Ich wurde auch in den 80ern eingeschult. Und doch, das Problem ist, zum einen sucht sich jede Generation neue Grenzen. Klingt altbacken, ist aber so. Was vor 20/30 Jahren Tabu war, juckt heute niemanden mehr. Und doch, auch "Erziehung", Verhalten gerade der Eltern hat sich gewandelt. Nur zwei Beispiele: Ich wurde nie noch nicht einmal geohrfeigt. Man mag es kaum glauben. Ich durfte sogar meine altklug vorlaute Klappe oft ziemlich weit aufmachen. Aber ich hätte meine Mutter, erst recht Großmutter mal "Blöde Kuh" nennen sollen... Und ich war auch mal wütend, habe auch vieles, sehr vieles nicht bekommen usw. Aber auf solchen Gedanken wäre ich nie gekommen. Gestern im Supermarkt vernommen, und Mami steht dabei und sagt nichts...Mit der Kriminalität ist es ein ewiges Auf und Ab.
Jedoch wird von den meisten die Abnahme der Gewalt nicht wahr genommen.
Das liegt an der menschlichen Natur. Bedrohungen werden um ein vielfaches stärker wahrgenommen als Gefahrlosigkeit.
Deswegen haben wir immer das Gefühl einer Steigerung. Wir gleichen das Gefühl nicht mit 'guten Neuigkeiten' aus sondern setzen immer eins drauf.
Das selbe mit der Brutalität. Von den Millionen Jugendlichen, die keine Oma verprügeln würden, nimmt man die 5 wahr, die es getan haben. Und die Wahrscheinlichkeit, dass dies in nächster Zeit wieder geschiet ist auch sehr gering.
Ich erinnere mich an meine Grundschulzeit in den 80ern, da wurde ein 2.Klässler von einem 4.Klässler fast erdrosselt. Und zwar mit der Schnurr seines Umhänge-Geldbeutels. Darüber wurde aber nicht berichtet, die Schule wollte keine Schlagzeilen machen.
Damit will ich aber sagen: Es gibt immer wieder schockierende Taten, man muss sie aber in Relation zu den Taten sehen, die nicht passiert sind.
Das Gefährlichste ist jetzt, grundlegende Veränderungen zu fordern und der Jugend und der Gesellschaft ein dekadentes Verhalten zu unterstellen. Wenn wir uns der Paranoia hingeben, dann ist es mit der Gesellschaft wirklich aus. Denn dann ziehen wir wegen einigen wenigen Kriminellen eine ganze Generation ins Verderben.
Hätte sich mal jemand bei meinen Eltern über uns beschwert, dass wir sogar anderen Kindern vielleicht geschlagen hätten, irgendetwas in der Richtung... Meine Eltern hätten sich entschuldigt und ich hätte in irgendeiner Form solche Konsequenzen gespürt, die ich mir gemerkt und aus denen ich meine Lehren gezogen hätte. Und wie gesagt, ich wurde nie noch nicht einmal geohrfeigt und meine Mum wurde fast nie laut. Kann sie gar nicht. Als jüngstens eine Freundin das Gespräch mit Eltern eines Mitschülers ihres Jungen suchte, weil er mit blutender Nase aus der Schule kam, bekam sie nur zu hören, was ihr Problem wäre. Kein Scherz. Und da hatten sich zwei Neunjährige an einen nicht mal Siebenjährigen gemacht.