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"Aufarbeitung" des Sozialismus

Hast du dieses Balkan Tagebuch von ihm gelesen?

War sehr "heftig". Man hatte das Gefühl, als würde er von der ersten Seite an alles verabscheuen. Ein wuchtiges Buch. Aber ich glaube, eigentlich ist es weniger Abscheu der Dinge, die er da beschreibt als allgemein dass er nicht mit der Welt und ihren Veränderungen klar kommt. Ich glaube nicht umsonst führt er normal ein fast Einsiedlerleben.
 
War sehr "heftig". Man hatte das Gefühl, als würde er von der ersten Seite an alles verabscheuen. Ein wuchtiges Buch. Aber ich glaube, eigentlich ist es weniger Abscheu der Dinge, die er da beschreibt als allgemein dass er nicht mit der Welt und ihren Veränderungen klar kommt. Ich glaube nicht umsonst führt er normal ein fast Einsiedlerleben.

Ich war total fasziniert von diesem Buch. Vorher kannte ich ihn gar nicht und las dann noch mehr von ihm. Bis heute ist es mir ein Rätsel, wie sein Text funktioniert. Zuerst ist es brutal, ich dachte nur, nicht schon wieder Balkan bashing aber dann habe ich das ganz gespannt gelesen. Er urteilt zwar scharf aber irgendwie nimmt man ihm nichts übel.

Hast du es auf deutsch gelesen?
 
Ich war total fasziniert von diesem Buch. Vorher kannte ich ihn gar nicht und las dann noch mehr von ihm. Bis heute ist es mir ein Rätsel, wie sein Text funktioniert. Zuerst ist es brutal, ich dachte nur, nicht schon wieder Balkan bashing aber dann habe ich das ganz gespannt gelesen. Er urteilt zwar scharf aber irgendwie nimmt man ihm nichts übel.

Hast du es auf deutsch gelesen?


Ich darf nicht ohne Stolz und bei aller Bescheidenheit sagen: Im Original:majaa:
 
Ich darf nicht ohne Stolz und bei aller Bescheidenheit sagen: Im Original:majaa:

Das hatte ich gehofft :D

Da wir einen ähnlichen Eindruck hatten, spricht das sehr für den Übersetzer. Ich finde es bemerkenswert, wie man diese Stimmung in eine andere Sprache übersetzen kann. Bei uns habe ich oft das Gefühl, dass etwas verloren geht oder gar lächerlich klingt. Es gibt nur wenige gute Übersetzungen.
 
Das hatte ich gehofft :D

Da wir einen ähnlichen Eindruck hatten, spricht das sehr für den Übersetzer. Ich finde es bemerkenswert, wie man diese Stimmung in eine andere Sprache übersetzen kann. Bei uns habe ich oft das Gefühl, dass etwas verloren geht oder gar lächerlich klingt. Es gibt nur wenige gute Übersetzungen.

Nach den ersten 20 Seiten finde ich ihn auch sehr stimmungsvoll. Allerdings ist es schon so, dass sie in bei der deutschen Übersetzung glätten, aber aus ganz anderen Gründen. Dem deutschen Leser kann man anscheinend nicht zu viel zumuten.

Ich habe schon lange nicht mehr bei einer Buchrezension so lachen müssen und zwar weniger wegen dem Buch, sondern wegen der etwas "aufgeregten" Kritikerin:

Bisher hat der polnische Bestsellerautor Andrzej Stasiuk in seinen Büchern vor allem den "wilden Osten" beschrieben. In seinem neuen Werk "Dojczland. Ein Reisebericht" knöpft er sich den westlichen Nachbarn vor. Herausgekommen ist ein vorurteilsbeladenes Machwerk, das man getrost als fremdenfeindlich bezeichnen darf.

Hier dachte ich mir noch wtf, wie kommt sie auf fremdenfeindlich bei einem "Touristen"....irgendwie passt das net, aber egal.


Nun schreibt er also über eine Reise nach Deutschland. Doch der Schriftsteller nimmt dieses Land und seine Menschen nur im Rausch wahr. Ob auf dem Bahnhof, im Zug oder im Hotel - Andrzej Stasiuk ist in Deutschland permanent betrunken. Daraus macht Stasiuk keinen Hehl: "Ich war betrunken in Berlin, in Hamburg, in München, in Frankfurt am Main, in Dresden, in Leipzig, in Nürnberg, in Köln, in Bonn, in Aachen, in Düsseldorf, in Heidelberg, in Koblenz, in Mainz, in Bremen und in Wilhelmshaven oder Bremerhaven, in Kassel und Göttingen - um nur die größten Städte aufzuzählen." Im Rausch, der ihm die Sinne vernebelt, sieht Stasiuk in Deutschland nur "das Rot des Kommunismus und den schwarzen Rauch der Krematorien".


:haha: Schon an dieser Stelle liebte ich ihn....


Vor diesem Hintergrund werden die Treffen mit seinen deutschen Lesern zur Nebensächlichkeit. Der Schriftsteller unterhält sich mit ihnen zwar über Literatur, nicht aber über Deutschland. Er hat eigentlich nur ein Ziel: Er möchte so schnell wie möglich in sein Hotelzimmer kommen, damit er sich dort wieder in Ruhe betrinken kann. Denn nur wenn er betrunken ist, wagt er sich, das "germanische Phänomen" zu ergründen. Ohne seinen Reisebegleiter Jim Beam hält Stasiuk Deutschland nicht aus: "Nüchtern kann man aus Polen nicht nach Deutschland kommen."


:haha:

Aber das kann man auch noch steigern:

Abgesehen von seinen Lesern trifft Stasiuk nur auf Bahnhöfen, Flughäfen und gelegentlich in der S-Bahn andere Menschen. Er spricht mit niemandem, stellt keine Fragen. Trotzdem erlaubt er sich ein Urteil über die Deutschen. Stasiuk kann sich einfach nicht von seinen Vorurteilen lösen. Freunde lässt er sagen, was er sich nicht nur so zu schreiben traut, nämlich dass "Deutschland ein viel angenehmeres Land wäre, wenn es dort keine Deutschen gäbe". Stasiuk nährt solche Äußerungen mit dem Traum von einem Deutschland, in dem nur Immigranten leben.


:haha: :haha::haha:




Und die Kritikerin versucht sich zunächst mit Ironie, MIT IRONIE zu retten:

Ab und zu beschleicht einen das Gefühl, Stasiuk meine das alles nur ironisch. Zum Beispiel, wenn er feststellt, dass die Polen, "wenn wir uns hier irgendeine Psychopathoideologie ausgedacht und sie realisiert hätten, es doch leichter hätten. Wenn wir selbst fünfzehn Prozent der Bevölkerung in die Öfen geschickt und weitere fünfzehn durch Hunger ausgerottet hätten, dann sähen unsere Nachbarschaftsbeziehungen erheblich besser aus". Wenn das ironisch sein soll, dann hat Stasiuk ein äußerst merkwürdiges Verständnis von Ironie.

Er macht es ihr aber dann schon sehr schwer, weil er auch noch so unverschämt ist, vom Osten zu schwärmen:


Nur der Osten bringt ihn zum Schwärmen. "Denn die DDR ist dieser verlorene Stamm - germanisch oder slawisch - niemand wird das je entscheiden." Ausgerechnet dort, wo die meisten rechtsradikalen Übergriffe geschehen, fühlt sich der Schriftsteller am wohlsten. Dort, wo die Vergangenheit, die Stasiuk den Deutschen unterschwellig permanent vorhält, am lebendigsten zu sein scheint, fühlt er sich heimisch. "Das Slawische, der Kommunismus, ein bisschen schlechteres Essen und billigere Kosmetika, das sind doch Elemente, die das Menschensein befördern."


Und als Finale die "Entschärfung" des Textes für die Deutschen, die mit den Slaven notorisch überfordert sind:


Wie empörend das Buch ist, offenbart sich vor allem, wenn man es auch auf Polnisch liest. Immer wieder stößt man auf Wörter und Ausdrücke, die auf Deutsch vergleichsweise harmlos, in Stasiuks Muttersprache jedoch beängstigend klingen. Der Übersetzer Olaf Kühl hat ganze Arbeit geleistet, um das Buch zu entschärfen. Auch die Notiz auf der Rückseite des Originals wurde weggelassen. Statt: "Diese Geschichte erzählt das nicht ganz einfache Schicksal eines literarischen Gastarbeiters. Sie ist voll von gezielten Beobachtungen, geistreichen Reflexionen und schlichtem Humor", bekommen die Deutschen nur Lob für den Humor und Stasiuks "selbstironisches Spiel" zu lesen. Dabei ist das Buch weder geistreich noch amüsant.

Stasiuk spricht mit einer Verachtung, die sich ein deutscher Schriftsteller niemals gegenüber einem anderen Volk erlauben dürfte - weil sie ihm mindestens den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit einbrocken würde. Und Andrzej Stasiuk? Ihm wird applaudiert: von Polen, weil sie es lieben, über die Deutschen zu lästern, und von den Deutschen, weil sie sich nicht trauen, sich dagegen zu wehren.

Der Autor beschreibt sich selbst als einen "literarischen Gastarbeiter". Aber was für ein Gastarbeiter ist das, der stinkfaul und ständig betrunken ist - und sich nicht um seine Arbeit schert? Ein wandelndes Klischee höchstens.

Die Distanzierung gelingt der Kritikerin nur, indem sie selbst Klischees über die Polen bedient. Aber sie ist selbst Polin :laughing6: Irgendwie auch arm...wahrsch ein "Hybrid"...


Andrzej Stasiuk: Deutschland? Nur im Suff! - Bücher | STERN.de


Ich möchte gar nicht wissen, wie sehr die Texte auch von anderen Schriftstellern auf diese Weise "entschärft" werden, damit es für die deutschen Leser erträglicher wird...
 
Erstaunlich wie positiv die Presse das Werk über den Balkan aufgenommen hat, aber wie beleidigt man ist, wenn man mal selbst Zielscheibe ist.
 
Naja, der Stern ist nun nicht das Maß der Dinge.

[h=3]Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.01.2009[/h]Rezensent Jörg Magenau ist ausgesprochen froh, dass Deutschland "oder vielmehr Dojczland" zur literarischen Topografie dieses Schriftstellers gehört. Denn den Reportagen, die Andrzej Stasiuk über das Land geschrieben hat, wann immer er dort auf Lesereise unterwegs gewesen ist, konnte er viel abgewinnen. Was Stasiuk über Deutschland schreibt, klingt für ihn nach einer "fortgesetzen Psychoanalyse" und "Trauma-Erneuerung", aber auch nach viel Sinn fürs Lesen von Absonderlichkeiten, von Landschaften und Gegenden im Um- oder Aufbruch. Aber auch hintergründige Parallelen zwischen scheinbar so Unvergleichbarem wie Bukarest und Stuttgart arbeitet Stasiuk dem hochinspirierten Rezensenten zufolge subtil heraus, der von ihm schließlich das Prädikat "humorbegabter Melancholiker" erhält.

[h=3]Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2008[/h]Über Andrzej Stasiuks Bericht von seinen Lesereisen durch Deutschland hat sich Jörg Plath trotz oder vielleicht gerade weil sie gnadenlose "Klischeemühlen" sind, zum größten Teil glänzend unterhalten. Der polnische Erfolgsautor, der in seiner Heimat für dieses Buch von konservativer Seite wegen seiner "despektierlichen" Haltung gegenüber Polen angegriffen wurde, ruft sämtliche Klischees über Deutsche und Polen auf, die man sich nur denken kann und "schwadroniert" munter dahin, stellt der Rezensent amüsiert fest. Dadurch entsteht eine Reibung von "Eigen- und Fremdklischee", die Plath durchaus fruchtbar zu finden scheint. Zudem findet der Rezensent es beeindruckend, wie der Autor, der sich in diesen Reiseberichten als trinkfeste slawische Seele inszeniert, en passant aber eben sehr eindrucksvoll, auch die Nazi-Vergangenheit Deutschlands in den Blick nimmt.
 
Rezensent Jörg Magenau ist ausgesprochen froh, dass Deutschland "oder vielmehr Dojczland" zur literarischen Topografie dieses Schriftstellers gehört. Denn den Reportagen, die Andrzej Stasiuk über das Land geschrieben hat, wann immer er dort auf Lesereise unterwegs gewesen ist, konnte er viel abgewinnen. Was Stasiuk über Deutschland schreibt, klingt für ihn nach einer "fortgesetzen Psychoanalyse" und "Trauma-Erneuerung", aber auch nach viel Sinn fürs Lesen von Absonderlichkeiten, von Landschaften und Gegenden im Um- oder Aufbruch. Aber auch hintergründige Parallelen zwischen scheinbar so Unvergleichbarem wie Bukarest und Stuttgart arbeitet Stasiuk dem hochinspirierten Rezensenten zufolge subtil heraus, der von ihm schließlich das Prädikat "humorbegabter Melancholiker" erhält.


:haha: und der war nicht mit dem Text überfordert????
 
:haha: und der war nicht mit dem Text überfordert????

Es gibt in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum sehr viele schlechte Kritiker. Scheinbar vergessen sie Größen, wie: Rolf Dieter Brinkmann - Blicke, Rom oder Karl Kraus, Thomas Bernhard oder auch Kurt Tucholsky. Ach, da gibt es so viel. Christian Kracht - Faserland, eins der genialsten Deutschland. Portraits aber auch von der Kritik geschlachtet, vom Publikum geliebt. Wegen dieser Pappnasen, ist deutsche Literatur oft so dermaßen schwach, dass man die Luft anhalten möchte.
 
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