INTERVIEW - «Wir müssen Donald Trump mit seinen eigenen Waffen schlagen»
Gabriel Felbermayr und Martin Braml fordern in ihrem neuen Buch «Der Freihandel hat fertig» einen radikalen Kurswechsel in der Handelspolitik. Im Interview erklären die Ökonomen, warum Europa aufhören muss, an alten Glaubenssätzen festzuhalten – und stattdessen lernen sollte, seine Wirtschaftskraft als Waffe einzusetzen.
Herr Felbermayr, Herr Braml, in Ihrem Buch stellen Sie die Behauptung auf, dass der freie Welthandel am Ende sei. Ist das nicht eine sehr polemische Beschreibung der Realität?
Felbermayr: Mag sein, sie ist aber durchaus von Fakten gedeckt. Schauen Sie sich die grossen Krisen der letzten Jahre an: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie abhängig wir in Europa vom Import von Medizingütern sind. Der Ukraine-Krieg führte uns wiederum vor Augen, dass Russland jederzeit bereit ist, seine Energieexporte als Druckmittel einzusetzen.
Braml: Und jetzt droht Donald Trump mit neuen Strafzöllen. Die alte Vorstellung, dass wirtschaftliche Verflechtung automatisch zu friedlichem Miteinander führt, wurde also widerlegt. Der Freihandel ist im ökonomischen Lehrbuch ein wunderbares Konzept – in der Realität kann er aber auch zur politischen Waffe werden.
War Europas Glauben an den Freihandel also blauäugig?
Braml: Schlimmer noch, wir haben uns einer Lebenslüge hingegeben, wollten nicht wahrhaben, dass sich die Welt verändert hat. Als Russland die Gaslieferungen als Waffe einsetzte, zeigten sich viele überrascht. Dabei war das durchaus vorhersehbar. Wir haben uns eingeredet: Wenn alle am Handel verdienen, wird schon niemand die Beziehungen gefährden.