Tunesien ist eines der zivilisiertesten Länder am afrikanischen Kontinent. Das Land ist seit langer Zeit deutlich westlich orientiert und ist (wie Marokko und Algerien) mit der Europäischen Union assoziiert. Tunesien sieht sich selbst als "Brückenkopf" und Mittler zwischen dem europäischen Westen, Afrika und der islamischen Welt.
Aber auch dort läuft nicht Alles reibungslos, wie sich gerade in der letzten Zeit zeigt.
Tunesien gibt sich gerade eine neue Verfassung. Nach übereinstimmender Einschätzung ist die überwältigende Mehrheit der tunesischen Elite dem säkularen Lager zuzurechnen. Die Islamisten hätten grosse Mühe, jenseits von religiösen Predigern und Gelehrten eine eigene Elite aufzubauen, meint etwa der Journalist Haythem El Mekki. Unter Künstlern gebe es kaum Islamisten, auch die anerkannten Intellektuellen mit Sympathien für die Nahda liessen sich an einer Hand abzählen.
Klargeworden ist auch, dass die Basis für den gesellschaftlichen Konsens in Tunesien immer noch schmal und wenig tragfähig ist. Säkulare und islamisch-konservative Kreise leben meist in völlig anderen Welten, misstrauen sich zutiefst oder bezichtigen sich gar unlauterer Absichten. So liess etwa der international bekannte tunesische Anthropologe und Philosoph Youssef Seddik verlauten, der Artikel 6 der neuen Verfassung, der zwar die Glaubens- und Gewissensfreiheit garantiert, gleichzeitig dem Staat aber die Rolle als «Hüter der Religion» zuweist, sei sehr gefährlich...
Ganz aktueller, lesenswerter Beitrag in der NZZ:
Kulturkampf in Tunesien: Ein Konsens auf schmaler Basis - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch