Die Schattenseiten des KI-Booms
Künstliche Intelligenz hat die Nachfrage nach strukturierten Daten gesteigert. In Ländern wie Kenia, Indien und Venezuela entstehen tausende prekäre Jobs
Wer die Suchmaschine Google nutzt, wird vermutlich schon mal über eines dieser nervigen Bilderrätsel gestolpert sein: Auf einem Foto, das in sechzehn quadratische Kacheln unterteilt ist, muss der Nutzer diejenigen auswählen, auf denen eine Ampel oder Kreuzung zu erkennen ist. Oder ein Zweirad. Mit diesen Captchas soll bewiesen werden, dass man ein Mensch und kein Roboter ist, der das Netz mit Suchanfragen flutet. Das Lösen von Bilderrätseln dient aber noch einem anderen Zweck: dem Training von Robotaxis der Google-Schwester Waymo.
Verschwendete Zeit oder unbezahlte Arbeit?
Ein Computer kann ein Stoppschild von einem Vorfahrtschild nicht unterscheiden. Er muss das aber lernen, wenn dereinst Roboterautos unfallfrei durch den Verkehr fahren sollen. Im Gegensatz zu einem Kleinkind, dem man ein paar Beispiele reichen, braucht ein Machine-Learning-Algorithmus sehr viel mehr Anschauungsmaterial, um eine Ampel oder Kreuzung zu erkennen: zigtausende Fotos, auf denen bereits draufsteht, was zu sehen ist. Diese Kennzeichnung von Daten, im Fachjargon Datenannotation genannt, erfolgt noch immer manuell. Zum Beispiel von Google-Nutzern, die ein blaues Häkchen an Kacheln mit Ampeln setzen und damit verhindern, dass das Waymo-Fahrzeug, Googles selbstfahrendes Auto, bei Rot über die Kreuzung fährt.
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