Bravo Spanien
Wo feministische „Utopie“ zum Gesetz wird
Krankenstand bei Periodenschmerzen, sichere Abtreibungen für alle ab 16, Konsens beim Sex, Verbot von „Catcalling“ – feministische Forderungen, die weltweit von den meisten wohl als „utopisch“ abgetan werden, sind in Spanien kürzlich in Gesetze gegossen worden. Das Land gilt generell als eines der progressivsten, was Gleichstellungspolitik betrifft. Warum das so ist und was das für den Rest der Welt bedeutet, erklärt die Politikwissenschaftlerin und Genderforscherin Judith Goetz im Gespräch mit ORF.at.
„Die feministische Bewegung schreibt Geschichte in Spanien“, kommentierte die spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero die neue Reform des „Gesetzes der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs“ Ende Mai. Montero gehört dem Juniorpartner der Koalition an, der Partei Unidas Podemos (UP), und setzt sich neben Frauenrechten laut eigener Aussage für eine „neue sexuelle Kultur“ im Land ein.
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Spanien bei Frauenrecht „europäische Avantgarde“
Was die konkreten Gesetze betrifft, meint Goetz: „Spanien zählt in vielerlei Hinsicht zur europäischen Avantgarde, wie sich beispielsweise daran zeigt, dass bereits 2004 ein Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt verabschiedet wurde, das Frauen vor Übergriffen durch ihre Partner schützen soll.“ Durch feministische Bewegungen sei es hier zu einer Politisierung patriarchaler Gewalt gekommen. Heute wie damals war die PSOE an der Macht. Als Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero (PSOE) vier Jahre später erneut sein Amt als Regierungschef antrat, ernannte er eine im siebenten Monat schwangere Frau zur Verteidigungsministerin.
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Vorbildfunktion für Rest Europas
Feministische Bewegungen aus Spanien, aber auch aus Lateinamerika und der Karibik würden Goetz zufolge eine „wichtige Rolle“ einnehmen – nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene: als „Vorbilder für Europa“. Politisch relevante Akteure und Akteurinnen könnten sich „durchaus etwas von den Debatten in Spanien abschauen“, so Goetz.