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Streit um die Ägäis: Wem gehört das Mittelmeer?
Der Streit zwischen Griechenland und der Türkei um die Ägäis droht zu eskalieren. Aber wem gehört nun das östliche Mittelmeer?
www.lto.de
Streit um die Ägäis: Wem gehört das Mittelmeer?
Der Streit zwischen Griechenland und der Türkei um die Ägäis droht zu eskalieren. Aber wem gehört nun das östliche Mittelmeer?
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Griechisches Küstenmeer mit begrenzter Reichweite
Da Gebietsansprüche zur See von der Herrschaft über die Küste abhängen, kann Griechenland daher auch große Teile des ägäischen Meeres für sich beanspruchen. Darüber, wie weit diese Ansprüche reichen, streiten die beiden Staaten bis heute.
Das moderne Seerecht kennt unterschiedliche Seegebiete, die jeweils unterschiedlichen Regelungen unterliegen. Darunter ist das Küstenmeer, das zum Staatsgebiet gehört ("Territorialgewässer") und aus dem der Küstenstaat andere Staaten nahezu vollständig ausschließen kann. Nach der historischen "Kanonenschussregel" durfte es eine Breite von 3 Seemeilen (sm) nicht überschreiten. Mit dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 (SRÜ) wurde dieses Höchstmaß auf 12 sm verbreitert. Wie breit der beanspruchte Streifen tatsächlich ist, bleibt den Staaten überlassen.
Obwohl Griechenland Vertragspartei des SRÜ ist, hat es sein Küstenmeer bislang lediglich auf 6 sm Breite ausgedehnt. Erst kürzlich hat es seine westliche Grenze verschoben: Im Italien zugewandten Ionischen Meer beansprucht Griechenland nunmehr 12 sm Küstenmeer. Die Grenzen in der Ägäis blieben hingegen unverändert.
Die Türkei hat 1982 gegen die Annahme des SRÜ gestimmt und ist bis heute nicht Vertragspartei. Sie ist daher nicht an das Abkommen gebunden und hat wiederholt betont, dass die Anwendung der 12-Meilen-Regel in der Ägäis als Kriegsgrund betrachtet würde.
Gewohnheitsrecht erlaubt breite Küstenstreifen
Neben Verträgen besteht das Völkerrecht aber auch aus Gewohnheitsrecht. Daran ist die Türkei gebunden. Heute ist anerkannt, dass die 12-Meilen-Regel Teil dieses Gewohnheitsrechts ist. Zudem beruft sich die Türkei mit ihrer 12-Meilen-Zone im Schwarzen Meer selbst darauf.
Entscheidet Griechenland, auch in der Ägäis 12 sm zu beanspruchen, wird die Türkei dem kaum etwas entgegensetzen können. Sie könnte allenfalls versuchen, entgegenstehendes regionales Völkergewohnheitsrecht nachzuweisen. Einfach wäre das nicht.
Brisant wird die Frage durch die vielen griechischen Inseln. Denn laut SRÜ kann ein Staat nicht nur für das Festland, sondern auch für Inseln Küstenmeer beanspruchen. Griechenland hat in der Folge bereits viel Küstenmeer in der Ägäis. In diesen Gebieten hat die Türkei lediglich das Recht auf friedliche Durchfahrt. Die Suche nach oder gar die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen sind ausgeschlossen.
Die Möglichkeit einer ausschließlichen Wirtschaftszone
Doch auch über ihre Territorialgewässer hinaus dürfen die Staaten Rechte an den Seegebieten geltend machen, die ihren Küsten vorgelagert sind. Da wäre zunächst die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ). Laut SRÜ darf sie von der Küste aus bis zu 200 sm ins Meer reichen. Zwar haben alle Staaten dort weitgehende Durchfahrtsrechte. Die wirtschaftliche Nutzung steht jedoch weitgehend dem Küstenstaat zu.
Bewohnbare Inseln haben nicht nur eigene Territorialgewässer, sondern verfügen auch über eine AWZ. Griechenland könnte daher den Großteil der Ägäis als AWZ beanspruchen. Da die Türkei im Schwarzen Meer eine AWZ beansprucht, erkennt sie auch diese Regel dem Grunde nach an. Zudem ist AWZ nach Auffassung des Internationalen Gerichtshofes (IGH) Bestandteil des Gewohnheitsrechts.
Griechenland führt oder führte mit Ägypten, Albanien, Israel und Italien Verhandlungen über eine Abgrenzung der jeweiligen Wirtschaftszonen. Sind diese Ansprüche wirksam, kommt es auf eine Abgrenzung mit dem Festlandsockel an.