Zurich, du unterschätzt, was für weitreichende Konsequenzen die Erfindung von zuverlässiger Verhütung hatte. Früher gab es einen unumstößlichen Fakt, um den sich herum ganze Gesellschaftsordnungen entwickelt haben: Wenn eine Frau einmal Sex hat, kann sie schwanger werden. D.h. sie ist monatelang körperlich eingeschränkt, und muss dann eine sehr schmerzhafte und lebensgefährliche Geburt ertragen, die ihren Körper für immer verändern wird. Außerdem greift dann auch der Mutterinstinkt, und ab jetzt hat die Versorgung des Kindes höchste Priorität (zumindest greift dieser Instinkt bei den meisten Frauen). Für die Männer war Sex ganz und gar konsequenzenfrei. Ich meine, er wird zwar auch Vater, aber das hat jetzt erst mal keine körperlichen und seelischen Konsequenzen für ihn. Deswegen waren Frauen sehr vorsichtig darin, mit wem sie geschlafen haben, und Männer eben nicht. Das Gegenmodell kannst du übrigens in afrikanischen Stammesgemeinschaften beobachten. Das Kind wird dort sowieso vom ganzen Dorf gemeinsam großgezogen, deswegen ist es letztlich egal, wessen Kind es ist. Das führt dazu, dass in diesen Dörfern ziemlich wild rumgebumst wird, und es keinen wirklich stört. Das Konzept "fremdgehen" existiert dort nicht wirklich.
Diese ganze Bewegung von Frauen, die sich sexuell ausleben, wäre ohne zuverlässige Verhütung, die sie selber kontrollieren jedenfalls gar nicht möglich gewesen, denn sie wären reihenweise schwanger geworden, und dann hätte sich das Thema schnell wieder erledigt. Welche Frau lässt sich schon gerne von irgendeinem wildfremden aus dem Club schwängern? Die Pille jedenfalls hat der Frau sehr viel Macht über ihren eigenen Körper gegeben, denn damit kann sie kontrollieren, ob sie schwanger wird, oder nicht. Diese neue biologische Tatsache, dass Frauen jetzt wie Männer konsequenzenfrei Sex haben können hat sehr weitreichende Konsequenzen für die Gesellschaft. Früher war eine Frau eine Hure, wenn eine Frau mit mehreren Männern geschlafen hat, weil der Mann dann nicht wissen konnte, ob er da überhaupt seine eigenen Kinder großzieht. Solche Frauen wurden deswegen verstoßen. Heute kann aber theoretisch eine offene Beziehung geführt werden, und der Mann kann sich trotzdem sicher sein, dass die Kinder von ihm sind. Das führt langfristig dazu, dass sich das Sexualverhalten angleichen wird. Noch gibt es einen Transformationsprozess, wo größtenteils nach wie vor die Männer die Frauen angraben (worin sich die alte Rollenverteilung von dem wahllos rumbumsenden, samenstreuenden Mann, und der vorsichtigen, aussuchenden Frau widerspiegelt), aber ich finde mehr und mehr, dass diese Rollen sich angleichen und Frauen mehr und mehr alte Mänerrollen übernehmen, indem sie teilweise ziemlich aggressiv baggern und sogar Männer als "Eroberungen sammeln", und Männer alte Frauenrollen, und sich "bezirzen lassen". Diese alte, evolutionäre Tatsache, dass Frauen es leichter als Männer bei der Partnersuche haben wird also nicht mehr sehr lange gelten und gilt auch heute nur noch eingeschränkt, und der Grund dafür ist die Pille.
Im Kontext des Frauenbildes von muslimischen Ländern ist es insofern relevant, weil dieser Transformationsprozess erstmal relativ unfair für uns Männer ist. Früher hatten die Frauen das Privileg jederzeit leicht an Sex zu kommen, aber auch die Bürde davon schwanger zu werden und gesellschaftlich verstoßen zu werden, wenn das Kind außerhalb einer Ehe entstanden ist (die alte Beleidigung "Bastard" bedeutet nichts anderes, als uneheliches Kind). Heute im Transformationsprozess besitzen sie immer noch größtenteils das Privileg des leichteren Zugangs zu Sex, müssen aber die Bürde der Schwangerschaft nicht mehr tragen. Die Männer in den arabischen Ländern sehen das, und verachten dafür die westlichen Frauen, und auch ebenso die Männer, dass sie sich so von Frauen behandeln lassen.