Journalisten: Von Meinungsmachern zu Hartz-IV-Empfängern
[h2]Udo Ulfkotte[/h2]
Über Jahrzehnte hin haben deutsche »Qualitätsmedien« hohe Gewinne gemacht – und ihre Kunden mit sprödem und belehrendem Einheitsjournalismus abserviert. Nun beklagen sie sich darüber, dass die Kunden die Nase voll haben und scharenweise kündigen.
Wer im deutschsprachigen Raum mehrere Zeitungen eine Tages zur Hand nimmt, der spürt schnell, dass die Lektüre stets die gleiche ist. Die Nachrichten unterscheiden sich so wenig voneinander wie die Seifenopern, mit denen Fernsehsender ihre Zuschauer zu fesseln versuchen. Fast alle Journalisten schreiben heute nur noch von Nachrichtenagenturen ab. Und so gleichen sich »Nachrichten« und auch »Kommentare« häufig fast aufs Wort.
Die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten scheinen erstaunlicherweise keine Rolle zu spielen. Wenn der Bundesbanker Thilo Sarazzin Klartext redet und in allen Umfragen eine große Mehrheit der Deutschen seinen Äußerungen zustimmt, dann nennen deutsche Qualitätsmedien den Mann durchweg »durchgeknallt«, »unerhört« oder schlicht »geschmacklos«. Auch wenn die Schweizer sich bei einer Volksabstimmung mehrheitlich gegen den Bau weiterer Minarette entscheiden, dann nennen deutsche »Qualitätsjournalisten« das »rassistisch« und »unerhört«. Die selbsternannten Volkserzieher vergessen dabei, dass jene, die bei den vorgenannten Umfragen befragt wurden, eben auch ihre Kunden sind und die Existenz der Journalisten finanzieren. Man nennt solches Verhalten wohl Hochnäsigkeit.
Die Folge: Immer mehr Kunden laufen den Journalisten weg. Sie wollen jedenfalls nicht mehr für die »Volkserziehung« durch gutmenschelnde Journalisten bezahlen müssen. Massenweise werden so aus einst hochnäsigen Journalisten arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Gab es in den 1950er-Jahren in der Bundesrepublik noch mehr als 600 Zeitungsverlage, so sind es heute weniger als 350. Seit dem Jahr 2000 haben allein die Tageszeitungen fünf Millionen Käufer verloren. Diese Entwicklung beschleunigt sich. Die Zukunft für die Mehrheit der deutschen »Qualitätsjournalisten« sieht wahrlich düster aus. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, mit welchen geheimen Tricks die großen Verlagshäuser krampfhaft noch Erfolge zu suggerieren versuchen: Viele große Zeitungs- und Zeitschriftenverlage lassen derzeit Tag für Tag zwischen zehn und 15 Prozent der gedruckten Auflage durch die eigene Werbeabteilung aufkaufen, fahren sie tagsüber in Lastkraftwagen kreuz und quer durch Deutschland und liefern sie am nächsten Tag insgeheim zum Einstampfen wieder ab – so suggeriert man den Anzeigenkunden verkaufte Auflagen, die es in Wahrheit schon längst nicht mehr gibt. Ohne diese Tricks wären die Anzeigenpreise deutlich niedriger. Es geht abwärts in der Branche.
Allein die im Ruhrgebiet ansässige Verlagsgruppe WAZ hat 300 ihrer 900 Journalisten entlassen. Entlassungen, wohin man schaut – von der einst renommierten
Süddeutschen Zeitung in München bis hin zum Hamburger Verlagshaus Gruner & Jahr. Lange Jahre haben die Leser die Bevormundung durch »Qualitätsjournalisten« aus Verlagen, die häufig im Hintergrund von politischen Parteien und deren Interessen gesteuert werden (viele Zeitungen gehören politischen Parteien), tapfer ertragen. Damit ist nun offenkundig Schluss.
Nachrichten verbreiten sich rasend schnell über das Internet. Und wenn Bevölkerung und Meinungsmacher eben so sehr auseinander driften, wie das bei deutschsprachigen Medien in den vergangenen Jahren der Fall war, dann bleiben die Meinungsmacher vor allem in Zeiten der Wirtschaftskrise ganz schnell auf der Strecke.
Die große Mehrheit der Journalisten ist weiterhin politisch korrekt. Sie schauen eben immer dann weg, wenn Menschen Unbequemes sagen. Wie etwa beim Finanzcrash und der Wirtschaftskrise. Jene, die wie beispielsweise der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Prof. Max Otte schon lange vor dem Wirtschaftscrash mahnend auf die sich abzeichnende Entwicklung hingewiesen hatten, die ernteten von deutschen »Qualitätsjournalisten« und Meinungsmachern damals vor allem Hohn, Spott und Verachtung. Immerhin hat sich ja inzwischen der Chefredakteur der Wirtschaftszeitung
Financial Times Deutschland, Lionel Barber, 2009 öffentlich bei seinen Lesern dafür entschuldigt, dass die führenden Wirtschaftsmedien die Wirtschaftskrise lange Zeit weder verstanden noch gesehen haben – bis sie auch jeder Normalbürger auf der Straße hautnah erlebte. Bis dahin hatte man bei den Journalisten abgewiegelt und den Bankern und ihren rosigen Zukunftsprognosen geglaubt. Das, was Journalisten an Fehleinschätzungen bei der Wirtschaftskrise vorgelegt hatten, werden Historiker eines Tages noch aufarbeiten müssen. Geändert hat sich seither nichts – die »Fachjournalisten« schreiben weiterhin politisch korrekt eifrig die Presseverlautbarungen der Bundesregierung ab und schwadronieren vom wirtschaftlichen Aufschwung, der sich angeblich irgendwo am Horizont abzeichnet. Sie schaufeln sich damit ihr eigenes Grab.
Die über Jahrzehnte hin selbstherrlichen und nun sterbenden Medien flehen heute immer öfter in ganzseitigen Berichten um Mitleid für ihre selbstverschuldete Dekadenz. Sie verdrängen dabei, dass sie eine politisch korrekte Monokultur geschaffen haben, die beispielsweise einstigen Waffen-SS-Männern vom Schlage eines Günter Grass bereitwillig und schnell alles verzeiht (
lesen Sie etwa diesen unsäglichen Spiegel-Werbetext) und gleichzeitig eine
Tagesschau-Sprecherin wie
Eva Herman erbarmungslos als hetzende Meute immer weiter verfolgt. Ex-SS-Mann Günter Grass, den der
Spiegel nie als »umstritten« brandmarkt (sondern als »Starautor« tituliert), muss sich nicht ständig wegen seiner schlimmen Nazi-Vergangenheit distanzieren oder rechtfertigen – das erwartet man aber von der – laut ehemaligem Nachrichtenmagazin
Spiegel – angeblich »umstrittenen« Eva Herman. Mieser gehts wohl nicht in der untersten Schublade des deutschen »Qualitätsjournalismus«.
Die einstmals renommierte Wochenzeitung
Die Zeit beklagte sich trotzig: »
Auf dem Spiel steht unsere Meinungsvielfalt.« Als ob es die in den nach politischer Korrektheit hechelnden Wochenheftchen wie der
Zeit je gegeben hätte …
Offenkundig haben die »Qualitätsmedien« immer noch nicht verstanden, dass sie den Anschluss an den Zug der Zeit in Wahrheit wohl längst verpasst haben. Ihnen ergeht es wie den früheren »Volksparteien«: Sie bewegen sich ganz langsam aber sicher stetig in Richtung einer allmählichen Marginalisierung. Derweilen entstehen – parallel zum Sinkflug des »Qualitätsjournalismus« – unabhängige und nicht angepasste neue Medien wie etwa
Politically Incorrect. Sie kommen völlig ohne Journalistenausweis aus – und gehören nicht zu jenen skrupellosen Meinungsmachern, die unter dem Mäntelchen des »Journalismus« Sonderrechte für sich in Anspruch nehmen und dreist
bis zu 50 Prozent Rabatte von Unternehmen einfordern. Die »Qualitätsjournalisten« haben mit solchen Selbstherrlichkeiten ein Mahnmal des skrupellosen Werteverfalls eines einstmals renommierten Berufszweiges gesetzt. Sie haben richtig gelesen: Jene Journalisten, die in ihren Medien gern über die "Raffgier" von Vorständen herziehen, verdrängen vollkommen ihre eigene skrupellose Raffgier. In keinem anderen Berufsstand gibt es eine annähernd vergleichbare organisierte selbstherrliche Beanspruchung von Sonderrechten. Irgendwer muss das alles ja bei den Preisen der Produkte im Endeffekt bezahlen. Und das sind SIE, liebe Leser. Ohne den "Journalistenrabatt" könnten fast alle Produkte deutlich billiger werden.
Wegen ihres Verhaltens rangieren die Vertreter des »Qualitätsjournalismus« heute nach allen Umfragen im Ansehen der Bevölkerung auf der alleruntersten Stufe – noch unter den Autoverkäufern und gleich neben den Politikern. Der Trend des »Qualitätsjornalismus« kennt wie ein mit Zementsäcken überladener Aufzug im deutschsprachigen Raum nur noch eine Richtung: immer weiter abwärts. Und so werden immer schneller immer mehr »Qualitätsjournalisten« arbeitslos werden.
Bernd Buchholz, Vorstandschef von Gruner & Jahr, sagt: »Ich fürchte fast, dass wir uns in 20 Jahren nach dem Jahr 2009 zurücksehnen werden.« Man könnte es auch anders formulieren: Wer heute noch »Qualitätsjournalismus« in einem einstmals renommierten Verlagshaus als Traumberuf mit Zukunftsperspektive sieht, der muss wohl an fortgeschrittenem Realitätsverlust leiden.
Die Realität kann man in diesen Tagen schon dort sehen, wo die Journalisten derzeit um möglichst schnelle Auszahlung ihrer Lebensversicherungen betteln – etwa beim Versorgungswerk der Deutschen Presse in Stuttgart. Dort – so ist ebenso wie bei den meisten Lebensversicherern – zu hören, haben sich so viele auf Hartz-IV-Niveau abgerutschte ehemalige »Qualitätsjournalisten« mit der Bitte um Auflösung ihrer Guthaben gemeldet, dass der Ansturm kaum noch bewältigt werden kann: Die Antragsteller müssen mit langen Bearbeitungszeiten rechnen. In der Zwischenzeit können die langjährigen »Volkserzieher« ja einmal darüber nachdenken, warum immer mehr Teile der Bevölkerung mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollen.
Das ist der Hammer:
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