T
TurkishRevenger
Guest
Istanbul - Kaum hat sich die Aufregung um eine angebliche Abwendung der Türkei vom Westen etwas gelegt, steht Ankara erneut vor einer Entscheidung, die das Land auf eine Probe stellt. Die NATO in Brüssel dringt auf die Einrichtung eines Raketenabwehrsystems, das die Allianz gegen mögliche Angriffe aus Ländern wie Nordkorea oder Iran schützen soll.
Als einziges NATO-Mitglied, das eine gemeinsame Landgrenze mit dem Iran hat, kommt der Türkei eine besondere Rolle in diesen Plänen zu. Aber Ankara will nichts unternehmen, was den in letzter Zeit stark verbesserten Beziehungen zu Teheran schaden könnte.
Die NATO müsse die 900 Millionen Menschen in ihren 28 Mitgliedsstaaten vor "modernen Bedrohungen" schützen, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der Allianz in Brüssel, bei der das Thema Raketenabwehr im Mittelpunkt stand. Eine endgültige Entscheidung soll beim NATO-Gipfel im November in Portugal fallen.
Gut zu treffen
Es ist die Geographie, die die Türkei für die Überlegungen der Planer bei der NATO und beim US-Verteidigungsministerium so wichtig macht, schrieb Serdar Erdurmaz, ein Abrüstungsexperte der Denkfabrik Türksam in Ankara erst vor wenigen Tagen: Sollte der Iran eines Tages wirklich ballistische Raketen gen Westen schicken, so würden sich die Geschosse über türkischem Territorium noch in der Beschleunigungsphase befinden, wo sie relativ gut abgefangen werden könnten.
US-Verteidigungsstaatsekretär James Townsend erklärte deshalb kurz vor dem Brüsseler NATO-Treffen, die Türkei sei "an der Front" der neuen Bedrohungen. Mit Blick auf den iranischen Nachbarn fügte Townsend hinzu, die Türkei sei ein "guter Ort" für das Raketenabwehrsystem.
Doch die Türken zieren sich. Er werde mal sehen, was man im Rahmen einer gemeinsamen Strategie der NATO tun könne, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu vor seiner Abreise zum Treffen mit seinen Ministerkollegen in Brüsssel. Davutoglu ist der Architekt der neuen türkischen Außenpolitik, die in den vergangenen Jahren unter anderem erheblich verbesserte Beziehungen zum Iran ermöglicht hat.
Unruhe vermeiden
Die Türken wollten in der Region nicht für Unruhe sorgen, indem sie "ein Land als Ziel" der NATO-Bemühungen hinstellten, sagten NATO-Vertreter dem Nachrichtensender CNN-Türk mit Blick auf den Iran.
Völlig abgelehnt hätten die Türken das Raketenprojekt aber auch nicht. Schließlich würde ein klares Nein Ankaras in dieser Sache neuen Krach mit den westlichen Partnern heraufbeschwören.
Erst im Frühjahr hatten die Türken die Amerikaner und viele Europäer mit ihrer Haltung im iranischen Atomstreit irritiert. Zunächst hatte Ankara damals zusammen mit Brasilien eine Absprache mit dem Iran ausgehandelt, um den Atomstreit zu entschärfen. Dann stimmte die Türkei im UN-Sicherheitsrat gegen neue Iran-Sanktionen. Beides erregte den Verdacht, die traditionell westlich ausgerichtete Achse der türkischen Außenpolitik verschiebe sich unter der religiös-konservativen Regierung in Ankara nach Osten. Wenn sich die Türkei jetzt gegen die Raketenschild-Pläne der NATO und der USA wendet, riskiert sie, dass sich dieses Bild verfestigt.
Suche nach elegantem Ausweg
Auf der anderen Seite will Davutoglu die Beziehungen zum Iran nicht durch Entscheidungen gefährdet, die in Teheran als Provokation aufgefasst werden könnten. Deshalb sucht man in Ankara nach möglichst eleganten Auswegen. Nach Presseberichten will Davutoglu den NATO-Plänen zum Aufbau des Anti-Raketen-Systems in der Türkei nur zustimmen, wenn alle Mitglieder der Allianz von einer konkreten Bedrohung aus dieser Weltgegend überzeugt sind. Da sich der Enthusiasmus hinsichtlich des Raketenschildes auch in anderen NATO-Ländern wie Frankreich in Grenzen hält, kann der Hinweis auf die notwendige Einstimmigkeit in der Allianz den Türken zumindest kurzfristig eine Atempause bescheren. Doch spätestens beim NATO-Gipfel im kommenden Monat muss Ankara Farbe bekennen.
USA wollen Türkei unter Raketenschirm zwingen - Politik - nordbayern.de
Als einziges NATO-Mitglied, das eine gemeinsame Landgrenze mit dem Iran hat, kommt der Türkei eine besondere Rolle in diesen Plänen zu. Aber Ankara will nichts unternehmen, was den in letzter Zeit stark verbesserten Beziehungen zu Teheran schaden könnte.
Die NATO müsse die 900 Millionen Menschen in ihren 28 Mitgliedsstaaten vor "modernen Bedrohungen" schützen, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der Allianz in Brüssel, bei der das Thema Raketenabwehr im Mittelpunkt stand. Eine endgültige Entscheidung soll beim NATO-Gipfel im November in Portugal fallen.
Gut zu treffen
Es ist die Geographie, die die Türkei für die Überlegungen der Planer bei der NATO und beim US-Verteidigungsministerium so wichtig macht, schrieb Serdar Erdurmaz, ein Abrüstungsexperte der Denkfabrik Türksam in Ankara erst vor wenigen Tagen: Sollte der Iran eines Tages wirklich ballistische Raketen gen Westen schicken, so würden sich die Geschosse über türkischem Territorium noch in der Beschleunigungsphase befinden, wo sie relativ gut abgefangen werden könnten.
US-Verteidigungsstaatsekretär James Townsend erklärte deshalb kurz vor dem Brüsseler NATO-Treffen, die Türkei sei "an der Front" der neuen Bedrohungen. Mit Blick auf den iranischen Nachbarn fügte Townsend hinzu, die Türkei sei ein "guter Ort" für das Raketenabwehrsystem.
Doch die Türken zieren sich. Er werde mal sehen, was man im Rahmen einer gemeinsamen Strategie der NATO tun könne, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu vor seiner Abreise zum Treffen mit seinen Ministerkollegen in Brüsssel. Davutoglu ist der Architekt der neuen türkischen Außenpolitik, die in den vergangenen Jahren unter anderem erheblich verbesserte Beziehungen zum Iran ermöglicht hat.
Unruhe vermeiden
Die Türken wollten in der Region nicht für Unruhe sorgen, indem sie "ein Land als Ziel" der NATO-Bemühungen hinstellten, sagten NATO-Vertreter dem Nachrichtensender CNN-Türk mit Blick auf den Iran.
Völlig abgelehnt hätten die Türken das Raketenprojekt aber auch nicht. Schließlich würde ein klares Nein Ankaras in dieser Sache neuen Krach mit den westlichen Partnern heraufbeschwören.
Erst im Frühjahr hatten die Türken die Amerikaner und viele Europäer mit ihrer Haltung im iranischen Atomstreit irritiert. Zunächst hatte Ankara damals zusammen mit Brasilien eine Absprache mit dem Iran ausgehandelt, um den Atomstreit zu entschärfen. Dann stimmte die Türkei im UN-Sicherheitsrat gegen neue Iran-Sanktionen. Beides erregte den Verdacht, die traditionell westlich ausgerichtete Achse der türkischen Außenpolitik verschiebe sich unter der religiös-konservativen Regierung in Ankara nach Osten. Wenn sich die Türkei jetzt gegen die Raketenschild-Pläne der NATO und der USA wendet, riskiert sie, dass sich dieses Bild verfestigt.
Suche nach elegantem Ausweg
Auf der anderen Seite will Davutoglu die Beziehungen zum Iran nicht durch Entscheidungen gefährdet, die in Teheran als Provokation aufgefasst werden könnten. Deshalb sucht man in Ankara nach möglichst eleganten Auswegen. Nach Presseberichten will Davutoglu den NATO-Plänen zum Aufbau des Anti-Raketen-Systems in der Türkei nur zustimmen, wenn alle Mitglieder der Allianz von einer konkreten Bedrohung aus dieser Weltgegend überzeugt sind. Da sich der Enthusiasmus hinsichtlich des Raketenschildes auch in anderen NATO-Ländern wie Frankreich in Grenzen hält, kann der Hinweis auf die notwendige Einstimmigkeit in der Allianz den Türken zumindest kurzfristig eine Atempause bescheren. Doch spätestens beim NATO-Gipfel im kommenden Monat muss Ankara Farbe bekennen.
USA wollen Türkei unter Raketenschirm zwingen - Politik - nordbayern.de