DIE FALLE SCHNAPPT ZU"Österreich ist frei" schrieb jemand auf Facebook, nachdem klar war, dass die FPÖ-Minister geschlossen ihre Regierungssitze räumen würden. Ich verstehe das Motiv, das hinter dieser Botschaft steht, ich kann auf jeden Fall die Erleichterung darüber teilen, dass unsägliche Gestalten keine Umgestaltungsmöglichkeiten mehr haben. Aber das ändert nichts daran, dass dieser Satz grober Unfug ist.
Österreich war nicht besetzt, sondern kein kleiner Teil der Österreicher wollte, dass es genauso ist, wie es bis zur Veröffentlichung des Videos war. Und all diese Leute jetzt als grenzdebile Vollpfosten zu brandmarken, nur weil darunter tatsächlich nicht wenige mit einem IQ zwischen Flussspat und Latschenkiefer sind, wäre falsch und auf fatale Weise fahrlässig. Genauso fahrlässig übrigens, wie die Gefährlichkeit jener zu unterschätzen, die in holprigen Worten, aber mit klarer Botschaft Andersdenkende ohne die geringsten Skrupel bedroht haben und weiter bedrohen.
Denn dann täte man, was man in diesem Land ohnehin viel zu gut kann: Verdrängen.
Verdrängen, dass eine seit vielen Jahrzehnten fast schon in der DNA etablierte falsche Opferrolle jeden Zugang zur Wirklichkeit verhindert. Wenn der Herr aus Ibiza nach dem Auffliegen seines unfassbaren Treibens von den Seinen auch noch Zuspruch erfährt, liegt dem viel mehr zugrunde, als dass der Biedermann den Gauner immer schon auch ein bisserl bewundert hat. Wer will sich denn ernsthaft wundern, dass man dem HC nicht gram ist in einem Land, in dem über Jahrzehnte viele geraunt haben, dass unter Hitler nicht alles schlecht war. In einem Land, in dem nur 30 Jahre nach dem Holocaust ein jüdischer Kanzler einen SSler in die Regierung geholt und damit jedem Wertekompass quasi von höchster Stelle sanktioniert irres Kreisen erlaubt hat.
Wer wirklich glaubt, dass es die FPÖ jetzt zerbröseln wird, hat weder die FPÖ, noch die österreichische Bevölkerung verstanden. Denn letztere lebt zu gar keinem so kleinen Teil, was erstere in politisches Treiben übersetzt. Laut posaunen, wie alles gehört, das Gegenteil davon tun, bei sich selbst alle Augen zudrücken und notfalls alles, was sich nicht ganz so leicht entschuldigen lässt, auf andere und/oder den Alkohol schieben - das hat in diesem Land Methode und ist gesellschaftsfähig. Wundert sich immer noch irgendwer über die "Verteidigungs"-Strategie der Ertappten und darüber, wie gut sie bei gar nicht so wenigen ankommt? Man kann sich nicht nur immer noch, sondern tatsächlich "Jetzt erst recht" gut aufgehoben fühlen bei diesen Herrschaften.
Das Gefährliche daran ist, dass dies auch der aalglatte Kanzler begriffen hat und sich von Beginn der Affäre an sofort in die Rolle des getäuschten, verratenen, viel zu lange duldenden Opfers geglitscht hat. Die Seinen werden auch ihm glauben und die Falle wird zuschnappen.
Und Österreich wird nicht frei sein, sondern frei bleiben. Frei von Erkenntnis und Lernfähigkeit. Ein Opfer halt.