Amoktat in Graz: Wenn Rechtsextreme über Leichen gehen
Ein FPÖ-Politiker missbraucht die furchtbare Amoktat von Graz, um die Abschiebung von Asylwerber*innen zu fordern, und Stefan Magnets AUF1 veröffentlichte Videos vom Tatort – Bilder von Leichnamen inklusive. Ein Blick in Abgründe.
Es war eine halbe Stunde nach den ersten Meldungen über die Amoktat in Graz, als Thomas Dim, FPÖ-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag, auf Facebook postete: „Ich wiederhole mich: Ein Land ohne Abschiebungen ist ein Land ohne Schutz.“ Dazu stellte er einen Screenshot aus der Kronen Zeitung: „COBRA IM EINSATZ – Amoklauf an Grazer Schule — mindestens fünf Tote!“
Damit nicht genug. Dim fügte einen Kommentar an: „Wenn man Kinder nicht mal mehr in die Schule schicken kann, ohne Angst zu haben, hat der Innenminister versagt. Es ist ein Wahnsinn, was mittlerweile in unserem Land abgeht.“ Dazu setzte er den Link zum Artikel der „Kronen Zeitung“.*
Nichts war noch bekannt über die Lage, über den Täter. Ausgelöschte Leben an einer Schule, die Dim dazu animierten, seine abscheuliche Hetze ins Internet zu stellen. Als durchsickerte, dass der Täter Österreicher war, tauschte Dim einfach seinen Text aus: „Furchtbar!“ war zu lesen. Auch seinen Kommentar änderte er ab: Er löschte den Text und beließ nur den Link zur „Kronen Zeitung“.
Als „Stoppt die Rechten“ erstmals einen Blick in Dims Facebook-Seite, auf der er fast 57.000 Follower versammelt, warf, war sein Hetz-Posting bereits 122-mal geteilt und 133-mal kommentiert worden.
„Danke dieser [Emojis] Regierung. Ich frage mich immer warum wir uns das Gefallen lassen. Wir müssen auf die Straße gehen. Gegen diese Sch.Regierung [Emojis]“
„Die haben schon lange versagt und schult nur der in der Hofburg„”
„Weiss man denn von Täter schon Identität?“ – „Mit Sicherheit ist es kein echter Österreicher [Emoji]“
„WO SIND DIE OMAS GEGEN RECHTS????WANN MASCHIEREN SIE????“ – „am besten wäre von der Demo gleich in die Psychiatrie“
„die steirische Regierung ist super macht und schaut das alles ins lot kommt die Gewalt nimmt immer mehr zu diese leute zurück in ihre Heimat diese leute haben hier nichts verloren es wird immer schlimmer“
„Dankeschön an die Regierung und Eu, toll habt ihr uns denn Terror ins Land geholt“
„Mit dieser Politik ist das erst der Anfang mit den Wahnsinnigen aber die Wähler haben ja richtig gewählt [Emojis]“
„Zurück mit dem Asylanten, wir brauchen sie nicht.“
Kommentare bei Thomas Diem (Auswahl Screenshots FB 10.6.25; zusammenmontiert SdR)
Kommentare bei Thomas Diem (Auswahl Screenshots FB 10.6.25; zusammenmontiert SdR)
Als der Vizebürgermeister von Ried, Peter Stummer, den von „Stoppt die Rechten“ angefertigten Screenshot von Dims Posting selbst auf Facebook stellte und dazu schrieb, „Lieber Thomas Dim du lässt mich sprachlos zurück! Nicht einmal in dieser schweren Stunde könnt ihr es lassen.……“, kommentierte Dim: „Und du glaubst, dass diese Facebook-Manipulation wirklich von mir kommt
Echt traurig“
Als Dim die Variante mit der Facebook-Manipulation nicht mehr aufrechterhalten konnte, erklärte er den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (11.6.15), „dass er dieses nicht verfasst habe. Dieses sei ohne Rücksprache von einem Mitarbeiter online gestellt worden. (…) Hinter besagtem Mitarbeiter stehe er weiterhin: ‚Fehler passieren. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen.‘“
Hetze und Rassismus sind jedoch keine bloßen „Fehler“, sie sind eine Charaktereigenschaft, eine erbärmliche. Irgendwann löschte Dim sein Posting. Nun prangt sein Eintrag entgegen, den er einige Stunden vor Bekanntwerden der Tragödie in Graz abgesetzt hatte. „Solange jeden Tag Asylwerber kommen und praktisch keine abgeschoben werden, braucht die Bundesregierung nicht von ‚Rückgang der illegalen Migration‘ schwafeln.“ Dim sollte als Politiker auch nicht mehr „schwafeln“ dürfen – ein Rücktritt ist die einzige angemessene Reaktion.
Stefan Magnet – „abstoßend wie derzeit kein anderer“
Früh meldete sich Stefan Magnet mit seiner rechtsextreme Schlamm-Schleuder AUF1 zu den Ereignissen in Graz – mit mehreren Videos vom Tatort, in denen die Schüsse zu hören und flüchtende Schüler*innen zu sehen sind. Es folgte noch ein Video, auf dem zugedeckte Leichname zu sehen sind. Die „Tagespresse“ (11.6.25) schildert und kommentiert in angemessener Weise, den Ablauf.
Der Amoklauf in Graz mit zehn Toten schockiert ganz Österreich. Ganz Österreich? Nein: ein kleines Medium aus Oberösterreich missbraucht die Tragödie, um Klicks und Spenden mit dem Leid von Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften und den Angehörigen zu generieren. (…) Geleitet wird das Medium von Stefan Magnet. Der Mann, der so klingt wie ein Tom-Turbo-Bösewicht, ist ein oberösterreichischer Incel aus dem rechtsextremen Milieu. (…) Wie sein Nachname suggeriert, zieht AUF1-Chefredakteur Magnet Kontroversen förmlich an, ist aber gleichzeitig so abstoßend wie derzeit kein anderer österreichischer Medienmacher – im Land der Fellners und Dichands eine außergewöhnliche Leistung, die es anzuerkennen gilt.
Der Boulevard – oe24, „Heute“ und die „Kronen Zeitung“ – übernahmen die Videos teilweise, die deutsche „Bild“ übertraf jedoch alle, wie „Correctiv“ in seinem Newsletter berichtet: