Damien
Ultra-Poster
Nach neun Jahren Pause: Moskaus Oberbürgermeister wird wieder vom Volk gewählt
Millionen Russen werden am kommenden Sonntag bei den landesweiten Kommunalwahlen ihre Stimmzettel abgeben.
Im Mittelpunkt steht natürlich das Rennen um das Moskauer Oberbürgermeisteramt zwischen Amtsinhaber Sergej Sobjanin und dem bekannten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.
Laut Prognosen wird der als Putin-Vertrauter geltende Sobjanin überzeugend gewinnen. Dennoch glauben viele Experten, dass das Wahlergebnis Nawalnys die Unzufriedenheit der Moskauer mit Staatsoberhaupt Putin und seiner Politik deutlich zeigen wird.
„Viele Wähler, die gegen Sobjanin stimmen, werden nicht die Moskauer Stadtregierung bzw. den Bürgermeister, sondern vielmehr die Politik des föderalen Machtzentrums verurteilen“, sagte der Leiter des Zentrums für politische Technologien, Boris Makarenko. „Die im Kreml von allen Seiten eingehenden Signale zeugen davon, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung den politischen Kurs des Präsidenten nicht gefallen lässt.“
Nawalny ist nicht zufällig zur Oberbürgermeisterwahl zugelassen worden. Die Experten sind sich einig, dass die Behörden um jeden Preis die Legitimität der Abstimmung in Moskau sichern wollen, nachdem Zehntausende Menschen nach der Parlamentswahl 2011 und der Präsidentschaftswahl 2012 wegen angeblicher Wahlmanipulationen zu Gunsten Putins und seiner Gefolgschaft auf die Straße gegangen waren.
„Diese Wahl soll ein Ende der Proteste signalisieren, indem sie zeigt, dass die Regierung der Stadt, die zum Epizentrum der Protestbewegung wurde, in einer fairen Auseinandersetzung siegen kann“, so der Politologe Nikolai Petrow. „Die Wahl wird zeigen, dass der Kreml die Wahl nicht nur einfach gewinnen kann, sondern mit absoluter Mehrheit.“
Neben Moskau werden die Leiter von sieben weiteren Föderationssubjekten gewählt, darunter im Gebiet Moskau und in den nordkaukasischen Teilrepubliken Inguschetien und Dagestan, wo die Situation weiter instabil ist.
Die direkten Gouverneurswahlen waren auf Initiative Präsident Putins nach der tragischen Massengeiselnahme in einer Schule in der nordossetischen Stadt Beslan im September 2004 abgeschafft worden. Damals wollte das Machtzentrum in Moskau mit dieser Maßnahme die Regionen besser kontrollieren können. Seitdem mussten die Regionalparlamente vom Kreml vorgeschlagene Kandidaten zu ihren Oberhäuptern wählen. Auf diese Weise kam auch Sobjanin im Herbst 2010 in Moskau an die Macht.
2012 wurden die direkten Gouverneurswahlen wiedereingeführt - ausgenommen Dagestan und Inguschetien, die diese Möglichkeit abgelehnt haben. Laut einem im April verabschiedeten Gesetz haben die Regionalparlamente das Recht auf die Wahl regionaler Oberhäupter behalten, falls die Behörden befürchten, dass Direktwahlen die Situation destabilisieren könnten.
Moskau im Mittelpunkt
Die Ansetzung der OB-Wahl in Moskau kam etwas überraschend. Obwohl Sobjanins Amtszeit erst in zwei Jahren endet, trat er im Juni zurück und erklärte sich bereit, bei einer direkten Abstimmung zum Bürgermeister gewählt zu werden.
„Die Moskauer wollen, dass die Wahl jetzt stattfindet und nicht in zwei oder drei Jahren“, sagte Sobjanin Ende August in einem Interview für den Rundfunksender „Echo Moskaus“. „Ich sehe ein, dass man mich für einen Feigling halten könnte, wenn ich immer wieder auf gewisse objektive Gründe verweisen würde.“
Da seine Entscheidung für seine möglichen Herausforderer unerwartet kam, hatten sie kaum Zeit für einen umfassenden Wahlkampf, so dass Sobjanins Wahlsieg bereits feststeht. Laut Umfragen sowohl staatlicher als auch unabhängiger Meinungsforschungsinstitute kann der Amtsinhaber mit mehr als 50 Prozent der Stimmen rechnen.
Sein einziger ernstzunehmender Herausforderer ist Alexej Nawalny. Ihm gelang es als einzigem, einen Wahlkampf nach westlichem Vorbild auf die Beine zu stellen. Er gilt als Galionsfigur der Moskauer Protestbewegung. Die Behörden gaben sich viel Mühe, um seine Wahlbeteiligung zu ermöglichen.
Denn im Juli wurde Nawalny wegen Betrugs und Veruntreuung zu einer Haftstrafe verurteilt. Einen Tag später wurde er nach seinem Einspruch aber wieder freigelassen.
„Dass Nawalny zur Bürgermeisterwahl zugelassen wurde, zeugt von den Bemühungen des Kremls um die Legitimität der Macht“, sagte der Leiter des Zentrums für Medienforschungen UNIC, Alexander Morosow, der Agentur RIA Novosti. Wenn Wahlfälschungen unterbunden und Wahlbeobachter am Wahltag nicht aus Wahllokalen vertrieben werden, werde das „ein wichtiger Schritt zu fairen Wahlen sein“, ergänzte er.
Viele Experten sind sich einig, dass der Wahlkampf in Moskau zum allmählichen Ende der Protestbewegung beitragen und zeigen könnte, dass die Opposition nicht in der Lage ist, selbst „faire“ Wahlen zu gewinnen.
Diese Idee hatte Putin im Sommer 2012 zum Ausdruck gebracht. Bei einem Treffen mit Aktivisten einer Kreml-treuen Jugendbewegung erläuterte er, dass die abgeschwächten Anforderungen an die Parteien im Vorfeld der Wahlen zeigen sollten, dass die außerparlamentarischen politischen Organisationen „vom Volk nicht unterstützt werden“.
Vor den Protesten von Ende 2011 bzw. Anfang 2012, die Nawalny unmittelbar vorbereitete, war der Enthüllungsblogger und Kämpfer gegen die Korruption kaum bekannt gewesen. Seitdem hat sich die Situation aber sehr verändert.
In einem TV-Interview in der vergangenen Woche musste Putin Nawalny beim Namen nennen. Er stellte allerdings Nawalnys politische Kompetenz in Frage. „Das ohnehin populäre Thema Korruptionsbekämpfung aufzuwerfen, heißt noch nicht, eine Stadt mit zwölf Millionen Einwohnern regieren zu können“, betonte der Kreml-Chef.
Obwohl Nawalny die Moskauer Protestbewegung verkörpert, könnte er nach der Bürgermeisterwahl an Popularität einbüßen und im Gefängnis landen. Falls sein Schuldspruch bestätigt wird, darf er nie mehr an Wahlen teilnehmen und damit keinerlei Ämter bekleiden.
Nach neun Jahren Pause: Moskaus Oberbürgermeister wird wieder vom Volk gewählt | Russland | RIA Novosti
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Millionen Russen werden am kommenden Sonntag bei den landesweiten Kommunalwahlen ihre Stimmzettel abgeben.
Im Mittelpunkt steht natürlich das Rennen um das Moskauer Oberbürgermeisteramt zwischen Amtsinhaber Sergej Sobjanin und dem bekannten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.
Laut Prognosen wird der als Putin-Vertrauter geltende Sobjanin überzeugend gewinnen. Dennoch glauben viele Experten, dass das Wahlergebnis Nawalnys die Unzufriedenheit der Moskauer mit Staatsoberhaupt Putin und seiner Politik deutlich zeigen wird.
„Viele Wähler, die gegen Sobjanin stimmen, werden nicht die Moskauer Stadtregierung bzw. den Bürgermeister, sondern vielmehr die Politik des föderalen Machtzentrums verurteilen“, sagte der Leiter des Zentrums für politische Technologien, Boris Makarenko. „Die im Kreml von allen Seiten eingehenden Signale zeugen davon, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung den politischen Kurs des Präsidenten nicht gefallen lässt.“
Nawalny ist nicht zufällig zur Oberbürgermeisterwahl zugelassen worden. Die Experten sind sich einig, dass die Behörden um jeden Preis die Legitimität der Abstimmung in Moskau sichern wollen, nachdem Zehntausende Menschen nach der Parlamentswahl 2011 und der Präsidentschaftswahl 2012 wegen angeblicher Wahlmanipulationen zu Gunsten Putins und seiner Gefolgschaft auf die Straße gegangen waren.
„Diese Wahl soll ein Ende der Proteste signalisieren, indem sie zeigt, dass die Regierung der Stadt, die zum Epizentrum der Protestbewegung wurde, in einer fairen Auseinandersetzung siegen kann“, so der Politologe Nikolai Petrow. „Die Wahl wird zeigen, dass der Kreml die Wahl nicht nur einfach gewinnen kann, sondern mit absoluter Mehrheit.“
Neben Moskau werden die Leiter von sieben weiteren Föderationssubjekten gewählt, darunter im Gebiet Moskau und in den nordkaukasischen Teilrepubliken Inguschetien und Dagestan, wo die Situation weiter instabil ist.
Die direkten Gouverneurswahlen waren auf Initiative Präsident Putins nach der tragischen Massengeiselnahme in einer Schule in der nordossetischen Stadt Beslan im September 2004 abgeschafft worden. Damals wollte das Machtzentrum in Moskau mit dieser Maßnahme die Regionen besser kontrollieren können. Seitdem mussten die Regionalparlamente vom Kreml vorgeschlagene Kandidaten zu ihren Oberhäuptern wählen. Auf diese Weise kam auch Sobjanin im Herbst 2010 in Moskau an die Macht.
2012 wurden die direkten Gouverneurswahlen wiedereingeführt - ausgenommen Dagestan und Inguschetien, die diese Möglichkeit abgelehnt haben. Laut einem im April verabschiedeten Gesetz haben die Regionalparlamente das Recht auf die Wahl regionaler Oberhäupter behalten, falls die Behörden befürchten, dass Direktwahlen die Situation destabilisieren könnten.
Moskau im Mittelpunkt
Die Ansetzung der OB-Wahl in Moskau kam etwas überraschend. Obwohl Sobjanins Amtszeit erst in zwei Jahren endet, trat er im Juni zurück und erklärte sich bereit, bei einer direkten Abstimmung zum Bürgermeister gewählt zu werden.
„Die Moskauer wollen, dass die Wahl jetzt stattfindet und nicht in zwei oder drei Jahren“, sagte Sobjanin Ende August in einem Interview für den Rundfunksender „Echo Moskaus“. „Ich sehe ein, dass man mich für einen Feigling halten könnte, wenn ich immer wieder auf gewisse objektive Gründe verweisen würde.“
Da seine Entscheidung für seine möglichen Herausforderer unerwartet kam, hatten sie kaum Zeit für einen umfassenden Wahlkampf, so dass Sobjanins Wahlsieg bereits feststeht. Laut Umfragen sowohl staatlicher als auch unabhängiger Meinungsforschungsinstitute kann der Amtsinhaber mit mehr als 50 Prozent der Stimmen rechnen.
Sein einziger ernstzunehmender Herausforderer ist Alexej Nawalny. Ihm gelang es als einzigem, einen Wahlkampf nach westlichem Vorbild auf die Beine zu stellen. Er gilt als Galionsfigur der Moskauer Protestbewegung. Die Behörden gaben sich viel Mühe, um seine Wahlbeteiligung zu ermöglichen.
Denn im Juli wurde Nawalny wegen Betrugs und Veruntreuung zu einer Haftstrafe verurteilt. Einen Tag später wurde er nach seinem Einspruch aber wieder freigelassen.
„Dass Nawalny zur Bürgermeisterwahl zugelassen wurde, zeugt von den Bemühungen des Kremls um die Legitimität der Macht“, sagte der Leiter des Zentrums für Medienforschungen UNIC, Alexander Morosow, der Agentur RIA Novosti. Wenn Wahlfälschungen unterbunden und Wahlbeobachter am Wahltag nicht aus Wahllokalen vertrieben werden, werde das „ein wichtiger Schritt zu fairen Wahlen sein“, ergänzte er.
Viele Experten sind sich einig, dass der Wahlkampf in Moskau zum allmählichen Ende der Protestbewegung beitragen und zeigen könnte, dass die Opposition nicht in der Lage ist, selbst „faire“ Wahlen zu gewinnen.
Diese Idee hatte Putin im Sommer 2012 zum Ausdruck gebracht. Bei einem Treffen mit Aktivisten einer Kreml-treuen Jugendbewegung erläuterte er, dass die abgeschwächten Anforderungen an die Parteien im Vorfeld der Wahlen zeigen sollten, dass die außerparlamentarischen politischen Organisationen „vom Volk nicht unterstützt werden“.
Vor den Protesten von Ende 2011 bzw. Anfang 2012, die Nawalny unmittelbar vorbereitete, war der Enthüllungsblogger und Kämpfer gegen die Korruption kaum bekannt gewesen. Seitdem hat sich die Situation aber sehr verändert.
In einem TV-Interview in der vergangenen Woche musste Putin Nawalny beim Namen nennen. Er stellte allerdings Nawalnys politische Kompetenz in Frage. „Das ohnehin populäre Thema Korruptionsbekämpfung aufzuwerfen, heißt noch nicht, eine Stadt mit zwölf Millionen Einwohnern regieren zu können“, betonte der Kreml-Chef.
Obwohl Nawalny die Moskauer Protestbewegung verkörpert, könnte er nach der Bürgermeisterwahl an Popularität einbüßen und im Gefängnis landen. Falls sein Schuldspruch bestätigt wird, darf er nie mehr an Wahlen teilnehmen und damit keinerlei Ämter bekleiden.
Nach neun Jahren Pause: Moskaus Oberbürgermeister wird wieder vom Volk gewählt | Russland | RIA Novosti