GLOBAL-NETWORK
AKA GOTT
Europa und seine Doppelmoral
Erdogan und die Flüchtlinge
Moralischer Angriff auf Europa
Stand: 04.09.2015 14:11
Die Türkei hat zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Deutlich mehr als die EU, sagt Präsidenten Erdogan - und greift Europa hart an. Dort fehle es an Mitgefühl. Die EU-Staaten hätten die ertrunkenen Flüchtlinge auf dem Gewissen.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Mit harschen Worten hat Recep Tayyip Erdogan die Flüchtlingspolitik Europas gegeißelt: "Ich stelle mit Bedauern fest, dass der Westen nicht in nötigem Maß Mitgefühl für diese Menschen aufbringt", sagte der türkische Präsident.
Auslöser war das Foto des ertrunkenen Jungen Aylan Kurdi. Der Dreijährige war am Mittwoch tot an einem Strand nahe dem Ferienzentrum Bodrum gefunden worden. "Es ist nicht nur der Flüchtling, der im Mittelmeer ertrinkt, sondern die Menschlichkeit."
Erdogan: Europa hat die Toten auf dem Gewissen
Mehr als 2300 Menschen sind nach UN-Angaben in diesem Jahr im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa ertrunken. "Die europäischen Staaten, die es zugelassen haben, dass aus dem Mittelmeer ein Grab für Flüchtlinge wird, haben jeden einzelnen Flüchtling, der sein Leben verliert, auf dem Gewissen", sagte Erdogan.
In der Türkei würden gegenwärtig 275.000 Flüchtlinge in Lagern leben, wo sie versorgt würden. Bürger und Nichtregierungsorganisationen kümmerten sich um viele Flüchtlinge außerhalb der Lager.
![](http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/refugees-107~_v-teaserM.jpg)
Zwei Millionen gegen 200.000
"Wissen sie, wie viele Flüchtlinge die EU-Staaten, die über weit mehr Mittel als die Türkei verfügen, bislang aufgenommen haben? Circa 200.000. Wir beherbergen mehr als zwei Millionen Flüchtlinge", sagte Erdogan.
Wenn die Zahlen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière stimmen, werden allein in diesem Jahr gut 800.000 Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschlandkommen. Viele stammen vom Westbalkan. Präsident Erdogans Augenmerk richtet sich aber im Wesentlichen auf Länder im Nahen Osten.
Dass sich manche EU-Staaten gegen die Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen aussprechen, erregt des Präsidenten Zorn und Unverständnis. "Wir nehmen alle auf: Jesiden, Araber, Schiiten, Sunniten, Kurden. Wir haben niemanden abgewiesen. Und wir unterstützen diese Menschen wie und wo immer wir können", behauptet er. Die türkischen Grenzen sollen auch weiterhin für Flüchtlinge offen bleiben, gelobte der 61-Jährige.
"Weil es um Muslime geht, tut keiner was"
Bei seinen Anhängern findet er dafür Zustimmung. "Alle Länder sollten sich dieser Flüchtlinge gemeinsam annehmen. Sie sollten für sie einstehen und die Vereinten Nationen sollten die führende Rolle spielen", meint Recep Kose. Wenn es im Tiere ginge, lamentiert Fatih Kocaisik, wäre längst eine Lösung da. Dann setzt er nach. "Weil es um Muslime geht, tut keiner was. Die Christen sollten sich mal hinterfragen. Sie sollten sich fragen, was Muslime tun würden, wenn ihre Kinder umkämen."
Beurteilung und Einteilung nach Religion ist kein Alleinstellungsmerkmal von IS-Terroristen und Extremisten. Es findet bedauerlicherweise auch zunehmend in Teilen Europas und in der Türkei statt.
Dieser Beitrag lief am 04. September 2015 um 13:23 Uhr im Deutschlandfunk.
![ankara-111~_v-modPremium.jpg](http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/ankara-111~_v-modPremium.jpg)
Erdogan und die Flüchtlinge
Moralischer Angriff auf Europa
Stand: 04.09.2015 14:11
Die Türkei hat zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Deutlich mehr als die EU, sagt Präsidenten Erdogan - und greift Europa hart an. Dort fehle es an Mitgefühl. Die EU-Staaten hätten die ertrunkenen Flüchtlinge auf dem Gewissen.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Mit harschen Worten hat Recep Tayyip Erdogan die Flüchtlingspolitik Europas gegeißelt: "Ich stelle mit Bedauern fest, dass der Westen nicht in nötigem Maß Mitgefühl für diese Menschen aufbringt", sagte der türkische Präsident.
Auslöser war das Foto des ertrunkenen Jungen Aylan Kurdi. Der Dreijährige war am Mittwoch tot an einem Strand nahe dem Ferienzentrum Bodrum gefunden worden. "Es ist nicht nur der Flüchtling, der im Mittelmeer ertrinkt, sondern die Menschlichkeit."
Erdogan: Europa hat die Toten auf dem Gewissen
Mehr als 2300 Menschen sind nach UN-Angaben in diesem Jahr im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa ertrunken. "Die europäischen Staaten, die es zugelassen haben, dass aus dem Mittelmeer ein Grab für Flüchtlinge wird, haben jeden einzelnen Flüchtling, der sein Leben verliert, auf dem Gewissen", sagte Erdogan.
In der Türkei würden gegenwärtig 275.000 Flüchtlinge in Lagern leben, wo sie versorgt würden. Bürger und Nichtregierungsorganisationen kümmerten sich um viele Flüchtlinge außerhalb der Lager.
![](http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/refugees-107~_v-teaserM.jpg)
Zwei Millionen gegen 200.000
"Wissen sie, wie viele Flüchtlinge die EU-Staaten, die über weit mehr Mittel als die Türkei verfügen, bislang aufgenommen haben? Circa 200.000. Wir beherbergen mehr als zwei Millionen Flüchtlinge", sagte Erdogan.
Wenn die Zahlen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière stimmen, werden allein in diesem Jahr gut 800.000 Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschlandkommen. Viele stammen vom Westbalkan. Präsident Erdogans Augenmerk richtet sich aber im Wesentlichen auf Länder im Nahen Osten.
Dass sich manche EU-Staaten gegen die Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen aussprechen, erregt des Präsidenten Zorn und Unverständnis. "Wir nehmen alle auf: Jesiden, Araber, Schiiten, Sunniten, Kurden. Wir haben niemanden abgewiesen. Und wir unterstützen diese Menschen wie und wo immer wir können", behauptet er. Die türkischen Grenzen sollen auch weiterhin für Flüchtlinge offen bleiben, gelobte der 61-Jährige.
"Weil es um Muslime geht, tut keiner was"
Bei seinen Anhängern findet er dafür Zustimmung. "Alle Länder sollten sich dieser Flüchtlinge gemeinsam annehmen. Sie sollten für sie einstehen und die Vereinten Nationen sollten die führende Rolle spielen", meint Recep Kose. Wenn es im Tiere ginge, lamentiert Fatih Kocaisik, wäre längst eine Lösung da. Dann setzt er nach. "Weil es um Muslime geht, tut keiner was. Die Christen sollten sich mal hinterfragen. Sie sollten sich fragen, was Muslime tun würden, wenn ihre Kinder umkämen."
Beurteilung und Einteilung nach Religion ist kein Alleinstellungsmerkmal von IS-Terroristen und Extremisten. Es findet bedauerlicherweise auch zunehmend in Teilen Europas und in der Türkei statt.
Dieser Beitrag lief am 04. September 2015 um 13:23 Uhr im Deutschlandfunk.