Frauenrechte in Afghanistan :
Influencerin in Kabul: Warum den Taliban von Pizza und Burger schlecht wird
Die junge Afghanin Nadima zeichnet im Interview ein überraschendes Bild der Taliban. Für manche der jungen Kämpfer empfindet sie „fast so etwas wie Zuneigung“.
" Korrespondenten berichteten aus Afghanistan, dass sich immer weniger Frauen ohne männliche Begleitung aus dem Haus wagen und immer mehr von ihnen die Burka tragen. Macht Ihnen das keine Sorgen?
Ich sehe auf der Straße Straßen Frauen im Hijab, andere in der grünen Burka betteln und solche in normaler Kleidung und Schmuck. So war es bisher auch. Wenn jemand sagt, Frauen können nicht mehr vor die Tür treten, ohne sich komplett zu verhüllen, dann ist das nicht wahr. Ich bin erst vor ein paar Tagen in einen Beauty-Salon gegangen. Letzte Woche haben wir eine große Hochzeit mit Freunden und Familie gefeiert, auf der es tolle Musik und gutes Essen gab. Das Leben geht weiter. Man könnte sagen, dass es ein wenig ruhiger und weniger chaotisch auf den Straßen zugeht. Im Westen wird es so dargestellt, als sei Afghanistan gerade die Hölle auf Erden und Menschen würden überall sterben. Das ist Unsinn.
Sie haben jüngere Cousinen in Afghanistan. Was berichten sie?
Sie sagen mir: „Weißt du was, Nadima, weder pfeifen mir jetzt noch Männer hinterher noch grabschen sie mich an.“ Auch haben sie viel weniger Angst, auf der Straße ausgeraubt zu werden.
Unter der Woche sah man Taliban, wie sie auf protestierende Frauen einprügelten.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass diese Demos orchestriert wurden. Ich spreche mit vielen internationalen Journalisten hier. Viele sehen das genauso. Können wir das beweisen, wissen wir wer dahintersteckt? Nein. Sie können es mir glauben oder nicht. Aber nur so viel – und zitieren sie mich gerne: Frauen haben in diesem Land 20 Jahre alles dafür geopfert, dass ihre Stimmen gehört und sie als gleichwertig angesehen werden. Sprechen wir über unsere Erfolge und den Vorteil, den es hätte, uns an der Regierung zu beteiligen. Das Recht, frei zu sprechen, ist uns von Gott gegeben worden, wir lassen es uns nicht wegnehmen. Aber hören wir bitte auf, für westliche Medien auf Kommando auf die Tränendrüse zu drücken.
Wie kann es sein, dass der Blick westlicher Medien auf die Situation in Kabul so anders ist als Ihre eigene Wahrnehmung?
Das kann ich ihnen nicht sagen. Der Westen hat sich gegenüber Afghanistan immer wieder als heldenhaft aufgespielt und uns letztlich doch immer wieder betrogen. Als das schreckliche Selbstmordattentat am Flughafen geschah, ging es vor allem um die amerikanischen Soldaten, die gestorben sind. Über hundert afghanische Opfer waren nur eine Randnotiz wert. Man sieht in den Medien, wie Soldaten ein Baby über die Absperrungen heben, aber nicht, wie sie Tränengas auf Minderjährige abfeuern. Das macht mich wahnsinnig traurig. Wann wagt sich jemand hervor und sagt endlich: „Sorry, wir haben Mist gebaut! Wir hätten diese Panik niemals schüren dürfen. Wir hätten nicht das viele Geld ins eigene Militär stecken, sondern die Menschen hier mit dem Nötigsten versorgen sollen.“ Die Taliban tun dies übrigens. Warum sollte man sie bekämpfen? "
https://www.berliner-zeitung.de/woc...-von-pizza-und-burger-schlecht-wird-li.182812