Die Sache an Anarchokapitalismus ist, dass er inkonsistent ist. Eine der Annahmen ist, dass jedes Individuum ein Nutzenmaximierer ist. Wenn aber jedes Individuum der Gesellschaft seinen Nutzen maximiert, landet man bei einem unregulierten Kapitalismus schnell in Marktsituation, wo Monopole und Oligopole alles beherrschen, und es eine Klasse von Besitzlosen gibt, die ausgebeutet wird. Das ist offensichtlich keine Anarchie mehr, daher kann Anarchokapitalismus in dieser Art gar nicht existieren. D.h. also es müsste die Annahme etwas umgeändert werden, sodass nicht jedes Individuum ein Nutzenmaximierer ist, sondern es eine Einschränkung gibt. Diese Einschränkung ist die Einsicht, dass, wenn die Gesellschaft frei und funktionsfähig bleiben soll, man sich auf gewisse Grundregeln einigen muss, die von jedem eingehalten werden. Diese Grundregeln sind z.B., dass jeder Bürger gewisse Rechte hat. Das ist schon mal ein sehr demokratisches Element. Eines dieser Rechte ist, dass er niemals vollends besitzlos sein darf, da er sonst faktisch in einer kapitalistischen Welt keinerlei Freiheiten und Rechte mehr hat. Das heißt es muss auch zwangsläufig Umverteilungsmechanismen geben, und das ist natürlich ziemlich sozialistisch. Am Ende des Tages würde sich diese Gesellschaft also nicht sonderlich von den liberalen Demokratien des heutigen Westens unterscheiden, bloß, dass der Staat überflüssig geworden ist, weil die Bürger alles, wofür der Staat zuständig ist, freiwillig und ohne Zwang selber erledigen. Sozialsysteme braucht es nicht, da genügend privat gespendet wird, und alle Armen versorgt sind. Moral und Verhaltenskodex ist so stark ausgeprägt, dass es keinerlei Regulierungen braucht. Es ist also nichts weiter als eine Utopie von einer perfekten Wertegesellschaft, die eine funktionierende Sozialdemokratie auch ohne Staat aufrecht erhalten kann.