Ich öffne in Erwartung eines spröden Zahlenwerks den eigentlichen
Erntebericht und muss feststellen, dass hier der richtige Katastrophenspirit nicht weniger deutlich zum Ausdruck kommt als in den Zitaten des grünen Ministers himself. Während auf dem Deckblatt noch schlicht steht „Erntebericht 2022. Mengen und Preise“, ist Seite eins schon wieder mit „Licht und Schatten: Ernte im Zeichen der Klimakrise“ überschrieben. Die Rede ist von „schweißtreibenden Bedingungen“, von Wintergetreide und Raps, die „Hitze und Trockenheit im Frühsommer trotzen“ konnten, von „Veränderungen“, die „regelrecht mit den Händen zu greifen“ seien, von „Wald- und Feldbränden“, die „Schlagzeilen“ machten, von „schier endlosen Hitzeperioden“ und dann einem „schlagartigen Wetterumschwung“, von einem „Alarmzustand“, von „Treibhausgasemissionen, die die Klimakrise befeuern“, und natürlich alle paar Meter von der „Klimakrise“ (die „nicht an Ländergrenzen haltmacht“).
Aber – so heißt es am Ende der Einleitung – es gelte auch „positive Entwicklungen hervorzuheben: „Der Bio-Anbau von Gemüse nimmt deutlich zu: Im Vergleich zu 2020 stieg die Erntemenge auf ökologisch bewirtschafteten Flächen im letzten Jahr um 18 Prozent; im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020 sogar um 47 Prozent.
Na immerhin. Dem Biogemüse scheint die Jahrtausenddürre zu behagen. Wie steht es um das andere Zeugs, Getreide und so?
- Die Getreideernte insgesamt (ohne Körnermais) fällt in diesem Jahr um 4,8 Prozent höher aus als im Vorjahr.
- Schlecht sieht es beim Mais aus: Nach bisherigen, noch mit recht großer Unsicherheit behafteten Schätzungen ist mit 21,5 Prozent weniger als im Vorjahr zu rechnen.
- Insgesamt wird beim Getreide (inkl. Körnermais) dennoch mit einem Anstieg von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gerechnet.
- Beim Raps beträgt das Plus satte 22,3 Prozent.
- Bei Äpfeln wird ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartet.
- Die Kirschenernte 2022 fällt erheblich besser aus als im verregneten Vorjahr. Erwartet wird ein Zuwachs in Höhe von 42,6 Prozent.
- Die Pflaumen- und Zwetschenernte soll 17 Prozent mehr bringen als im Vorjahr.
- Aber beim Hopfen – da müssen Bierfreunde jetzt tapfer sein – wird mit starkem Rückgang von rund 25 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2021 gerechnet.
- Bei der Kartoffel weiß man es noch nicht so genau: Die August-Prognose der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission geht für Deutschland von einem Hektarertrag von 40 Tonnen aus; das wäre ein Rückgang um 8,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr und um 3,6 Prozent gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt.
- Bei der Zuckerrübe ist es „für belastbare Ertragsprognosen derzeit noch zu früh“.
- Die Daten zur Gemüseernte 2022 werden im Rahmen der Gemüseerhebung ermittelt, die in der zweiten Jahreshälfte durchgeführt wird. Ergebnisse liegen dann im Folgejahr, für das Erntejahr 2022 im ersten Halbjahr 2023 vor. Nur für Spargel gibt es schon Zahlen. Verzeichnet wird ein Rückgang um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr (bei um vier Prozent reduzierter Anbaufläche)
Weiterhin erfreulich: Offenbar ist es sehr gut gelungen, auf die Ausfälle von Weizen aus der Ukraine zu reagieren: „Die Anbaufläche von Sommerweizen wurde gegenüber dem Vorjahr um fast 70 Prozent ausgedehnt und beläuft sich auf rund 52.000 Hektar. Mit rund 55 Dezitonnen pro Hektar wird auch ein höherer Flächenertrag festgestellt. Infolge höherer Anbauflächen und höherer Flächenerträge liegt die Erntemenge mit rund 286.100 Tonnen deutlich über dem Niveau des Vorjahres (+81,2 Prozent) wie auch des mehrjährigen Durchschnitts (+10,9 Prozent)“, lesen wir auf Seite 16. Wir erfahren im Erntebericht auch etwas über die globalen Erträge. Demnach verzeichnen wir laut Weltgetreidebilanz im Jahr mit der schlimmsten Dürre seit 500 Jahren Rekordernten beim Weizen, beim Getreide insgesamt, und auch beim Mais. (Seite 12).