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Referandum 2017

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Doch genau deswegen haben sie doch einen niedrigen Standart. Sie wurden versklavt und dann in Ghettos geworden, ist klar dass dann keine Professoren zu stande kommen.
Das ist sicher ein Grund. Aber sie heulen nicht deswegen und haben ihre Situation selber deutlich verbessert, wie du sicher weisst. Es geht doch um das Verhalten, dass man seine balkanische Rückständigkeit immer mit dem Osmanischen Reich erklärt. Das zieht zumindest bei mir nicht. Die Osmanen verlangten Steuern, wie jeder Staat, und sie nahmen den Familien ihre Söhne weg, wie jeder Staat damals. Religionsbezogen aber hatten es Andersgläubige im OR besser als in Resteuropa.

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Friss oder stirb hiess es bei den Osmanen. Sie konnten mit den Christen machen was sie wollen. Wir waren quasi Sklaven. Man kann es auch wie die Albaner islamisieren, um einen weiteren Knochen zu bekommen.
Du solltest dich über die damalige Lage der Christen informieren. Ich erkenne Wissenslücken.
 
WEnn man bedenkt, welches Potenzial man verspielte, dadurch, dass man Frauen so geknechtet hat. Ein Rückschritt war auf jeden Fall das Christentum, egal ob aus römischer oder griechischer Sicht.

Das gleiche gilt aber auch für die meisten Männer. Damals war Sterben noch was alltägliches. Wenn da ein Kind oder ein anderes Familienmitglied gestorben ist, das war kein großes Ereignis. Die meisten Menschen waren damit beschäftigt die erste Stufe ihrer Bedürfnispyramide zu erfüllen. Die meisten Männer wie Frauen waren von Selbstverwirklichung weit entfernt. Innerhalb der Oberschicht gab es durchaus emanzipierte Frauen.
 
Dennoch war die Hauptkultur und die Hauptstadt griechisch. War im römischen Reich nicht anders.
Byzanz war die Zentrale für Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Kultur. Was haben Athen, Thessaloniki, etc. zu dieser Zeit so Grosses vollbracht? Vielleicht gibt es ja schon etwas, nur weiss ich es nicht. Ich bin offen, Neues zu lernen...

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Das osmanische Reich war an Rückständigkeit kaum zu überbieten. Man kann ökonomisch die Grenzen des osmanischen Reichs noch heute sehen. Alle Einflussgebiet der Osmanen sind heute noch unterentwickelter, als die Gebiete auf der anderen Seite der Grenze. Vojvodina, großte Teile Kroatiens, und Slowenien waren nie Teil des OR, und bis heute ist das eine klare Entwicklungsgrenze. Das ist auch nicht nur auf dem Balkan so, sondern überall, wo das osmanische Reich regiert hat.
Wieso sind dann Süditalien, Sizilien, Sardinien und Südspanien auch so wirtschaftlich schwach? Sehr strukturschwache (mit dem Balkan vergleichbare) Regionen gibt es auch in Frankreich, Polen, Ungarn, der Slowakei, dem Baltikum, usw.
 
Byzanz war die Zentrale für Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Kultur. Was haben Athen, Thessaloniki, etc. zu dieser Zeit so Grosses vollbracht? Vielleicht gibt es ja schon etwas, nur weiss ich es nicht. Ich bin offen, Neues zu lernen...
Byzanz war/ist ne griechische Stadt. Was ist das hier für ne Scheiße? Später wird uns auch noch Athen aberkannt oder was? es scheint mir eher, dass du Wissenslücken hast.
 
Sehr interessante Diskussion, aber was zum Geier hat das mit dem Referendum in der Türkei zu tun!?!? Also bitte verlegt eure Debatte in die dazu passenden Threads, und davon gibt es einige...
 
Berichte der österreichischen Konsuln, Schlüsseldokumente zur Epoche, ändern sich zu dieser Frage über fünfzig Jahre kaum. Am Vorabend des Ersten Balkankriegs stellte ein – notabene eigentlich proalbanischer – Konsul fest, Christen zu plagen und zu terrorisieren, sei «Nationalsport» der muslimischen Albaner. Physische und strukturelle Gewalt durch Muslime sind ein Hauptcharakteristikum des Alltags an der balkanischen Peripherie des Osmanischen Reiches. Die Gründe waren vielfältig: Christen waren seit je Untertanen zweiter Klasse, und dies hatte sich in der Mentalität der Muslime tief eingeprägt. In Zonen erheblicher Staatsferne verschärfte sich dies durch den weitgehenden Mangel behördlicher Kontrolle. Doch selbst wo diese vorhanden war, bestanden die Behörden aus Muslimen, die Verbrechen an Christen in der Regel nicht ahndeten. Staatsschwäche und religiöse Behördenkonnivenz mit Delinquenten verhinderten schon im Ansatz jede Loyalität von Christen zum osmanischen Staat.
Die Förderung panislamischer Ideen verschärfte die Lage zusätzlich: In der Grossen Orientkrise (1875–1878) kam es in Kosovo zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Christen. Die sogenannte Liga von Prizren, heute als albanischer Protostaat gefeiert, war eher ein Bund muslimischer Notabeln mit christenfeindlicher Tendenz. Weitere Zusammenschlüsse muslimischer Albaner, etwa die sogenannte Liga von Peja (1899), standen ganz unter dem Einfluss konservativ-islamischer Gruppen. Die osmanische Regierung unterband mit der Staatsideologie des Islamismus erfolgreich die albanische Nationalbewegung im heutigen Kosovo und Makedonien und spaltete Muslime und Christen.
Die einseitige Bevorzugung der Muslime erhöhte aber deren Reformfreudigkeit nicht. Das Bergland entzog sich der Staatskontrolle fast vollständig, im Nordwesten bestanden die alten Stammesgebiete fort. Muslimische Stammeskrieger plünderten regelmässig die mehrheitlich muslimischen Städte der Ebenen aus. Oftmals verschanzten sich osmanische Truppen in ihren Kasernen. Als im Zuge einer Polizeireform nach 1903 serbisch-orthodoxe Polizisten eingestellt wurden, erbitterte dies die muslimische Bevölkerung derart, dass die Ordnungshüter Armeeschutz suchen mussten. Besonders deutlich rebellierten ländliche Regionen gegen die staatliche Autorität, wenn sie Steuereintreiber und Volkszählungsbeamte verjagten, das zumeist ausländische Bahnpersonal bedrohten und hohe osmanische Beamte zwangen, mit Draisinen fluchtartig ihre Posten zu verlassen.
Etwas beruhigen liess sich die Lage, wenn die osmanische Regierung regionale Machtstrukturen duldete, die an heutige Verhältnisse erinnern: In jedem grösseren Ort, Prizren, Gjakova, Mitrovica, Pristina, sassen lokale Machthaber, oftmals zwei konkurrierende Fraktionen, deren Anführer gerne vom Sultan und von ausländischen Mächten Geld, Ehren und Waffen entgegennahmen, selbst in Schmuggelgeschäfte und kriminelle Aktivität (Erpressung christlicher Geschäftsleute) verwickelt waren und die Vielzahl internationaler Akteure vor Ort ausnutzten, um ihren politischen Spielraum zu erweitern. Kaum ein albanisch-muslimischer Politiker nahm nicht auch Geld und Waffen von Serbien und Montenegro, freilich ohne dabei deren Parteigänger zu werden. Sie blieben dem fernen Sultan-Kalifen in Loyalität verbunden, lehnten aber dessen Vertreter vor Ort ab.
Staatsferne ist ein Kernstück des osmanischen Erbes.


Die Bilanz des Jahres 1912 ist bedrückend: Die strukturelle Diskriminierung von Christen erklärt deren Rachebedürfnis und Gewalt gegen Muslime in den Balkankriegen. Es fehlte jede Erfahrung politischer Teilhabe, Bildung und Gesundheitsversorgung waren fast inexistent. Voraussetzungen für den Übergang einer vormodernen Agrargesellschaft in die Verhältnisse des europäischen 20. Jahrhunderts fehlten ganz. Schwer lastet das osmanische Staatsversagen bis heute auf den Regionen des inneren Balkans.




https://www.nzz.ch/feuilleton/debakel-einer-grossmacht-1.18573796
 
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