15. April 2015
CELLE. Behiye Uca, Kreistagsabgeordnete und Stadtratsmitglied und im Landesvorstand der Linkspartei, wünscht allen Eziden ein frohes und besinnliches Fest zum „Roten Mittwoch“ („Çarşema Sor“), der dieses Jahr auf den 15. April fällt und mit dem im religiösen Kalender der Eziden das neue Jahr beginnt. Der „rote Mittwoch“ ist nach êzîdîscher Mythologie der Tag, an dem die Schöpfung der Erde vollendet wurde: Die Sonnenstrahlen erreichten zum ersten Mal die Erde, so dass sich das Firmament rot färbte – daher der Name.
Das êzîdîsche Neujahr steht zudem im Zeichen des Tawisî Meleks, dem obersten Erzengel, der an diesem Tag zur Erde kommt und die Menschen für ihre guten Taten belohnt. Behiye Uca: „Die letzten Monate waren für die Ezidinnen und Eziden in der ganzen Welt sehr belastend. Der schreckliche Terror des sogenannten Islamischen Staates gegen die ezidische Minderheit im Irak hat viele unschuldige Opfer gefordert und viele Menschen tief traumatisiert. So können wir den Festtag nicht unbeschwert begehen. Aber wir gehen in das neue Jahr auch mit dem Wissen, dass wir in Deutschland von unseren Mitbürgern viel Solidarität erfahren haben.“
Zur Geschichte:
Das êzîdîsche Neujahr wird am ersten Mittwoch im April gefeiert,
was nach êzîdîschem Kalender stets auch der erste Tag im Monat April und des neuen Jahres ist. Da der êzîdîsche Kalender dem in Deutschland gültigen gregorianischen Kalender um 13 Tage nachgeht, wird das Neujahresfest am ersten Mittwoch im Monat April gefeiert, der zum oder nach dem 14. April im gregorianischen Kalender anfällt. Im Kurdischen heißt der Monat April „Nîsan“. Der erste Tag im Monat „Nîsan“ ist der „Çarşema sor“ („Roter Mittwoch“). Es ist nach êzîdîscher Mythologie der Tag, an dem die Schöpfung der Erde vollendet wurde: Die Sonnenstrahlen erreichten zum ersten Mal die Erde, sodass sich das Firmament rot färbte – daher auch der Name.
Desweiteren war es der Tag, an dem das Oberhaupt der êzîdischen Erzengel Tawisî Melek (dt. „Gottes Engel“) erstmals auf die Erde kam. Tawisî Melek ist der Mittelpunkt der 7 Erzengel, er repräsentiert also den Mittwoch, die Mitte der Woche bzw. die Mitte der sieben Erzengel. Der Mittwoch ist der Ruhetag der Êzîdî, ähnlich dem Sonntag für die Christen. Jedes Jahr, zu Çarşema Sor, kommt Tawisî Melek zur Erde um Glück und Segen für die Menschen zu bringen. Çarşema Sor steht im Zeichen des Neuanfanges, sowohl des Jahres als auch des Lebens.
Der April wird von Êzîden auch die „Braut des Jahres“ („Bûka salê“) genannt. Êzîden glauben, dass in diesem Monat die Engel heiraten. Deshalb ist es den Êzîdî untersagt, eine Hochzeit oder eine Verlobung zu feiern, denn dann findet die Heirat der Götter statt .An diesem Tag trifft der „Dîwan“ (dt. höchster heiliger Rat) zusammen, der auf Grundlage des vergangenen Jahresverlaufes das anstehende Jahr bestimmt. In diesem Dîwan sind die sieben Erzengel anwesend. Tawisî Meleks Aufgabe als oberster Emissär ist es, die Beschlüsse des Dîwans für das anstehende Jahr zu vollziehen.
Ein weiterer Brauch am Tag vor dem roten Mittwoch ist das Färben von Eiern, so wie es die Christen zu Ostern tun. Das Färben von Eiern ist êzîdîschen Ursprungs. Im Êzîdentum haben diese gefärbten Eier eine besondere Bedeutung. Sie stellen die Ur-Perle dar, aus dessen Explosion das gesamte Universum entstanden ist. Sie wird als „Dur” bezeichnet. Die gefärbten Eier erinnern an die Vollendung der irdischen Schöpfung und den damit einhergehenden Beginn des Lebens. Im Heiligtum Laliş werden am „roten Mittwoch“ die Kuppeln und Eingänge mit Tüchern in den Farben des roten Mittwochs geschmückt wie auch Bäume und Sträucher. Es kommen Êzîden, um sich gegenseitig zum neuen Jahr zu beglückwünschen. Ein Feqîr, ein frommer Würdenträger, bringt ein heiliges Feuer, das im Heiligtum entzündet wurde, zu den wartenden Êzîden. Diese versuchen einen Docht oder kleine Fackeln mit diesem heiligen Feuer zu entzünden und loben die Schöpfung Gottes.Die Würdenträger rezitieren am Eingang des Heiligtums Qewls. Am Abend des „roten Mittwochs“ flackern tausende von kleinen Dochten am Heiligtum. Im Andenken an die Schöpfung der Erde werden von êzîdîschen Würdenträgern in der Regel Armbänder, das sog. „Bazinbar“, geflochten und an die Êzîden verteilt.