Mal meine Sicht zu den zwei Dingen, die hier heute diskutiert werden.
Zum einen Causa Balotelli: Der Tritt gegen Song war böse, der war mutwillig, dumm und hätte mit einer roten Karte bestraft werden müssen. Das wurde er aber nicht und das muss man einfach mal hinnehmen. Meinen Kommentar zum Umgang mit dieser Szene im Spieltagsthread will ich kurz halten, weil Markus in dem eigens dafür angelegten Thread ja bereits viel gesagt hat.
Es ist eine absolute Schande, dass manche Menschen hier denken, sie könnten über einen Fußballer urteilen, weil dieser in einem Spiel ein brutales Foul begangen hat. Ich rede jetzt nicht von den sinnlosen Beleidigungen alá "Cunt" und Co., sondern von der psychologischen Analyse, die einzelne an den Tag legen wollen, die ihn sofort als "Psychopathen" abstempelt.
Die Frage ist dabei: Was treibt die Leute dazu, so über einen Spieler zu urteilen?
Und da befürchte ich, dass man hier immer stärker Opfer des medialen und öffentlichen Umgangs mit Balotelli wird.
Balo hat etliche Eskapaden, negative Schlagzeilen gesammelt, die allesamt medial aufgearbeitet werden und hier im Forum regelmäßig England-Forumstouristen anlocken, die sich dann über jede einzelne Szene belustigen müssen. Es ist aus meiner Sicht zu einem guten Stück eine Sensationsgeilheit, ein unbedingter Wille, etwas aus dem Repertoire eines Balotellis zu hören.
Und Balotelli ist hierbei kein Einzelfall. Erweitern wir diese Liste um Spieler wie Joey Barton, Luis Suarez, oder zum Teil Wayne Rooney.
Es wird bei diesen Leuten mit zweierlei Maß gemessen. Jede Aktion von Barton, von Balotelli und Co. ist automatisch "disgusting" und drängt die Menschen instinktiv über den Charakter der Fußballer zu urteilen, obwohl das jegliche Grundlage vermissen lässt.
Wenn Barton eine gelbe erhält hat dies beispielsweise hier im Forum oder auch in der Presse nicht die selbe Akzeptanz wie es die gelbe Karte eines Thomas Vermaelen hat, die Härte spielt dabei keine Rolle.
Ich stelle einfach mal den Quervergleich beim heutigen Spiel zu Laurent Koscielny auf. Seine Grätsche in der zweiten Hälfte hätte gut und gerne mit Rot sanktioniert werden können, mit Gelb hat er Glück und es passt so. Wie viel Kommentare lesen wir nachher hier im Forum, bei Twitter oder in der Presse? Keine. Balotellis Foul war (offen gesagt) klar härter, aber selbst ein Vergehen der Härte Koscielnys hätte nicht das selbe mediale Echo.
Woher kommt diese Diskrepanz zwischen der Bewertung und dem späteren Umgang der einzelnen Spieler? Es wird sich nach und nach auf diverse Leute eingeschossen und das ist eine sehr sehr traurige Entwicklung. Nicht alles wird so heiß gegessen wie es gekocht wird und ich erkenne in manchen Fällen -bei Barton und Balotelli nimmt es dramatische Züge an- einfach eine Art Hetzjagd auf gewisse Spieler. Der sachliche Umgang mit Szenen ist ein anderer, die Bewertung von Szenen ist eine andere und auch der Ton der Kommentare ist ein anderer.
Balo und Co. werden hierbei weit in eine Ecke gedrängt, aus der sie kaum mehr raus kommen. Das Licht richtet sich mehr und mehr auf sie und so kommen neue Dinge zum Vorschein und es ist ein medialer, öffentlicher Teufelskreise, aus dem Balotelli und Barton und wie sie alle heißen nicht mehr herauskommen.
Damit ihr mich nicht falsch versteht: Ich möchte Balotellis Verhalten von heute in keinster Weise gut heißen, auch möchte ich nicht gut heißen, was er in diversen anderen Aktionen zeigt. Aber nehmen wir die Gelb-Rote Karte in Liverpool. Es war eine Karte wie sie einem jeden Spieler passieren kann, bei ihm wird aber direkt davon gesprochen, dass es doch kein Wunder ist, dass er dumm sei, dass er nie lernen wird und, dass er der Mannschaft ungemein schade.
Nehmen wir die Szene im Vorbereitungsspiel in den USA. Niemand bemerkt, dass Balotelli aus "Spaß" diese Drehung machte, weil Abseits gepfiffen wurde. Es interessiert auch keinen, weil es dann nicht mehr so viel Spaß macht, sich darüber zu belustigen. Ende vom Lied ist, dass jeder diese Szenen im Kopf hat und sie nicht mehr los wird.
Die Bewertung dieser Szenen ist bei Balotelli eine andere als bei stinknormalen Spielern der BPL.
Also, wie gesagt, sein Spiel heute war schlecht, er hatte viele Fouls, hätte viel früher vom Platz fliegen müssen, alle Welt regt sich auf, Twitter beginnt Hasspredigten auf Mario zu initiieren.
Auch hier gerne wieder der Quervergleich. Welches Medienecho hat die aktuelle Sperre von Djibril Cisse. Der junge Mann ist seit Januar bei den Rangers, kassierte zwei glattrote Karten. Was kriegt der Bild-Leser, was kriegt 1/2 des Forums hier nicht mit? Richtig, die Berichterstattung rund um diese Tatsache.
Schlussendlich, und damit zu einem Ende der Akte Balotelli zu kommen, ist er ein herausragender Fußballer, der sich auf dem Fußballplatz nicht benehmen kann. Aber er ist deswegen kein schlechter Mensch, er ist deswegen kein ***** oder ein Ignorant, er ist kein Gewalttäter, weil er Song getreten hat, sondern er hat eine ganz besondere Mentalität und einen besonderen Charakter und den kriegt er _auf dem Platz_ nicht in den Griff. Das ist aus meiner Sicht kein Grund diesen jungen aus 2000km Entfernung aufs übelste zu beleidigen.
Auch ist das kein Grund seine Daseinsberechtigung infrage zu stellen. Man kann hinterfragen, inwiefern es sinnvoll ist, einen solchen Spieler mit diesen negativen Eigenschaften in der Mannschaft zu behalten, aber mehr auch nicht. Wir können hier sportlich analysieren und fachsimpeln, aber bitte keinen Lynchmob eröffnen.
Und damit auch der nette Gruß an Carmelo zurück: Ja, ich bin weiterhin dafür, dass Balotelli der Liga erhalten bleibt.
Und damit mal zu Mancini, hier werde ich mich aber kürzer fassen:
Ich finde es sehr komisch, wie auch hier mit Roberto Mancini umgegangen wird. Es wird mal eben außer Acht gelassen, wie sich das Team bisher schlägt. Heffer-Tonne merkte bereits richtig an, wie gut 71 Punkte aus 32 Spielen eigentlich sind.
Auch wird mir hier vergessen, woher City einfach kommt. Es ist einfach viel zu einfach, zu behaupten, man kaufe einen Aguero, einen Silva, einen Nasri und man werde damit Meister. Wer an diese Märchen glaubt, der hat sich einfach den falschen Sport ausgesucht.
Fußball ist nachwievor ein Mannschaftssport und ist demzufolge auch eben als ein solcher anzusehen. Was das bedeutet zeigen Teams wie Newcastle, Arsenal oder United eben eindrucksvoll und Teams wie Liverpool oder City einfach nicht.
Eine Ansammlung von Individualisten bringt dir nichts, wenn du keine Mannschaft formen kannst. An dieser Stelle ist es völlig lächerlich wieder aus 2000km Entfernung zu fachsimpeln, ob denn Mancini Schwierigkeiten hat, die Mannschaft zu formen oder sie als Gemeinschaft zu stärken. Versucht es bitte einfach gar nicht erst, weil ihr schlicht es nicht könnt.
Wie kann man also Mancinis Arbeit bewerten? Man kann auf die Taktik eingehen, die im Spiel verwendet wird. Und da kann man, so sehe ich das, Mancini keinerlei Vorwürfe machen.
Ganz abseits der Tatsache, dass City in den großen Spielen bisher immer taktisch herausragend aufgestellt war und nicht ohne Grund United, Tottenham und Co. so abgefertigt hat, ist einfach zu erkennen, dass Mancini einer der wenigen Trainer ist (Brendan Rodgers ist da noch so einer), die ständig im Spiel taktische Umstellungen machen.
Spiele wie eben gegen Swansea sind doch an der Tagesordnung bei Mancini. Ein Wechsel in der 39. Minute, der Barry auf die Bank bringt und Aguero in den Sturm setzt. Warum? Weil er merkt, dass vorne die Kreativität fehlt. Dass man dann im Nachhinein dieses Spiel verliert, hat nichts mit der Taktik zu tun, sondern einfach mit individuellen Fehlern.
Andersherum sind diese Wechsel von Mancini ein Grund, wieso City überhaupt so viele Punkte hat. Mancini erkennt wie kein Zweiter, wenn eine Taktik nicht aufgeht.
Glaubt mir, ich kenne die Gegenbeispiele, ich schaue Owen Coyle zu oft beim trainieren während eines Spiels zu.
Eine Hand voll Spiele wurden seitens City eben gewonnen, weil Roberto frühzeitig erkannt hat, dass ein Yaya als hängende Spitze hinter Aguero beispielsweise mehr bringt als ein Dzeko.
Dass viele danach den Wechsel De Jong für Dzeko nicht verstehen, ist eine andere Sache und zeigt nur die Limits des gemeinen Fußballverstands.
Tut mir ja Leid, aber ich finde, dass man mit Mancini einen exzellenten Trainer hat. Taktisch hat er eine ganze Menge drauf. Vielleicht könnte er an seiner Öffentlichkeitsarbeit werkeln, aber alles andere sehe ich bei ihm als nicht problematisch an.
Aber es ist wieder typisch, dass am Trainer gezweifelt wird, wenn Spieler versagen. Vergessen wir, dass Spieler wie Silva, Nasri, Yaya, Barry, Clichy, Aguero und Co. über die letzten Wochen einfach komplett außer Form waren und so mit Schuld trugen, dass City so viele Punkte liegen lies. Es wird automatisch die Schuld beim Mannschaftsverantwortlichen gesucht und gefordert, dass Mancini fliegt. Die aktuellen Beispiele rund um Arsenal, Bolton, Blackburn, Wigan zeigen doch sehr gut, in welchem Zusammenhang Trainer und Leistung stehen. Es gibt Einzelfälle wie AVB, wo es einfach nicht klappt und eine Mannschaft sich gegen eben diesen Trainer auflehnt, aber es ist keine Lösung, immer den Rauswurf des Trainers zu fordern.