Herbert Kickls Parallelgesellschaft
Der FPÖ-Chef verspricht Pressefreiheit, hat aber längst ein eigenes Medienuniversum geschaffen, das mit echtem Journalismus nichts zu tun hat
"Sehr geehrter Herr Chefredakteur", schreibt Parteichef Herbert Kickl auf rot-weiß-rotem FPÖ-Briefpapier. "Im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei Österreichs nach den Nationalratswahlen 2024 ist es mir ein Anliegen, Ihre Überlegungen in die Gestaltung politischer Konzepte maßgeblich einfließen zu lassen."
Das Schreiben bildet also eine Vorhut auf mehr. Österreichs Chefredakteure und Verleger haben in den vergangenen Tagen Post erhalten, mit dem für die FPÖ durchaus überraschenden Bekenntnis, dass "Freiheit und Unabhängigkeit der Medien die Garanten einer Berichterstattung" seien, "auf deren Kompetenz und investigative Kraft" die Bürger vertrauen könnten. Die FPÖ gibt plötzlich vor, sich Sorgen um die österreichische Medienlandschaft zu machen, dabei untergräbt sie unabhängigen Journalismus seit Jahren.
Wo der Angriff regiert
Es gibt nämlich längst ein eigenes Ökosystem an FPÖ-nahen Portalen und Social-Media-Kanälen, die so aussehen, als handle es sich um richtige TV-Nachrichtensendungen, Magazine oder Newsportale. Dort regiert der Angriff. Die Populismusnachrichten imitieren Journalismus und verbreiten nur Inhalte, die der FPÖ recht sind.
FPÖ TV als Parteimedium war der Anfang, inzwischen ist es eine Vielzahl an Telegram-Kanälen und ein ganzes Netzwerk an rechten Fake-Nachrichten-Webseiten. Sie alle eint, dass Hiobsbotschaften zu permanenten Bedrohungen an der Tagesordnung stehen. Vor allem von außen, von links, von überall. Kickl ist stets der Held, die ÖVP lügt, die SPÖ verfüttert aktuell angeblich Würmer an Kinder, der Islam ist mindestens so schlimm wie ÖVP und SPÖ zusammen.
Der FPÖ-Chef verspricht Pressefreiheit, hat aber längst ein eigenes Medienuniversum geschaffen, das mit echtem Journalismus nichts zu tun hat
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