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Wie die Kroaten ihre Fußballmannschaft feiern
Zum Schluss bleibt noch die Frage, ob die von Frankreich nur unwesentlich gebremste Euphorie im jüngsten Mitgliedsstaat der EU auch politisch etwas bedeutet. Es ist Mode geworden, aus Erfolgen oder Misserfolgen von knapp einem Dutzend Männern, die durch ihre Könnerschaft in einer populären Disziplin menschlicher Leibesübungen miteinander verbunden sind, Rückschlüsse auf den Zustand ganzer Staaten und Gesellschaften zu ziehen. Für Anhänger dieser Sonderform der Astrologie stellte sich am Montag natürlich die Frage, was der zweite Stern für Frankreich und die Finalteilnahme Kroatiens bedeutete. Özcan Mutlu, einst Bundestagsabgeordneter der Grünen, twitterte dazu: „An alle Rassisten und Rechtsextreme: Einwanderungsgesellschaften sind erfolgreiche Gesellschaften und Weltmeister!“ Zwar hatte Mutlu ausdrücklich Rassisten und Rechtsextreme zu Adressaten seiner Hypothese bestimmt, doch dürfte auch jenseits von deren Kreisen die Frage aufkommen, was denn der Erfolg Kroatiens zu bedeuten habe, wenn jener Frankreichs ein Ausweis für die Leistungsfähigkeit multiethnischer Gesellschaften sein soll?
Hier Frankreich, ein Land mit fast 67 Millionen Einwohnern, dessen Bevölkerung stark von Menschen mit Migrationshintergrund geprägt ist. Dort Kroatien, ein Staat von gut vier Millionen Einwohnern, von denen, abgesehen von mittelbosnischen und hercegovinischen Kroaten, die aus Bosnien-Hercegovina eingewandert sind, kaum jemand einen Migrationshintergrund hat. Ist Kroatiens Erfolg demnach im Sinne Mutlus eine Botschaft an alle Nichtrassisten und Linksextreme, dass monoethnische Gesellschaften erfolgreiche Gesellschaften und Vizeweltmeister sind? Oder bedeutet er am Ende nur, dass es Unsinn ist, Resultate von Fußballspielen zu Indikatoren gesellschaftspolitischer Zustände aufzublasen?