten Todestag Rabins erklärt, Israel dürfe "die Lektion dieses Tages niemals vergessen". Jüdische Extremisten hatten kürzlich mit der Ermordung Sharons wegen dessen Plänen zum Rückzug aus den Palästinensergebieten gedroht. Etwa ein Drittel der Israelis bezeichnete die Wahrscheinlichkeit eines Attentats auf einen führenden Politiker im kommenden Jahr als hoch. Der Rabin-Mörder Yigal Amir verbüßt in Einzelhaft eine lebenslange Freiheitsstrafe. (APA)
 
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