[h5] 11. August 2008, 11:22; Letzte Aktualisierung: 19:34 [/h5]
Russische Truppen rücken auf Tiflis vor
Bodenoffensive auf georgischem Territorium
Russische Bodentruppen sind nach Angaben der georgischen Regierung in Richtung Tiflis vorgedrungen. Die georgischen Streitkräfte seien auf dem Rückzug, um die Hauptstadt vor einer Einnahme zu schützen.
Georgien bat dringend um internationale Hilfe. Aus Moskau lagen zunächst keine Angaben über ein Vordringen russischer Panzer in das georgische Hinterland vor. Einer Besetzung Goris widersprach Moskau aber.
Einwohner der Stadt Gori im georgischen Kernland bestätigten der Deutschen Presse-Agentur dpa in Moskau, dass ihre Stadt bereits eingenommen sei. Gori ist 66 Kilometer von Tiflis entfernt und liegt ausserhalb der seit Tagen umkämpften abtrünnigen Region Südossetien. Zwischen der südossetischen Hauptstadt Zchinwali und Gori sind es etwa 30 Kilometer.
Georgische Stützpunkte besetzt
Die georgischen Truppen hätten den Befehl erhalten, sich aus Gori zurückzuziehen, sagte der Chef des georgischen Nationalen Sicherheitsrats. Zuvor hatten russische Truppen nach georgischen Angaben weitere Stützpunkte in Sugdidi und Senaki besetzt. Russland hatte eine Waffenstillstandsvereinbarung aus Georgien abgelehnt.
Die russischen Streitkräfte hatten zuvor noch erklärt, Moskau hege keinerlei Absicht, mit seinen Truppen weiter nach Georgien vorzurücken.
Moskau lehnt Drei-Punkte-Plan bereits ab
Derweil waren Frankreichs Aussenminister Bernard Kouchner und der finnische Aussenminister Alexander Stubb in Tiflis, um in dem Konflikt zwischen Georgien und Russland über die abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien zu vermitteln.
Sie legten einen Drei-Punkte-Plan vor. Demnach müssten die Kämpfe sofort aufhören, zum anderen die Unverletzlichkeit des georgischen Staatsgebietes geachtet werden, ausserdem müsse die Lage von vor Beginn der Kämpfe wiederhergestellt werden.
Laut Saakaschwili wollten die EU-Politiker nach Moskau weiterreisen, um die russische Regierung zur Annahme dieser Waffenstillstandsvereinbarung zu bewegen. Russland hat aber erklärt, sie lehne Georgiens Waffenstillstandsangebot ab.
Georgien hat zudem die EU gebeten, die Gespräche über eine strategische Partnerschaft mit Russland solange einzufrieren, bis Moskau seine militärische Kampagne gegen Georgien einstelle.
Russische Bombardements in der Nacht
Nach georgischen Angaben hatten in der Nacht etwa 50 russische Bomber georgische Städte und Dörfer unter Feuer genommen. Am Stadtrand von Tiflis bombardierten russische Kampfflugzeuge laut georgischen Angaben eine Militärbasis sowie ein Luftkontrollzentrum.
Zudem hätten die Russen die Stadt Gori nahe der Grenze von Südossetien beschossen. Nach russischen Angaben versenkte die russische Marine im Schwarzen Meer ein georgisches Schnellboot mit Raketenwerfern.
Russland erklärte, trotz der zuvor angekündigten Feuerpause der Georgier hätten georgische Truppen und Kampfflugzeuge russische Soldaten in Südossetien angegriffen.
Opferzahlen gehen auseinander
Wieviele Menschen bei den Kämpfen bislang starben, ist ungewiss. Die russische Seite spricht von fast 2000 toten Zivilisten, Tiflis beziffert die Zahl seiner Opfer auf 92, darunter 40 Zivilisten. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) flohen rund 40'000 Menschen vor den Kämpfen im Südkaukasus.
Abchasien im russischen Fadenkreuz
Auch in Abchasien verstärkte Russland seine Truppen. Dort seien nun mehr als 9000 Fallschirmjäger und 350 Panzer stationiert, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung eines russischen Militärvertreters.
Die abchasische Führung teilte mit, dass die georgischen Truppen im oberen Kodori-Tal komplett umzingelt seien. Abchasien hatte sich wie Südossetien nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Georgien losgesagt.
(agenturen/meip/frua/widb)
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