Nikos
Agentopoulos
Stimme hier mit allem überein, lediglich was die demografische Basis angeht, sehe ich das etwas anders. Mag vll sein das der Balkan am Ende des späten Mittelalters eine solide Basis an Population hatte, doch an Anatolien kam und kommt der Balkan nicht an. Darum war auch der Verlust von Anatolien so ein großer Niederschlag für das Reich. Die Armeen die zusammengestellt wurden, bestanden größtenteils aus anatolischen Rekruten. Das war auch der Grund wieso die Komnenen umdenken mussten und sich mehr an den Armeen Europas orientieren mussten. Man hätte Anatolien nie verlieren dürfen. Die Osmanen konnten auch nur sone riesigen Heere zusammenstellen, weil sie Anatolien hatten.
Die Komnenen sind im 12. Jahrhundert anzusiedeln und damals spielte das Reich natürlich in einer völlig anderen Liga mit.
Meine Analyse war aber nur auf den Balkan und dem Byzanz der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bezogen. Klar war der Verlust der kleinasiatischen Provinzen um 1300 sehr schmerzhaft. Das Mäander-Tal, Magnesia und Bithynien waren ebenso fruchtbar und dicht besiedelt. Auch lagen wichtige Städte in diesen Regionen wie Nikaia, Prusa, Adramyttion oder Philadelphia. Diese Gegenden waren Anfang des 13. Jahrhunderts die Machtbasis von Nikaia und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Osmanen und kleinerer Beyliks. Es waren im Endeffekt genau diese Strukturen, die sich die Osmanen quasi zunutze machten, um den Balkan zu erobern. Selbst heute noch ist genau diese Gegend ein Zugpferd der türkischen Wirtschaft.
Grundsätzlich kann man sagen dass Macht primär auf die Kontrolle fruchtbarer Täler und Ressourcen basiert und auch wenn mit dem Verlust der kleinasiatischen Provinzen um 1300, die Hälfte der Bevölkerung und Steuereinnahmen wegfielen, so konnte sich das Reich auf dem Balkan zumindest immer noch, auf eine stabile demographische Basis stützen. Nur dass es dann quasi in einer anderen Größenklasse mitspielte.
Das war ebenso ein riesiger Fehler. Man hätte die Flotte nie auflößen müssen. Zu einem hat man dadurch die komplette Seehandelsrouten an die Kaufmannsrepubliken von Italien abgegeben, zum anderen war es dadurch um so klarer das man auf kurz oder lang den Rest von Anatolien ebenso verliert. Man hat leider Gottes sehr viele Fehler gemacht. Genua und Venedig waren nur einer von vielen. Wenn man die internen Probleme auf ein Minimum reduziert hätte, hätte man die Türken auf kurz oder lang wieder hinausgejagt aus Anatolien. Die Komnenen waren im großen und ganzen ziemlich erfolgreich gegen die Türken. Nicea und Trapezunt ebenso.
Da gebe ich dir natürlich Recht. Staaten, mit solch einer geographischen Lage wie Byzanz müssen sich auf eine funktionsfähige Flotte stützen. 1285 hat Andronikos II diese aufgelöst um der Wirtschaftskrise Heer zu werden. Dieser gehörte der Volkspartei an und dachte es wäre besser sich auf Diplomatie und Bündnisse zu verlassen um die Devisen lieber in die Wirtschaft zu investieren. Sein Enkel Andronikos der III hingegen, gehörte zusammen mit seinem Freund und Vertrauten Kantakouzenos der militaristischen Adelspartei an und hat sie während seiner Herrschaft , Jahre später natürlich wieder aufgebaut. Da hatte Byzanz auch seine letzten erfolgreichen Feldzüge geführt, als die Genueser kuschen mussten und die Kreuzfahrer nur darauf warten konnten, bis Kantakouzenos mit seiner Armee einmarschiert.
Als Andronikos III schließlich überraschend im Alter von 44 Jahren 1341 verstarb, sah die Volkspartei in der Hauptstadt die Chance zur Machtergreifung. Sein 8-jähriger Sohn John wurde von den 'Popularen' direkt eingespannt und der Bürgerkrieg ging los.
Die Komnenen die du ansprichst, entstammen übrigens der militaristischen Adelspartei und waren deshalb auch militärisch so aktiv mit Rückeroberung beschäftigt.
Der Bürgerkrieg von 1341-47 findet meiner Meinung nach zu wenig Beachtung in der griechischen Bildung. Jeder kennt die Tourkokratia aber niemand weiß wie wir in diese Situation kamen. Genau dieser Dichasmos war es auch, der 1922 seinen Tribut gefordert hat oder uns heute in die Wirtschaftskrise geführt hat. Deswegen muss man immer auf einen Ausgleich bedacht sein und die andere Seite nicht verteufeln und aktiv bekämpfen. Die Geschichte wiederholt sich nämlich immer wieder.
Es gab keine starke Marine während des 14. Und 15. Jahrhunderts. Konstantinos musste sich sogar von Venedig nach Konstantinopel segeln lassen, nach seiner Krönung in Mystras. Die Flotte war nahezu nicht vorhanden. Dennoch hat Konstantinos nahezu alles richtig gemacht und Konstantinopel gut vorbereitet. Er hätte aber meiner Meinung nach auf Bessarion hören sollen und Moreaner nach Italien schicken sollen, um diese in diverse italienische Unis ausbilden zu lassen.
Genau, nach dem Bürgerkrieg, also ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, verfügte Byzanz über keine ernst zunehmende Flotte oder Armee. Damals reichte das Geld aber nur noch für Getreideimporte. Nach 1347 war man quasi wie GR nach dem zweiten Weltkrieg.
Sehe das wie du. Dieser Bürgerkrieg war das schlimmste was passieren hätte können. Der 4th Kreuzzug hatte auch seine guten Seiten. Zum Beispiel, ist man die unfähigen Angeliden losgeworden. Hätten die römischen Nachfolgestaaten zusammengehalten, wäre man stärker als zuvor rausgegangen und man hätte die Lateiner schnell wieder vertrieben. Die Laskariden, Komnenen und Doukiden waren alles sehr fähige Herrscher in ihrem Nachfolgestaat.
Ja, der vierte Kreuzzug hat uns nur die Hauptstadt gekostet. Wäre sie intakt geblieben, wäre sie heute wahrscheinlich das Zentrum der Welt geworden. Aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist der Bürgerkrieg von 1341-47 hat aus einem intakten Staat ein auf archäische Landwirtschaft begrenzten Stadtstaat gemacht.
PS: Das Ende von Byzanz und das fliehen der Gelehrten nach Italien hat die Renaissance dort nur katalysiert. Wäre Byzanz nicht gefallen, wäre das Zentrum natürlich in Griechenland gewesen. Da würde man heute nichts von Florenz, Genua und Venedig, sondern Mystras, Konstantinopel und Thessaloniki lesen.