PROPAGANDAVEHIKEL
Telegram, das "letzte Fenster nach Moskau", genutzt von Propagandisten und Regimekritikern
Eine neue Studie zeigt, wie der Kreml Telegram intensiv für seine Kriegsziele nutzt, nachdem man es noch vor wenigen Jahren sperren wollte
Fremddiagnosen sind ohnehin schwierig, moderne Kommunikationswege und Social Media lassen Menschen aber bisweilen näher zusammenrücken. So sind Eindrücke in scheinbar verschlossene Gesellschaften möglich. Seit Russland infolge seiner Vollinvasion der Ukraine westliche (soziale) Medien im Land großteils verbannt hat und auch die EU oder die USA den russischen medialen Propagandaversuchen Einhalt zu gebieten versuchen, wurde dies zweifelsfrei schwieriger. Mit sinkender Wichtigkeit von X (vormals Twitter), Facebook, Instagram, dem russischen VKontakte und Co hat sich in den vergangenen Jahren vor allem eine Plattform als für den Krieg relevanteste Plattform herauskristallisiert: Telegram.
Der 2013 auf den Markt gekommene, in Russland entwickelte Messengerdienst mit aktuellem Firmensitz in Dubai, erfreut sich freilich nicht erst seit der russischen Vollinvasion großer Beliebtheit. Vor allem bei regimefreundlichen Stimmen war seither aber ein großer Zuwachs zu beobachten. Nachdem man anfangs noch versucht hatte, Telegram überhaupt zu verbannen, haben der russische Staat und seine Unterstützer ihre Bemühungen, auf dem Messengerdienst zu punkten, intensiviert – und seit rund drei Jahren auch professionalisiert. 75 Millionen User lesen in Russland mit, 700.000 Kanäle produzieren Inhalte. Jeder zweite russische User folgt politischen Kanälen auf der Plattform, jede Dritte einem Account mit direktem Bezug zum Krieg. Die Kreml-nahen Medien zitieren Telegramkanäle mittlerweile regelmäßig. Die Zahl jener Menschen, die ihre News aus Telegram beziehen, hat die Zahl jener, die Nachrichten über Newsseiten konsumieren, mittlerweile eingeholt.
Eine neue Studie zeigt, wie der Kreml Telegram intensiv für seine Kriegsziele nutzt, nachdem man es noch vor wenigen Jahren sperren wollte
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