Versteh ich nicht ganz. Dass die meisten Nicht-Serben aus der Republika Srpsa flohen bzw. vertrieben wurden (muss man unterscheiden), ist unbestritten. Aber so erging es auch den meisten Serben in moslemisch- oder kroatisch-kontrollierten Gebieten.
Na ja. Zu Beginn des Krieges dominierten die Serben auf einem Gebiet was ca. 70% BiH´s entsprach und in denen die Serben z.T. deutliche Bevölkerungsmehrheiten stellten. Das was "übrig" war, hatte kaum genügend Serben um es für eine Vergleichbarkeit serbischer Vertreibungen heranzuziehen. Aus der RS sind Fälle bekannt, wo sich tausende Nichtserbischer Einwohner zur Abgabe ihres Eigentum an die Serbische Republik verpflichten mussten, natürlich "Freiwillig". Dazu gab es Dokumente in den jew. Opstinas, erst danach war eine Ausreise möglich (Beispiel Bosanski Novi).
Das impliziert aber nicht, dass es einen Genozid gab. Oder willst du jetzt behaupten, die 48.000 Moslems aus der Gemeinde Zvornik seien von den Serben umgebracht worden?
Nun, eine Definition lautet:
"die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen"
Diese Schaffung von Bedingungen drückte sich in einem vorsätzlichen Terror gegenüber Nichtserben aus, bei denen letztgenannte um Leib & Leben fürchten mussten. Biljana Plavsic ist vor dem ICTY nur knapp dem Genozidvorwurf entkommen, weil sie sich aufgrund der Beweislage dazu entschlossen hat ein Geständnis abzulegen. Da sie es nun in Freiheit widerrufen hat, spielt kein Rolle.
Diese Vertreibungen waren keine schöne Sache. Aber der Umstand, dass diese auf allen Seiten stattfanden, beweist für mich, dass es größtenteils keine organisierten Vertreibungen waren, hinter denen die Führung der jeweiligen Seite als Drahtzieher gesteckt hätte.
s.o.
Denn die moslemische Führung zum Beispiel wollte die bosnischen Serben nie vertreiben sondern lediglich in einem zentral-regierten BIH unterwerfen.
Izetbegovic hat nicht vorgesehen die Konstitution der Serben einzukassieren. Er war sich der serbischen Forderungen nach ethnischer Regionalisierung bewusst und kam den Serben mit Verhandlungsvorschlägen im Dezember 1991 sogar entgegen. Letztere lehnten diese Vorschläge quasi mit eigenen, unerfüllbaren Maximalforderungen ab. Der Grund war einfach: Die Bewaffnung der bosnischen Serben war nahezu abgeschlossen, die Szenarien mit Variant A/B Plan fertig, es lief zunächst einmal wunderbar für das Projekt "Gross-Serbien".
Und dennoch gab es in den Gebieten unter Izetbegovics Kontrolle massenhafte Vertreibungen der Serben.
Wie erwähnt. Diese Massen waren nicht vorhanden und auch ist diese Behauptung so falsch. Bestes Beispiel: Die in Sarajevo verbliebenen Serben gründeten das "Srpsko Gradjansko Vijece", eine Vereinigung von in Sarajevo verbliebenen Serben, von Karadzic auch verächtlich "Alijas Serben" genannt. Die Schaffung einer solchen Institution in Banja Luka oder Pale war zu diesem Zeitpunkt unmöglich, da man die Einwohner längst vertrieben, interniert oder ermordet hat, insbesondere die intelektuelle Oberschicht.
Die Vertreibungen (und die damit einhergehenden Plünderungen und Morde) auf allen Seiten waren in erster Linie das Werk marodierender Banden bzw. Paramilitärs, gegen die meist im Rahmen der grasierenden Korruption nicht ordentlich vorgegangen wurde. In wie weit man den jeweiligen Führungen einen konkreten Versäumnisvorwurf machen kann, ist eine Sache, die man heiß diskuttieren könnte.
Da muss man gar nichts heiss diskutieren. Auf serbischer Seite wurden solche Gruppierungen gezielt gesteuert. Aus Serbien z.B. wurden Verbrecher und anderes Gesocks aus dem Knast regrutiert und durfte sich dann in RH / BiH austoben. Beispiele hierfür: Arkan, Legija und ähnlicher Menschenmüll. Verantwortlich für diese Art der Kriegsführung waren Jovica Stanisic und Franko Simatovic, beides serbische Geheimdienstler. Somit war die JNA offiziell nicht in Kampfhandlungen involviert, gleichwohl aber brachte sie den Sold für serbischer Offiziere in der VRS auf.
In BiH wurden lokale Schlächter von Karadzic geehrt. Dazu nehmen wir mal Milan Lukic in Visegrad. Der Mann zog mordend, vergewaltigend und Leute verbrennend durch die Gegend, tötete serbische Staatsbürger moslemischen Glaubens (Mitarbeiter der Fa. "Raketa" bei Sjeverin) und liess auch schon mal einen Zug anhalten um Nichtserben da rauszuholen und zu töten. (Strpci bei Visegrad/Rudo). Lukic wurde von Karadzic -nach all diesen Taten- von Karadzic persönlich mit einem Orden beehrt, während in Serbien tatsächlich eine Anklage lief...
Man muss bei einer solchen Debatte Karadzic jedoch zu gute halten, dass die Serben während des Krieges ca. 2/3 Bosniens kontrollierten aber dafür nur rund 120.000 Soldaten hatten. Es stellt sich die Frage, wie sehr Karadzic dazu wirklich in der Lage gewesen sein dürfte, marodierenden Banden das Handwerk zu legen, wozu es sicherlich erforderlich gewesen sein dürfte, die grasierende Korruption in der Republika Srpska zu bekämpfen, welche international isoliert und damit verarmt war.
Die Situation in den Städten war praktisch befriedet. Nichtserben wurden entwaffnet, der "MUP" war rein serbisch. Ein organisierter Widerstand der Moslems nicht existent. Sämtliche Verbrechen geschahen also in einer befriedeten Situation, teilw. nach Abzug der "JNA" (Uzice-Korps Visegrad). Die "marodierenden" Banden sind hier nichts anderes als eine Ausrede von übelsten Verbrechen, die man nun nicht mehr leugnen kann und nun in -sorry- Blödsinnigkeiten abrutscht.
Die Moslems (die Bosnien nicht "ethnisch säubern" wollten) und Kroaten kontrollierten nämlich nur ca. 1/3 des Landes, hatten dafür aber zusammen ca. 270.000 Soldaten zur Verfügung und wurden mit "humanitärer Hilfe" bedacht. Und dennoch kam es bei denen zu den gleichen Vertreibungswellen.
Wie erwähnt: Zu den "gleichen" Vertreibungswellen ist es nicht gekommen, da es dafür schon nicht genügend Serben gab. Es gab in diesem Zeitabschnitt nicht ein vergleichbares Internierungslager in dem tausende Serben wie z.B. im Omarska, Keraterm, Trnopolje festgehalten wurden. Es gibt -sieht man von Übergriffen ab- kein einziges Massengrab auf serbischer Seite, was diesen Namen auch verdienen würde. Nämlich Gräber mit mehr als 50, 100 Leichen, teilw. mit erschossenen Säuglingen (Bratunac) auf dem Arm ihrer ebenfalls erschossenen Mutter (Mai 1992 - 603 Personen erschossen).
Im übrigen hinkt jeder Mann-Vergleich: Die Serben mögen zwar weit weniger Soldaten gehabt haben, waren aber dafür waffentechnisch vielfach im Vorteil. Sie konnten auf mindestens 2 Korpse der JNA setzen (Uzice, Novi Sad) und verfügten zudem über Luftwaffe, Panzer, schwere Artillerie und präzise Militärkarten und Logistik. Das befähigte sie zu Kriegsbeginn wichtige Stellungen zu besetzen, falls nicht schon vorher geschehen. Vergleich hierzu Bihac: Auf 3 Mann kamen zu Kriegsbeginn eine AK47 mit spärlicher Bewaffnung.
In den serbischen Gebieten kam das Ganze häufiger vor, weil die bei Kriegsausbruch militärisch überlegenen Serben es relativ schnell schafften, die meisten Mischgebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Und genau vor soetwas hat Karadzic 1991 im bosnischen Parlament gewarnt als er die Moslems und Kroaten eindringlich aufgefordert hat, die illegalen Sezessionsbestrebungen einzustellen, da dies die gleiche Entwicklung wie in Kroatien nach sich ziehen würde.
Ja...ist vergleichbar mit einem Geiselnehmer der seine Geiseln erschießt, weil seiner Forderungen nicht erfüllt werden. Auch wieder so eine "Logik", die eigene Gewaltanwendung zu legitimieren.
So kam es dann ja (leider) auch. Wenn er und seine Mannen das Ganze im Rahmen einer Verschwörung geplant und organisiert hätten, ergäbe diese Warnung keinen wirklichen Sinn, denn sie hatte eher den Zweck, die Moslems und Kroaten von einem Sezessionsversuch (und damit vom Krieg) abzubringen als sie dazu anzusteiften (was eher mein Interesse sein dürfte, wenn ich mich zum Krieg und zum ethnischen Säubern verschworen habe)
Natürlich hat niemand Bock auf Krieg, auch ein Karadzic nicht. Krieg ist unkalkulierbar, selbst wenn man so ausgestattet war wie er. Er konnte also in Ruhe abwarten: Entweder er setzt seine Forderungen nach ethnisch serbischen Territorien in BiH durch und die Moslems würden diese Gegenden eines Tages ohnehin verlassen (So wie es Biljana Avramov für solch einen Fall bei den Teilungsgesprächen April 1991 in Tikves andeutete), oder aber im Rahmen eines Krieges stellt man diese Vertreibungen eben als Folge von Kriegshandlungen hin.
Du solltest Karadzic also vor allen Dingen unter dem Aspekt seiner Forderungen betrachten. Sein Ziel waren ethnische Gebiete in BiH mit serbischer Dominanz, so wie es Tudjmans Ziel in Kroatien war, die Serben auf einen geringen Prozentsatz zu bekommen.