Ein unfreiwilliger Crashkurs in digitalem Arbeiten überzieht das Land. Das wird Folgen haben. Es bringt einen Modernisierungsschub für die Nachzügler des digitalen Arbeitens.
Im Arbeitsleben finden jetzt die Revolutionen statt, die gefühlt eine Dekade lang unterdrückt wurden. Viele Arbeitgeber, ob Banken, Industrie oder Behörden, um nur einige Beispiele zu nennen, verschanzten sich lang im analogen Dasein und beorderten ihre Belegschaft an zentrale Orte. Bitten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit langen Arbeitswegen, bettlägerigen Großeltern oder Schülern, doch etwas Telearbeit machen zu dürfen, wurden geflissentlich ignoriert: „Zuhause arbeiten? Unmöglich!“ Zu gefährlich und eine Einladung zum Faulsein. Obwohl viele Büroarbeiten längst aus der Entfernung erledigt werden könnten, schob man die Sicherheit als Argument vor, warum dies nicht möglich sei.
Tatsächlich ging es aber immer nur um Kontrolle: Man will wissen wer da ist und wer arbeitet. Und jetzt?
Den lange Brüskierten mit Telearbeitswunsch und allen anderen wird im Vorbeigehen ein Laptop samt geheimer Zugangscodes in die Hand gedrückt. Über Nacht ist der lang verwehrte Zugang zum Hochsicherheitstrakt der Firmen-IT möglich geworden. Natürlich versehen mit der knappen Arbeitsanweisung: „Ab Montag bitte nur mehr Homeoffice.“
Das Coronavirus bringt einen großen Modernisierungsschub für die Nachzügler des digitalen Arbeitens. Die Welle des Digitalen bricht über die Arbeitswelt herein und beschränkt sich nicht nur auf Unternehmen und öffentliche Verwaltung. Auch in Schulen und Universitäten ist E-Learning, das man vielerorts bisher gemieden hat, wie der Teufel das Weihwasser, plötzlich ein Muss. Man kann sich die Schweißperlen auf der Stirn der Direktorinnen und Direktoren, die seinerzeit nur mit Büchern und Papier unterrichtet haben, vorstellen. Gott sei Dank gibt es ein paar Jungspunde, die mehr wissen.
Hätte man Chefs, Personalverantwortliche, Mitarbeiter und Lehrende in einem wochenlangen Crashkurs zur digitalen Zusammenarbeit gesteckt, sie hätten nicht so viel gelernt wie im erzwungenen Realexperiment der kommenden Wochen. Jetzt werden wir sehen, dass manche Reisen durch Werkzeuge für Videokonferenzen wie Zoom oder Skype leicht ersetzt werden können. Man sieht, dass mehrere Leute gleichzeitig über Microsoft Teams, Slack, Google Docs und anderen an einem Dokument arbeiten können. Und man wird spätestens in ein paar Wochen wissen, dass vieles möglich ist, aber nicht alles.
Diese digitale Erfahrung lässt sich nicht mehr ausradieren.
(Auszug eines Beitrages von Gertraud Leimüller in den Salzburger Nachrichten vom 13.03.2020) https://www.winnovation.at/de/