Neues Türkei-Steuerabkommen: Berlin macht Druck
Informationen für unsere türkischen Kardasia ;-)
Neues Türkei-Steuerabkommen: Berlin macht Druck
17.08.2009 | Panorama
-
Im Kampf gegen die Steuerflucht hat Finanzminister Peer Steinbrück schon so manche Steueroase gegen sich aufgebracht. Nun riskiert der SPD-Politiker, die Wirtschaftsbeziehungen zur Türkei zu strapazieren: Zum 1. Januar 2011 kündigte die Bundesregierung das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Land am Bosporus.
Normalerweise werden solche Steuerabkommen nach etwa 15 Jahren modernisiert. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei besteht inzwischen fast 25 Jahre. Nachdem Ankara nach wiederholter Aufforderung nicht an den Verhandlungstisch kommen wollte, kündigte Berlin das Abkommen - mit einem angemessenen zeitlichen Puffer für Verhandlungen. Ein äußerst seltener Schritt, wie im Finanzministerium versichert wird.
Die Bundesregierung hat nun also den Druck auf die Türkei erhöht. In Deutschland lebende Türken fürchten, dass kein neues Regelwerk zustande kommt und sie bald doppelt Steuern zahlen müssen. Experten halten dies allerdings für unwahrscheinlich - sie rechnen damit, dass die Türkei und Deutschland sich doch noch einigen.
Mit rund hundert Staaten hat Deutschland Abkommen, die verhindern, dass Steuerzahler sowohl in Deutschland als auch im Ausland Steuern auf ihre Einkommen und Vermögen zahlen müssen. Festgelegt ist darin, wann ein Land auf eine Besteuerung verzichtet oder in welcher Höhe bereits gezahlte Steuern aus dem Ausland im Inland anzurechnen sind.
Im Falle der Türkei sind davon nach Angaben der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung Berlin-Brandenburg (TDU) die meisten der drei Millionen Menschen türkischer Herkunft in Deutschland und rund 70.000 türkische Unternehmer in der Bundesrepublik betroffen. Die deutsch-türkische Handelskammer geht davon aus, dass potenziell auch die 3.700 Unternehmen in der Türkei mit deutscher Kapitalbeteiligung berührt sind. Viele Unternehmen hätten die Tragweite der Kündigung noch gar nicht erfasst, meint der Geschäftsführer der Kammer, Marc Landau. Zudem leben eine Reihe von Deutschen in der Türkei - darunter viele deutsche Rentner, die dort ihren Lebensabend verbringen.
Das Abkommen mit der Türkei stammt aus dem Jahr 1985. Das Finanzministerium in Berlin argumentiert, seitdem habe sich die Türkei weiterentwickelt - daher müsse das Regelwerk erneuert werden. Nach Ansicht von Experten steht vor allem die "fiktive Quellensteuer" auf dem Prüfstand. Dabei rechnet die Bundesrepublik dem Steuerzahler ausländische Steuern an, obwohl diese tatsächlich nicht oder nur teilweise gezahlt wurden. Die Bundesrepublik hat damit einen Anreiz geschaffen, um in bestimmte Bereiche in der Türkei zu investieren. Denn für den Steuerzahler kommt die fiktive Quellensteuer einem Steuerbonus gleich. Dies sei damals als eine Art Entwicklungshilfe gedacht gewesen, sagt der Referatsleiter beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin, Harald Hendel.
Nach Hendels Einschätzung strebt Deutschland mit der Türkei ein Abkommen an, das den OECD-Musterabkommen entspricht. Teilweise käme die Türkei dann unterm Strich schlechter weg. Entfällt dann die fiktive Quellensteuer, bedeute dies auch eine Verschlechterung vor allem für deutsche Unternehmen, die in der Türkei aktiv sind. "Der deutsche Fiskus würde da gewinnen", meint Hendel.
Sollte es kein neues Abkommen geben, müssten die betroffenen Personen und Firmen zunächst in beiden Ländern Steuern zahlen, erklärt Hendel. Erst in einem zweiten Schritt würden die gezahlten Steuern miteinander verrechnet. "Dies kann im Ergebnis zu einer höheren Belastung (des Steuerzahlers) führen." Nach Einschätzung des Rechtsanwalts Cüneyt Gencer hat bereits die Kündigung des Abkommens Folgen. Für Unternehmen gebe es nun keine Planungssicherheit mehr, sagte er jüngst der "Financial Times Deutschland". Dabei brauchten vor allem investitionsintensive Branchen wie der Bau oder die Solarindustrie auf etwa 15 Jahre Klarheit über die steuerlichen Rahmenbedingungen.
Das Berliner Finanzministerium gibt sich gelassen. Auch Hendel ist überzeugt, dass die Türkei bald zu Verhandlungen über ein neues Abkommen bereit ist. "Die Türkei kann es sich nicht leisten, auf Dauer einen Zustand ohne Abkommen zu haben - auch aus optischen Gründen, weil sie ja in die Europäische Union möchte."
Bettina Grachtrup, dpa
-
(c) Haufe
-
haufe.de/steuern - Wissen, Forum, Kontakte für Steuerexperten
-
darauf ein Freudenlied: