Ukrainischer Militärexperte: "Wenn Europa kompensieren will, muss es Risiken eingehen"
Mykola Bielieskow ist militärischer Analyst der Back and Alife Foundation, die die Lage der Soldaten an der Front beobachtet, aber auch generelle militärische Trends im Krieg mit Russland bewertet
STANDARD: Wo lastet derzeit denn nach dem Ende der US-Militärhilfen am meisten Druck auf der ukrainischen Armee?
Bielieskow: Die Beendigung des Informationsaustauschs mit den USA hat mit Sicherheit die unmittelbarsten negativen Auswirkungen. Die Einstellung von Munitions- und Gerätelieferungen hat mit Verzögerung Auswirkungen. Wenn ich über die Aussetzung des Informationsaustausches spreche, bezieht sich das auch auf Satellitenbilder. Da geht es um hochauflösende Bilder, die es ermöglichen, die Bewegungen russischer Streitkräfte zu verfolgen, deren Konzentration sowie Umgruppierungen. Es gibt drei Hauptbereiche: die Planung von Angriffen in der Tiefe, die Verteidigung entlang der Frontlinie und die Abwehr kombinierter Massenangriffe von Raketen und Drohnen.
STANDARD: Woran liegt es, dass jetzt alle überrascht zu sein scheinen? Was aktuell geschieht, passiert ja mit Ansage.
Bielieskow: Da ist dieses übermäßige Vertrauen in die USA. Es handelt sich um eine Art negative Friedensdividende. Das ist ein gutes Beispiel für Selbstgefälligkeit. Ich weiß, es fällt schwer, das hören zu müssen, besonders aus der Ukraine, die auch keine glänzende Bilanz bei der Verteidigungsplanung hat. Es war schon vor neun, acht Jahren offensichtlich, dass Donald Trump allem skeptisch gegenübersteht, was mit Europa, Europas Verteidigung und der Ukraine zu tun hat. Wir – also Europa und die Ukraine – haben versucht, seine Meinung zu ändern. Aber es hat nicht funktioniert.
Mykola Bielieskow ist militärischer Analyst der Back and Alife Foundation, die die Lage der Soldaten an der Front beobachtet, aber auch generelle militärische Trends im Krieg mit Russland bewertet
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