Ach ja...
"Der Westen" ist das Böse und die USA eine Vorstufe zur Hölle. Lerne erst ein wenig Geschichte und noch ein kleiner Tipp: Lesen bildet!
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Weißt du, was dein Problem ist:
Пролетарии всех стран, соединяйтесь! - „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch“
… und der Umstand, dass dieser Wahlspruch gemeinsam mit der Sowjetunion vor über zwei Jahrzehnten untergegangen ist.
Seit dem 19. Jahrhundert findet der Begriff Anwendung auf die infolge der Industriellen Revolution entstandene Industriearbeiterschaft. Nach Karl Marx sind Proletarier Menschen, die nur durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren überwiegenden Lebensunterhalt erzielen können. Im Grunde trifft dies auch heute noch auf die weltweit bei weitem überwiegende Anzahl der Menschen zu, mit dem Unterschied, dass in vielen Ländern des „Westens“ die Arbeitsplätze nicht mehr in Fabriken der produzierenden Industrie, sondern in Unternehmen des Handels, der Gewerbe, Tourismus und Dienstleistung zu finden sind. Aus der marxistischen Weltsicht stehen die Proletarier in einer kapitalistischen Gesellschaft im unversöhnlichen Gegensatz zur besitzenden Klasse, der „Bourgeoisie“.
Jetzt gibt es aber im 21. Jahrhundert im „bösen Westen“ ein Problem, an das Marx nie gedacht hatte (Marx mag man das verzeihen – aus damaliger Sicht war es vielleicht auch unvorstellbar):
Dem Arbeiter ist es heute möglich, Besitz zu erwerben. Wird er sich damit nicht selbst zum „Feind“?
Wie ist das jetzt – Ich stehe seit 32 Jahren (unselbständig) im Erwerbsleben und habe die ganze Zeit meine Arbeitskraft verkauft. Nach Ablieferung von ca. der Hälfte meines Lohnes an den Staat in Form von Steuern habe ich so nach und nach Besitz erworben. Ein Grundstück, auf dem ich (mein eigenes (!) Haus errichtet habe), Firmenanteile (in Form von Aktien), ein weiteres Grundstück, welches ich als Teil der Selbstversorgung bewirtschafte), ein paar materielle Dinge des Lebens und als Krönung der Dekadenz des „Arbeitertums“ ein eigener Swimming-Pool! Bin ich jetzt eigentlich noch Proletarier oder schon „Bourgeoise“? Ich verkaufe bis heute noch meine Arbeitskraft.
Für mich bedeutet das: Karl Marx hatte Unrecht. Klar ist für mich aber auch, dass in deinem geliebten Russland ein Weg, wie ich ihn hier im Westen gehen konnte, vermutlich nicht möglich wäre. Sich einen gewissen „Wohlstand“ zu erarbeiten, ist in der Vorstellung der „Linken“ eigentlich schon fast Frevel.
Ich bestreite nicht, dass es in vielen Ländern der Welt (außerhalb des BÖSEN Kapitalismus´) sehr schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen gibt. Ich frage mich: Wie kann man da noch Thesen eines Karl Marx gut heißen und andere politische Systeme verteufeln?