Aha in Ordnung, jetzt erst habe ich richtig verstanden, vorauf du hinaus willst. Mein Fehler.
Nun gut, hier kann man jetzt darüber philosophieren was 'besser' ist. Viele Verbrechen, aber weniger brutal oder wenige Verbrechen aber dafür umso brutaler.
Ich glaube auch, dass die deutsche Gesellschaft, so wie sie jetzt ist, nicht besser sein kann um man sollte nicht versuchen, etwas daran zu ändern.
Und nochmal für dich Experte einer der 35 Jahrer mit der Materie zu tun hatte...
Bochum. 35 Jahre lang hat Richter Dirk Fettback (64) Urteile gesprochen. Zuletzt als Vorsitzender eines Bezirksjugendschöffengerichts. Am Freitag war sein letzter Arbeitstag vor der Pensionierung. WAZ-Redakteur Bernd Kiesewetter sprach mit ihm über Jugendkriminalität.
WAZ: Sind jugendliche Täter brutaler als früher?
Fettback:
Ihre Hemmschwelle zur Gewalt ist niedriger geworden. Bei Problemen und Konflikten neigen sie eher dazu, zuzuschlagen, als zu versuchen, den Konflikt friedlich zu lösen. Sie setzen das Mittel der Gewalt auch eher ein als frühere Generationen, um etwa Handys zu rauben. Solche Gewalt gab es vor zehn Jahren in dem Maße nicht.
Was ist der Grund?
Einer der Gründe ist, dass es keine allgemein anerkannten Werte mehr gibt - und wegen oft fehlender Familienstrukturen keine Diskussionen über sozial angemessenes Verhalten. Die Gerichte versuchen das auszugleichen, indem sie den Tätern soziale Trainingskurse auferlegen.
"Eine Verschärfung des Jugendstrafrechts bringt nicht"
Ist das Jugendstrafrecht zu milde?
Keineswegs. Wenn zu milde Strafen in der Öffentlichkeit beklagt werden, kann das darauf zurückzuführen sein, dass die Gerichte den Sanktionsrahmen nicht ausgeschöpft haben. Eine Verschärfung des Jugendstrafrechts bringt überhaupt nichts. Den Jugendlichen muss insgesamt nur frühzeitig klargemacht werden, dass einer Straftat eine schnelle angemessene Sanktion folgt. Schwächen in unserem System bestehen darin, dass die Zeit zwischen Tat und Aburteilung viel zu lang ist und dass sich die Behörden und die Justiz nicht genügend haben einfallen lassen, die langen Zeitabstände zu verkürzen.
Was sagen Sie denen, die mehr junge Täter ins Gefängnis schicken würden?
Das kann nur eine allerletzte Möglichkeit am Ende eines Weges sein. Der Aufenthalt in deutschen Gefängnissen mit anderen Strafgefangenen bringt für die Erziehung - worauf im Jugendstrafrecht abzustellen ist - sehr wenig. Gefängnisstrafen bessern Menschen nicht. Sie können im Einzelfall helfen, erstmals Strukturen in das Leben eines Jugendlichen zu bringen - und eine Berufsausbildung.
"Die Gefahr, rückfällig zu werden, ist sehr hoch"
Lassen sich Jugendliche durch Strafe nachhaltig erziehen?
Jugendliche lassen sich auch durch eine verbüßte Jugendstrafe beeindrucken. Wenn sie aber danach wieder in ihren alten Kreisen und mit ihren „alten Freunden” verkehren, ist es um die Beeindruckung geschehen. Die Gefahr, rückfällig zu werden, ist sehr hoch.
Stört es Sie, wenn man Sie Papa Gnädig nennen würde?
Das würde mich insofern stören, wenn Jugendliche glauben, sie könnten eine weitere Straftat begehen und abermals auf ein so günstiges Urteil hoffen.
Haben Sie Angeklagte gehabt, bei denen die Justiz keine Hoffnung mehr auf Besserung hat?
Gott sei Dank gibt es nur ganz, ganz wenige Einzelfälle. Das Problem taucht eher beim Erwachsenenstrafrecht auf.
Erziehungsberechtigte haben oft eigene Probleme
Aus welchen Kreisen kommen die Angeklagten meist?
Sehr viele stammen aus Familien mit nur einem Erziehungsberechtigten, die zum Teil wegen eigener Probleme wenig in der Lage sind, ihr Kind zu erziehen. Etwa wegen Alkoholproblemen. Weiter kommen viele Täter aus Familien, in denen die Eltern keinen festen Arbeitsplatz haben.
Glauben Sie, dass ein Mensch von Natur „böse” sein kann?
Diese These ist unsinnig.
Haben Sie schon einmal ein Fehlurteil gesprochen?
Ja. Es wurde auf Vernehmung eines Zeugen verzichtet, der dem Gericht später vor der Tür einen anderen Sachverhalt schilderte als der, von dem das Gericht ausgegangen ist. Dieser Fehler wurde in der Berufung beseitigt. Ich habe den Fehler selbst in die Urteilsgründe geschrieben. Da haben wir zu schnell geschossen.
Er würde "sehr, sehr gerne" erneut Richter werden
Würden Sie Ihren Beruf noch einmal wählen?
Da gibt es eine kurze Antwort: sehr, sehr gerne.