[h=1]„Jordanien kann nicht mehr“[/h]Vor der Geberkonferez in London schlägt Jordaniens König Abdullah Alarm: Millionen von Flüchtlingen habe sein Land aufgenommen - noch mehr seien ohne Unterstützung nicht zu verkraften.
Jordaniens König Abdullah hielt mit seiner Frustration nicht hinter dem Berg. „Mein Land steht vor dem Siedepunkt – früher oder später wird der Damm brechen“, sagte er. Jordanien könne nicht noch mehr syrische Flüchtlinge verkraften, wenn es von der internationalen Gemeinschaft kein zusätzliches Geld bekomme.
Sein Land habe Millionen Menschen aufgenommen, erst Palästinenser, dann Iraker und zuletzt Syrer. „Doch zum ersten Mal können wir nicht mehr“, erklärte der Monarch gegenüber der BBC. Nach seinen Angaben wendet sein Land ein Viertel des Zwölf-Milliarden-Dollar-Staatshaushaltes für die Gestrandeten auf. Drohend sekundierte Planungsminister Imad al-Fakhoury: Wenn die Welt Jordanien im Stich lasse, werde man „gezwungen sein, schmerzliche Schritte einzuleiten, die zu einem noch größeren Zustrom von Flüchtlingen nach Europa führen werden“.
Jordaniens Appell richtet sich vor allem an die Geberkonferenz in London. Dort treffen sich am Donnerstag 70 Regierungschefs und Außenminister, um für 2016 die notwendigen Finanzmittel für syrische Flüchtlinge einzuwerben. Insgesamt neun Milliarden Dollar werden benötigt, 7,7 Milliarden für die UN-Organisationen und 1,2 Milliarden für nationale Hilfsprogramme der Anrainerstaaten.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks flohen bisher rund 4,6 Millionen Syrer über die Grenzen. Weitere sieben bis acht Millionen irren als Binnenflüchtlinge in ihrer ruinierten Heimat herum.
Jordanien nahm bisher 635 000 Menschen auf, im Libanon sind 1,1 Millionen registriert, in der Türkei 2,5 Millionen sowie weitere 120 000 in Ägypten und 250 000 im Irak. Hinzu kommen Hunderttausende, die sich in diesen Staaten illegal durchschlagen. Bei der Vorgängerkonferenz 2015 in Kuwait kamen nur 55 Prozent der damals geforderten 8,4 Milliarden Dollar zusammen. Das soll diesmal anders werden, versichern die Teilnehmer.
„Es darf nicht noch einmal passieren, dass wie im letzten Jahr in den Flüchtlingslagern die Lebensmittelrationen halbiert werden müssen und Menschen hungern und frieren, weil den Helfern das Geld ausgeht“, bekräftigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Interview.
[h=3]Unicef: Millionen Kinder gehen nicht zur Schule[/h]Auch soll in London zusätzliches Geld bereitgestellt werden, um Arbeitsplätze für die Erwachsenen und Schulplätze für die Kinder zu schaffen. Nach Angaben von Unicef sind fast drei Millionen syrische Mädchen und Jungen ohne Unterricht, darunter 700 000 außerhalb ihrer Heimat. Die Kinderschützer befürchten eine „verlorene Generation“, wenn sich hier nicht bald Entscheidendes ändert. „Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit“, sagte Unicef-Nahostdirektor Peter Salama.
Entwicklungsminister Gerd Müller kündigte für die Region ein „Bündnis für Arbeit“ an, um 500 000 Jobs für Syrer zu finanzieren. „Es ist 20 Mal effektiver, die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Region zu verbessern, als sie nach Europa zu holen“, sagte er kürzlich bei einem Besuch in Jordanien. Die meisten Gestrandeten haben inzwischen alle Ersparnisse aufgebraucht. Sie können jedoch nichts verdienen, weil ihnen die Aufnahmeländer ihnen die Arbeitserlaubnis verweigern.
Als Antwort auf die Krise müssten die Geberländer mehr tun, als einfach nur tiefer in die Taschen zu greifen, forderte auch Gastgeber David Cameron. Das sei auch im Interesse Europas. „Je mehr wir tun, um den Leuten vor Ort zu helfen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach Europa kommen.“
Flüchtlinge : ?Jordanien kann nicht mehr? | Flucht und Zuwanderung - Frankfurter Rundschau