Etwa jeder siebte Jugendliche in Deutschland ist einer Studie zufolge sehr ausländerfeindlich. Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen für das Bundesinnenministerium ergab, dass 14,4 Prozent der Befragten ein hohes Maß ausländerfeindlicher Einstellungen offenbarten. 4,9 Prozent der Jungen und 2,6 Prozent der Mädchen gaben an, Mitglied einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft zu sein.Instituts-Direktor Christian Pfeiffer sagte in Berlin, fast 29,7 Prozent hätten der Aussage "In Deutschland gibt es zu viele Ausländer" zugestimmt. Auf antisemitische Einstellungen ließen die Antworten von 6,4 Prozent der Jungen und 2,1 Prozent der Mädchen schließen, erläuterte der Kriminologe. Der hohe Anteil von Jungen müsse die Gesellschaft aufrütteln, so Pfeiffer.
Vor allem Hauptschulen betroffen
Die Studie zeigt starke regionale Unterschiede. Im Westen liege der Anteil rechtsextremer Anschauungen bei den männlichen Jugendlichen in den untersuchten Regionen zwischen 2,3 und 15,2 Prozent. In Ostdeutschland bewegten sich diese Quoten zwischen 0 und 17,4 Prozent. Dabei gebe es in Großstädten weniger Ausländerfeindlichkeit als auf dem flachen Land. Am häufigsten seien rechtsextreme Auffassungen an Hauptschulen anzutreffen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble äußerte sich über die Ergebnisse "erschrocken". Diese Zahlen seien Anlass, die Präventionsbemühungen weiter zu intensivieren, sagte er. Dies sei Aufgabe der ganzen Gesellschaft.
Weniger Gewalt
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Gewalt unter Schülern in Deutschland nicht mehr steigt oder sogar leicht sinkt. Danach ist die Zahl meldepflichtiger "Rauf-Unfälle", bei denen ein Arzt verletzten Schülern helfen musste, zwischen 1997 und 2007 um 31,3 Prozent gesunken. Pfeiffer erklärte diese Entwicklung mit einem generellen Rückgang familiärer Gewalt und einer neuen "Kultur des Hinschauens" an den Schulen.
Auch gebe es eine höhere Bereitschaft, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, was Gewalttäter abschrecke. Zudem habe auch die Akzeptanz von Gewalt unter den Schülern messbar abgenommen. Medienberichte über einen drastischen Anstieg der Jugendgewalt werden von den neuen Ergebnissen nicht gestützt, wie Pfeiffer sagte.
Ein Vergleich von acht Städten ergab, dass von 1998 bis heute die Quote der Jugendlichen, die im Jahr vor der Befragung mindestens eine Gewalttat begangen haben, in keiner Stadt gestiegen und zumeist sogar beträchtlich gesunken ist. Die Quote lag vor zehn Jahren zwischen 17,3 und 24,9 Prozent, in den Jahren 2005 bis 2008 aber nur noch zwischen 11,5 und 18,1 Prozent.
Die vorgestellten Zahlen sind Teil des Forschungsprojekts "Jugendliche in Deutschland als Täter und Opfer von Gewalt". Dafür wurden 2007 und 2008 in 61 Landkreisen und kreisfreien Städten fast 45.000 durchschnittlich 15 Jahre alte Schüler befragt worden. Zusätzlich wurden 8000 Viertklässler befragt. Der Abschlussbericht soll in der zweiten Hälfte dieses Jahres vorgelegt werden.
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