Der serbische Botschafter in Podgorica, Zoran Lutovac, selbst montenegrinischer Abstammung wie auch der serbische Präsident Boris Tadic, versicherten vor der Volkszählung, dass Belgrad die Unabhängigkeit Montenegros auch dann achten werde, „sollten sich auch 95 Prozent seiner Bürger als Serben äußern, wie dies 1909 der Fall" gewesen sei.
Vor Volkszählung Stimmung wie vor Referendum
Volkszählung im Jahr 2003: 43 Prozent der Bürger als Montenegriner ausgegeben, 32 Prozent als Serben
Podgorica - Montenegro lebt in einer regelrechten Wahlkampfstimmung. Ein Urnengang ist zwar nicht in Sicht, dafür steht aber ab dem morgigen Freitag die reguläre zweiwöchige Volkszählung auf dem Programm. Sie wird schon seit Wochen nicht nur als bloße Erhebung der statistischen Bevölkerungsdaten, sondern als ein heißes politisches Thema angesehen. Nicht zuletzt hatte dazu auch Serbien beigetragen.
„Versammelt euch um eure Sonne, Montenegriner", „Sage mit Stolz - Serbe, Montenegro", hieß es dieser Tage im Adria-Land in den Volkszählungs-Werbungen. Verwendet wurden sowohl eine Strophe des ehemaligen montenegrinischen Königs Nikola Petrovic Njegos ( 1841-1921) wie auch Plakate mit dem Bild des serbischen Tennisspielers Novak Djokovic. Seine Familie stammt zwar aus dem Kosovo, ist jedoch montenegrinischer Abstammung. „Fürchte nicht, sei das, was du bist", heißt es auf den in der Adria-Küstenstadt Budva affichierten Djokovic-Plakaten. Die Botschaft ist für jeden Bürger Montenegros völlig unzweideutig. Der Hintergrund des Djokovic-Posters ist in Farben der serbischen Flagge gehalten.
Zusätzlich erhitzt wurde die Stimmung durch die kürzliche Entscheidung des Innenministeriums, einem proserbischen Oppositionspolitiker, der den Behörden vor gerade vier Jahren die Annahme der serbischen Staatsbürgerschaft selbst gemeldet hatte, die montenegrinische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Das Gesetz sieht die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft nämlich nur in Ausnahmefällen vor.
"Vom Teufel geschaffen"
Die Volkszählungs-Werbung hat einen serbisch-orthodoxen Klostervorsteher inzwischen sein Amt gekostet. Gegenüber einem lokalen Kirchensender meinte Nikodim Bogosavljevic kürzlich, dass das montenegrinische Volk „im Grunde genommen vom Teufel" geschaffen worden sei. Der montenegrinische Metropolit Amfilohije, der selbst für seine wenig diplomatischen Äußerungen bekannt ist, entschloss sich daraufhin, den Vorsteher des Klosters Dajbabe wegen „unüberlegter und nicht zutreffender" Äußerung des Amtes zu entheben.
Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2003 hatten sich 43 Prozent der Bürger Montenegros als Montenegriner ausgegeben, 32 Prozent als Serben. Die Montenegriner beharren darauf, Montenegrinisch, inzwischen auch Amtssprache, zu sprechen, obwohl kaum Unterschiede zum Serbischen existieren.
Bei der letzten Volkszählung im ehemaligen Jugoslawien im Jahr 1991, als eine Trennung Montenegros von Serbien gar kein Thema war, stellten die Montenegriner mit 62 Prozent noch eine große Bevölkerungsmehrheit.
Der serbische Botschafter in Podgorica, Zoran Lutovac, selbst montenegrinischer Abstammung wie auch der serbische Präsident Boris Tadic, versicherten vor der Volkszählung, dass Belgrad die Unabhängigkeit Montenegros auch dann achten werde, „sollten sich auch 95 Prozent seiner Bürger als Serben äußern, wie dies 1909 der Fall" gewesen sei.
Die Volkszählung wird im Einklang mit den EU-Normen durchgeführt werden. Die Bürger sind gar nicht verpflichtet, sich zu ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit zu äußern. Auch die Muttersprache müssen sie nicht angeben.
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