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Nachrichten aus Rumänien

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Wem gehört Jidova? Wissenschaft, Antisemitismus und nationale Identität
Juden, Tataren oder Riesen? Eine akademische Debatte in Rumänien im 19. Jahrhundert und ihre politischen Folgen

Andreea Kaltenbrunner zeichnet in diesem Gastblogbeitrag nach, wie sich eine wissenschaftliche Auseinandersetzung um den Ortsnamen "Jidova" zu einem Stellvertreterkonflikt über nationale Identität und jüdische Emanzipation im modernen Rumänien entwickelte.

Mit der Veröffentlichung der ersten geografischen Wörterbücher Rumäniens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde erstmals deutlich, dass es im Land mehrere Orte gab, deren Namen auf eine jüdische Vergangenheit hinzuweisen schienen: Jideni, Jidești, Jidoșița usw.1 Auffällig war dabei, dass die Mehrheit dieser Orte nicht in der Moldau lag, dem Zentrum jüdischen Lebens in Rumänien, sondern in der Walachei. Die Ortsnamen deuteten auf lange historische Kontakte hin – ein Befund, der dem nationalistischen Diskurs widersprach, welcher Juden meistens als rezente Migranten darstellte.

Die geografische Erschließung des Landes erfolgte im Kontext der Entstehung des Nationalstaats nach der Vereinigung der Moldau und der Walachei 1859. Sie stand zudem im Zusammenhang mit der ersten Verfassung Rumäniens 1866, die intensive Debatten über die Einbürgerung der jüdischen Bevölkerung auslöste. Während Juden im Verlauf des 19. Jahrhunderts in vielen westeuropäischen Ländern schrittweise Emanzipationsrechte erhielten, erwartete man auch von Rumänien – das nach dem Zarenreich, dem Habsburgerreich und Deutschland die drittgrößte jüdische Bevölkerung Europas aufwies und den Anspruch erhob, zu den modernen Nationalstaaten zu gehören, ähnliche Schritte.

 
Vom Schauerroman zur Staatslegende: Wie Dracula Rumäne wurde
Warum ein Vampir die rumänische Identität prägte – und wie Tourismus, Ceaușescu und Filmgeschichte den Mythos formten

Im Gastblogbeitrag schreibt Florian Kührer-Wielach, wie aus Bram Stokers viktorianischer Schauerfigur durch Umwege, Missverständnisse und staatlich gelenkten Tourismus das nationale und touristische Vampir-Image Rumäniens wurde.

Francis Ford Coppolas 1992 veröffentlichter Film "Bram Stoker's Dracula" beginnt mit einer Rückblende ins Jahr 1462: Der Fürst der Walachei, Vlad III., genannt Țepeș (Pfähler), ist in den Krieg gegen die Osmanen gezogen. Während der von Gary Oldman verkörperte Woiwode Vlad sich nach erfolgreich geschlagener Schlacht auf den Weg nach Hause macht, erhält seine auf ihn wartende Gemahlin (verkörpert von Winona Ryder) eine fingierte Nachricht, die vom vermeintlichen Tod ihres Gatten berichtet. Verzweifelt begeht sie Selbstmord.

Als Vlad zurückkehrt und vom Tod seiner Frau erfährt, sagt er sich (in sehr gutem Rumänisch) von Kirche und Glaube los und schwört Rache. Wütend schändet er sakrale Gegenstände, die Hauskapelle wird daraufhin mit Blut geflutet. Von dem trinkt der verzweifelte Vlad und wird somit zum ewigen Untod verdammt.

Dracula und sein vermeintlicher Vorfahre Vlad Țepeș
Diese Szenen fügen sich derartig logisch in das weitere filmische Geschehen, dass man annehmen könnte, die Mutation vom walachischen Woiwoden zum transsilvanischen Grafen sei ein integraler Bestandteil der Dracula-Story. Doch eigentlich findet die Symbiose zwischen dem historischen Walachenfürsten und Bram Stokers transsilvanischem Literaturgeschöpf aus dem Jahr 1897 nur sehr zögerlich und über Umwege statt.

 
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