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Sammelthread: Israel/Nahost-Konflikt

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26.10.2004


Arafat durfte für Behandlung Ramallah verlassen
Palästinenser-Präsident nach diagnostischem Eingriff wegen Magenbeschwerden wohlauf

Yassir Arafat hat eine Grippe




Ramallah - Palästinenser-Präsident Yasser Arafat befindet sich nach Angaben aus Palästinenser-Kreisen nach einem kleineren chirurgischen Eingriff zur Diagnose eines Magenleidens in einer stabilen Verfassung. "Er steht unter dem Einfluss eines Betäubungsmittels und ist in einem stabilen Zustand", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Montag aus den hochrangigen Kreisen in Ramallah. In seinem Hauptquartier dort habe sich der 75-Jährige einer Endoskopie unterzogen, nachdem er Magenbeschwerden gehabt und sich übergeben habe.

"Die Endoskopie hat gezeigt, dass Arafat keine schwere Krankheit hat", sagte der palästinensische Minister für Telekommunikation, Assam al-Ahmad. Zuvor hatte es verschiede Angaben über Arafats Gesundheitszustand gegeben. Seinem früherer Berater Ahmed Tibi zufolge litt er an einem akuten Grippeanfall. Er habe Arafat am Freitag besucht, sagte Tibi, Abgeordneter des israelischen Parlaments und Arzt, am Sonntag dem israelischen Armeerundfunk.

Der Palästinenser-Präsident sei am Wochenende von tunesischen und zuvor von ägyptischen Ärzten untersucht worden. Der israelische Sender Channel Two hatte am Tag zuvor berichtet, die Ärztegruppen seien übereinstimmend zu der Diagnose gelangt, Arafat leide an Gallensteinen und habe eine Darminfektion.

Die Palästinenser-Regierung wies im Laufe des Montags aufkommende Berichte zurück, Arafat werde seinen von der israelischen Armee belagerten Amtssitz in Ramallah verlassen. "Die Berichte sind haltlos, nach denen Präsident Arafat angefragt hat, in das Krankenhaus von Ramallah zu gehen", sagte Kabinettsminister Saeb Erekat. In israelischen Sicherheitskreisen hieß es: "Er hat die Genehmigung nach Ramallah zu gehen. Er hat Schmerzen." Die Vertreter fügten ausdrücklich hinzu: "Er darf danach in seinen Amtssitz zurückkehren."

Der 75-jährige Arafat steht seit Ende 2001 in seinem Hauptquartier in Ramallah im Westjordanland faktisch unter Hausarrest. Israel und die USA werfen ihm vor, die Gewalt der Palästinenser anzustacheln. Arafat hat den Vorwurf zurückgewiesen. Israel hat wiederholt eine Garantie dafür ausgeschlossen, dass Arafat ins Westjordanland zurückkehren kann, wenn er es verlässt.

Ministerpräsident Ariel Sharon hat zudem angedeutet, Arafat könne getötet oder aus den Palästinenser-Gebieten ausgewiesen werden. In politischen Kreisen in Israel hieß es allerdings bislang, Israel werde vermutlich nicht gegen Arafat vorgehen, so lange die USA sich weiter dagegen aussprächen. Die US-Regierung befürchtet Unruhen, sollte Arafat ausgewiesen oder verletzt werden.

(APA/AP/Reuters)
 
26.10.2004



Arafat durfte für Behandlung Ramallah verlassen
Palästinenser-Präsident nach diagnostischem Eingriff wegen Magenbeschwerden wohlauf

Yassir Arafat hat eine Grippe




Ramallah - Palästinenser-Präsident Yasser Arafat befindet sich nach Angaben aus Palästinenser-Kreisen nach einem kleineren chirurgischen Eingriff zur Diagnose eines Magenleidens in einer stabilen Verfassung. "Er steht unter dem Einfluss eines Betäubungsmittels und ist in einem stabilen Zustand", erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Montag aus den hochrangigen Kreisen in Ramallah. In seinem Hauptquartier dort habe sich der 75-Jährige einer Endoskopie unterzogen, nachdem er Magenbeschwerden gehabt und sich übergeben habe.

"Die Endoskopie hat gezeigt, dass Arafat keine schwere Krankheit hat", sagte der palästinensische Minister für Telekommunikation, Assam al-Ahmad. Zuvor hatte es verschiede Angaben über Arafats Gesundheitszustand gegeben. Seinem früherer Berater Ahmed Tibi zufolge litt er an einem akuten Grippeanfall. Er habe Arafat am Freitag besucht, sagte Tibi, Abgeordneter des israelischen Parlaments und Arzt, am Sonntag dem israelischen Armeerundfunk.

Der Palästinenser-Präsident sei am Wochenende von tunesischen und zuvor von ägyptischen Ärzten untersucht worden. Der israelische Sender Channel Two hatte am Tag zuvor berichtet, die Ärztegruppen seien übereinstimmend zu der Diagnose gelangt, Arafat leide an Gallensteinen und habe eine Darminfektion.

Die Palästinenser-Regierung wies im Laufe des Montags aufkommende Berichte zurück, Arafat werde seinen von der israelischen Armee belagerten Amtssitz in Ramallah verlassen. "Die Berichte sind haltlos, nach denen Präsident Arafat angefragt hat, in das Krankenhaus von Ramallah zu gehen", sagte Kabinettsminister Saeb Erekat. In israelischen Sicherheitskreisen hieß es: "Er hat die Genehmigung nach Ramallah zu gehen. Er hat Schmerzen." Die Vertreter fügten ausdrücklich hinzu: "Er darf danach in seinen Amtssitz zurückkehren."

Der 75-jährige Arafat steht seit Ende 2001 in seinem Hauptquartier in Ramallah im Westjordanland faktisch unter Hausarrest. Israel und die USA werfen ihm vor, die Gewalt der Palästinenser anzustacheln. Arafat hat den Vorwurf zurückgewiesen. Israel hat wiederholt eine Garantie dafür ausgeschlossen, dass Arafat ins Westjordanland zurückkehren kann, wenn er es verlässt.

Ministerpräsident Ariel Sharon hat zudem angedeutet, Arafat könne getötet oder aus den Palästinenser-Gebieten ausgewiesen werden. In politischen Kreisen in Israel hieß es allerdings bislang, Israel werde vermutlich nicht gegen Arafat vorgehen, so lange die USA sich weiter dagegen aussprächen. Die US-Regierung befürchtet Unruhen, sollte Arafat ausgewiesen oder verletzt werden.

(APA/AP/Reuters)
 
27.10.2004



Drahtzieher des Taba-Attentats tot
Kairo: Zwei Täter noch flüchtig
Astrid Frefel aus Kairo




Ein über die israelische Gewalt verärgerter Palästinenser soll die Attentatsserie im ägyptischen Badeort Taba geplant und organisiert haben, die am 7. Oktober 34 Menschen das Leben gekostet hat. Dies gab das ägyptische Innenministerium am Wochenbeginn bekannt - ebenso, dass in diesem Zusammenhang fünf Ägypter verhaftet wurden. Damit brachen die ägyptischen Behörden zweieinhalb Wochen nach den Terroranschlägen erstmals ihr Schweigen. Bisher liefen die Untersuchungen im Geheimen, in der klaren Absicht, möglichst wenig Aufhebens um die tourismusschädigenden Bombenexplosionen zu machen.

Iyad Said Salih, ein Palästinenser, der als Chauffeur in der Stadt Arish im Nordsinai gearbeitet und Züge von religiösem Fanatismus gezeigt haben soll, ist bei der Explosion des Taba Hilton ebenso ums Leben gekommen wie einer der vermuteten Mittäter. Zwei weitere verdächtige Bombenleger sollen laut der Mitteilung des Ministeriums noch flüchtig sein. Die Behörden haben fünf Ägypter verhaftet und beschuldigen sie, den Attentätern geholfen zu haben.

Sprengstoff aus Kriegsmunition

Salih und seine Helfer sollen drei gestohlene Autos mit Sprengstoff beladen haben, den sie aus alter Kriegsmunition gewannen, die sie in der Sinai-Wüste gefunden hatten. Als Timer dienten laut Angaben des Ministeriums Teile von Waschmaschinen. Während die israelischen Behörden gleich nach den Anschlägen Al-Kaida als Urheber ausgemacht hatten, vertrat die ägyptische Regierung die Meinung, es gäbe Verbindungen zum israelisch-palästinensischen Konflikt. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2004)
 
27.10.2004



Israelischer Soldat nach Schüssen auf Palästinenserin festgenommen
Militär hatte Bombenanschlag befürchtet
Jerusalem - Nach tödlichen Schüssen auf ein palästinensisches Mädchen ist ein israelischer Soldat festgenommen worden. Der Offizier sei am Dienstag in Gewahrsam genommen worden, nachdem bei Befragungen der Militärpolizei Zweifel an seinen Aussagen aufgekommen seien, erklärten die Streitkräfte. Der Soldat soll nach Aussagen von Kameraden in den Medien mehrmals aus kurzer Entfernung auf die 13-Jährige geschossen haben, die bereits zuvor von einer israelischen Kugel getroffen worden war.

Die Soldaten hatten das Feuer auf das Mädchen eröffnet, als es sich Anfang Oktober einem Militärposten nahe dem Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen näherte. Nach eigenen Angaben fürchteten sie einen Bombenanschlag. Die Familie des Mädchens hat erklärt, die 13-Jährige sei auf dem Weg zur Schule gewesen. (APA/AP)
 
27.10.2004



Pressestimmen: "Der Riss in Israel wird immer tiefer"
"Friedensprozess soll auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden"
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London/Rom/Paris/Berlin - Das Votum des israelischen Parlaments für den Gaza-Räumungsplan von Ministerpräsident Ariel Sharon beschäftigt am iMittwoch zahlreiche europäische Pressekommentatoren:

Le Figaro


"Was machen die Israelis auf diesem schmalen Sandstreifen, auf dem 1,3 Millionen Palästinenser zusammengepfercht sind? Wie viele Soldaten mussten ihr Leben lassen, um diesem Außenposten, der jetzt als überflüssig betrachtet wird, eine trügerische Sicherheit zu bringen? In dieser Angelegenheit sind die Palästinenser nur noch Zuschauer. Das ist auch besser so. Nach so viel Blutvergießen verstehen sie vielleicht, dass es besser ist, ruhig zu bleiben, bis die Israelis tatsächlich aus Gaza abgezogen sind. Man sollte die Palästinenser unterstützen, damit sie Sharon helfen, seine Wette zu gewinnen."

The Independent

"Es gibt gute Grüne, dafür zu argumentieren, dass dem Frieden im Nahen Osten mit diesem kleinen Schritt besser gedient ist, als gar keinen Schritt zu machen. Letzten Endes wird die entscheidende Friedensfrage nicht heute entschieden. Dazu braucht es die Einmischung des US-Präsidenten nach der Wahl und eine bessere Führung, die derzeit weder die Palästinenser noch die Israelis besitzen. Aber ein Parlament, das Ja zu diesem Schritt sagt, könnte sich auch zu einem weit umfassenderen Rückzug bereit finden, wie er für die Lösung des palästinensischen Problems erforderlich wäre."

La Repubblica


"Das Votum, mit dem die Knesset dem Rückzug aus dem Gaza-Streifen zugestimmt hat, ist nur der Beginn eines langen Weges. Die zahlreichen Gegner des Abzugs-Plans - vor allem unter den Befürwortern der Rechten - warten nur auf die Gelegenheit, ihm Schaden zuzufügen, und es ist absolut nicht sicher, dass er am Ende durchgeführt wird. Schon heute zerreißt die Frage des 'Disengagements' Israel, und zwar unter politischen und sozialen wie auch unter religiösen und emotionalen Gesichtspunkten. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dieser Riss immer tiefer wird, je näher das Datum des Abzuges rückt."

Handelsblatt, Düsseldorf


"Die Opposition hat längst begriffen, was Sharon jetzt weiß: 'Wir können nicht ewig über Millionen von Palästinensern regieren, deren Zahl sich mit jeder Generation verdoppelt', begründet er den Rückzug aus Gaza. Allerdings: Wäre es ihm mit diesem Argument tatsächlich Ernst, dann müsste er auch das Westjordanland räumen. Dort leben 230.000 Siedler neben rund zwei Millionen Palästinensern. Doch daraus wird wohl nichts. (...) Ein enger Vertrauter Sharons hat kürzlich das wahre Drehbuch für die Zeit nach dem Rückzug aus Gaza vorgelegt: Die Bedeutung des Abzugsplans liege darin, dass der Friedensprozess auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werde. Damit könne nämlich die Bildung eines Palästinenserstaates verhindert werden - und damit wiederum eine Debatte über Flüchtlinge, Grenzen und Jerusalem. Im Klartext: Sharon opfert Gaza, um die Westbank zu retten."

taz, Berlin


"Der einstige 'Bulldozer', der als Bauminister zigtausende Neubauten im besetzten Gebiet errichten ließ, nimmt aus pragmatischen Gründen Abschied vom Gaza-Streifen. Die Einseitigkeit des Prozesses birgt viele Gefahren. Militante Widerstandsgruppen im Gaza-Streifen ringen schon jetzt um die Lorbeeren, das siegreiche Lager zu sein, dem es augenscheinlich gelungen ist, die israelischen Truppen in die Flucht zu schlagen. Eine Missinterpretation, die für alle weiteren Entwicklungen fatale Folgen haben kann. (...) Sollte das Projekt gelingen und der Terror im Gaza-Streifen eingestellt werden, dann wird in Israel der Druck auf die Regierung steigen, den Palästinensern weitere Zugeständnisse zu machen. Das wäre hoffentlich auch der Zeitpunkt, an dem die internationale Gemeinschaft sich dem Nahost-Konflikt wieder zuwendet."

"Basler Zeitung"

"Der Grundsatzentscheid über die erstmalige Aufgabe von Kolonien in besetztem Palästinenserland stellt indes für Sharon lediglich einen Etappensieg dar. Denn ob es ab Mai 2005 wie geplant zum Abzug Israels aus Gaza kommen wird, steht in den Sternen. Die Schärfe der Auseinandersetzung um Sharons Plan lässt die innenpolitische Sprengkraft des Vorhabens erahnen. (...) Fest steht leider nur, dass der Krieg mit bewaffneten Palästinensern im Gaza-Streifen bis auf weiteres andauern wird - auf dem Buckel der geschundenen Zivilbevölkerung." (APA/dpa)
 
27.10.2004



Sharon entlässt Minister und Vize-Minister
Hatten gegen Gaza-Rückzugsplan des Premiers gestimmt - Finanzminister Netanjahu verlangt Referendum und droht mit Ausstieg aus der Regierung

Usi Landau, Ex-Minister ohne Portfolio.




Jerusalem - Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon hat am Dienstagabend einen Minister und einen Vize-Minister entlassen, die im Parlament gegen seinen Gaza-Rückzugsplan gestimmt hatten. Israelische Medien berichteten, Usi Landau und Michael Ratzon hätten ihre Kündigungsbriefe direkt nach der Abstimmung erhalten. Sharon hatte vor dem Votum gedroht, er werde jeden Minister entlassen, der gegen seinen Plan stimme.

Die Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Dalia Izik, nannte den Abstimmungssieg Sharons einen "großen Tag für den Staat Israel". Mit 67 von 120 Abgeordneten stimmte eine deutliche Mehrheit für den Plan. Auch die Arbeitspartei stützte den Räumungsplan bei der historischen Entscheidung. Sharons Likud-Partei war hingegen gespalten: 23 Abgeordnete stimmten für, 17 gegen das Abzugsvorhaben. Die elf Parlamentarier der streng religiösen Shas-Partei stimmten kollektiv gegen den Plan.

Netanjahu und drei Minister verlangen Referendum

Finanzminister Benjamin Netanjahu und drei weitere Minister der regierenden Likud-Partei forderten eine Volksabstimmung über den Plan ihres Regierungschefs Ariel Sharon, der vom Parlament angenommen worden war. "Wir haben uns entschieden, dem Ministerpräsidenten zwei Wochen zu geben, um ein Referendum anzukündigen", sagte Netanjahu. "Sollte das nicht passieren, sehen wir uns außer Stande, uns weiter als Teil dieser Regierung zu sehen."

Eine Mehrheit der israelischen Bevölkerung unterstützt Umfragen zufolge den Abzug. Der rechte Flügel in Scharons Partei unterstützt jedoch die rechts-nationale Opposition gegen den Plan um die Siedlerbewegung. (red/Reuters/APA/dpa)
 
27.10.2004



Israelisches Parlament stimmt für Gaza-Rückzugsplan
67 zu 45 Stimmen - Oppositionelle Arbeitspartei unterstützt Sharon-Initiative - USA begrüßen Knesset-Beschluss

Premier Sharon nach gewonnener Abstimmung.

Links
Haaretz: "Gaza plan wins resounding Knesset approval"

Haaretz: " U.S. praises Knesset's approval of PM's pullout plan"

Jerusalem Post: "Knesset Okays Disengagement"





Jerusalem - Das israelische Parlament hat nach zweitägiger Debatte den umstritten Abzugsplan von Ministerpräsident Ariel Sharon gebilligt. 67 der 120 Abgeordneten der Knesset stimmten am Dienstagabend für den Plan, der für das kommende Jahr die Räumung aller 21 jüdischen Siedlungen im Gazastreifen sowie von vier der 120 Siedlungen im Westjordanland vorsieht. Die USA begrüßten das Votum. Es eröffne "reale Chancen" für Fortschritte auf dem Weg zum Frieden in Nahost.

Sharon war auf Stimmen der Opposition angewiesen, da der Plan von Teilen seiner Likud-Partei abgelehnt wurde. Die Nationalreligiöse Partei und führende Minister von Sharons Likud-Block drohten nach der Abstimmung allerdings, sie würden aus der Koalition aussteigen, sollte der Regierungschef sich nicht innerhalb von 14 Tagen für eine Volksabstimmung über den Räumungsplan entscheiden.

Sharon feuert Minister

Gleich nach der Abstimmung entließ Sharon einen Minister sowie einen Vize-Minister, die gegen seinen Plan gestimmt hatten. Israelische Medien berichteten, Usi Landau und Michael Ratzon hätten ihre Kündigungsbriefe direkt nach dem Votum erhalten. Sharon hatte zuvor gedroht, er werde jeden Minister entlassen, der gegen seinen Plan stimmt.

Die Abgeordneten hatten vor der historischen Abstimmung bis zur letzten Minute heftig um den Abzugsplan gerungen. Im Namen Sharons warnte Transportminister Meir Shitrit von der Likud-Partei, Israel drohe die internationale Isolierung, sollte es sich nicht aus dem Gazastreifen zurückziehen. "Wir sind von der Welt abhängig, wir können nicht einfach auf sie pfeifen", betonte Schitrit.

Arbeiterpartei: "Ein großer Tag für Israel"

Die Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Dalia Izik, nannte den Abstimmungssieg Sharons einen "großen Tag für den Staat Israel". Auch die Arbeitspartei stützte den Räumungsplan. Aus Sharons Likud-Partei stimmten 23 Abgeordnete für und 17 gegen das Abzugsvorhaben. Die 11 Parlamentarier der strengreligiösen Shas-Partei stimmten kollektiv gegen den Plan. Die arabischen Abgeordneten enthielten sich.

Netanyahu fordert Volksabstimmung

Zwei hochrangige "Rebellen" innerhalb von Sharons Likud, Finanzminister Benjamin Netanyahu und Erziehungsministerin Limor Livnat, stimmten zwar für den Plan, forderten von Sharon aber ultimativ eine Volksabstimmung. Anderenfalls wollten sie ihre Ämter niederlegen. "Wir wollen niemanden stürzen", sagte Netanjahu nach der Abstimmung. "Wir wollen nur einen tiefen Riss innerhalb des (israelischen) Volks verhindern."

Weitere Kabinettsabstimmungen nötig

Sharon lehnte ein Referendum ab, weil es seiner meinung nach nur zu weiterem "Streit, Bruderkrieg und Gewalt führen und den Beginn des Rückzugs um mindestens sechs Monate verzögern" würde. Die Zustimmung des Parlaments garantiert noch nicht die tatsächliche Umsetzung des Vorhabens. Das Kabinett muss über jede der vier Phasen des geplanten Rückzugs jeweils einzeln abstimmen. Die erste Phase soll im März beginnen.

Vor der Knesset hatten während der Debatte am Nachmittag etwa 15 000 Befürworter und Gegner des Abzugsplans demonstriert. In allen israelischen Siedlungen im Westjordanland und im Gazastreifen blieben die Schulen geschlossen, damit die Kinder und Jugendlichen an den Protestkundgebungen teilnehmen konnten.

Sharon unter Druck

Die meisten Israelis befürworten Umfragen zufolge das Vorhaben des Premiers. Sharon ist wegen seines Plans allerdings in seiner Likud-Partei sowie bei nationalistischen und national-religiösen Gruppen unter Druck geraten.

Die Palästinenser lehnen den Plan ab. Sie befürchten, dass ein einseitiger israelischer Abzug den internationalen Friedensplan für den Nahen Osten endgültig scheitern lassen und die Gründung eines Palästinenser-Staates unmöglich machen könnte. Im Gaza-Streifen leben rund 8.000 Siedler unter 1,3 Millionen Palästinensern.

USA begrüßen Knesset-Beschluss

In Washington sagte US-Außenamtssprecher Kurtis Cooper: Wenn der Schritt in Übereinstimmung mit dem Nahost-Fahrplan und mit "angemessener Unterstützung" der internationalen Gemeinschaft vollzogen werde, liege darin die Chance, dass beide Seiten (Israelis und Palästinenser) der Umsetzung der Vision von zwei friedlich nebeneinander lebenden Staaten näher kommen. (APA/dpa/Reuters)
 
28.10.2004



Für manche Siedler ein Déjà-vu
Israel räumte bereits 1982 im Sinai Siedlungen



Wien - Für einige der Siedler im Gazastreifen wird es voraussichtlich ein Déjà-vu-Erlebnis geben, wenn Premierminister Ariel Sharon seinen Gaza-Abzugsplan tatsächlich umsetzt. Den bereits 1982 hat Israel - wenn auch in bedeutend geringerem Ausmaß, als in dem jetzt von Sharon geplanten - jüdische Siedlungen räumen lassen.

Damals ließ Israel die Siedlungen auf der 1967 im Sechstagekrieg gegen Ägypten eroberten Sinai-Halbinsel auflösen, die allerdings auch nach der Ansicht von Siedlerverbänden nie zum historischen "Groß-Israel" gehörte. Ein Großteil der Siedler fand mit Unterstützung der Regierung ausgerechnet im Gazastreifen eine neue Heimat, womit diese Menschen nun erneut gezwungen sein könnten, ihr zu Hause aufzugeben.

Die israelische Regierung bot den Siedlern hohe Entschädigungszahlungen oder sagte ihnen den Aufbau neuer Siedlungen im Gazastreifen oder im Westjordanland zu. Die meisten Menschen nahmen die Entschädigungsangebote an und verließen den Sinai friedlich. In der 1200 Einwohner zählenden Siedlung Yamit kam es allerdings zu tagelangen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und Siedlern. Diese hatten sich auf den Dächern ihrer Häuser verbarrikadiert, die Soldaten mussten neben Wasserwerfern auch Tränengas einsetzten. Der damalige Verteidigungsminister, der für die Räumung des Sinai hauptverantwortlich war, hieß Ariel Sharon, was viele der Siedler für den "ersten Umfaller" des Likud-Politikers halten.

Der rechtskonservative israelische Likud-Premier Menachem Begin ließ die Räumungen anordnen, um damit israelischen Verpflichtungen aus dem 1979 unterzeichneten Camp-David Friedensabkommen mit Ägypten nachzukommen. Das Abkommen beendete den 30-Jahre dauernden Kriegszustand zwischen Israel und Ägypten. Begin und der später von Extremisten ermordete ägyptische Staatspräsident Anwar-al Sadat erhielten für die Unterzeichnung des Camp-David Abkommens den Friedensnobelpreis. (and, Reuters/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.10.2004)
 
28.10.2004


Israelische Panzer rücken in Jenin ein
Feuergefechte mit militanten Palästinensern
Jerusalem - Rund 40 israelische Panzer und Schützenpanzer sind in der Nacht auf Donnerstag ins Flüchtlingslager von Jenin im Westjordanland eingerückt. Augenzeugen berichteten, dabei sei es zu Feuergefechten mit militanten Palästinensern gekommen. Über Verletzungen wurde zunächst nichts bekannt. Aus israelischen Militärkreisen verlautete, Ziel der Offensive sei es, palästinensischer Extremisten in dem Lager habhaft zu werden.

Die Aktion werde vermutlich einige Tage andauern. Seit Beginn des Palästinenseraufstands vor gut vier Jahren sind die israelischen Streitkräfte häufig in Städte und Flüchtlingslager im Westjordanland eingerückt. (APA/AP)
 
28.10.2004



Pressestimmen: "Sharon bricht mit der eigenen Vergangenheit"
"Gaza-Räumung bedeutet nicht Gründung eines palästinensischen Staates"
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Soziale
SOWISO, Zeitung der Sozialwirtschaft in Österreich
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Frankfurt/Berlin/Rom - Die Entwicklung im Nahen Osten nach dem israelischen Parlamentsvotum über den Gaza-Räumungsplan von Premier Ariel Sharon und der dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustands des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat wird am Mittwoch von europäischen Blättern kommentiert:

Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Sharon unternimmt nicht mehr und nicht weniger als den Bruch mit der eigenen Vergangenheit. Dass ausgerechnet er, der Held der Siedler-Bewegung, eines Tages zum Rückzug aus besetzten Gebieten blasen werde, konnten sich viele nur schwer vorstellen. Es mag sein, dass er im tiefsten Innern mit seinen politischen Idealen nicht gebrochen hat, doch auf der Ebene des politischen Kalküls macht er jetzt etwas Neues. (...) Für Israel bedeutet der Rückzug, wenn er denn vollzogen wird, eine erhebliche Entlastung, vor allem finanziell. Die Armee wird eine schwierige Aufgabe los. Allerdings ist die Frage, wer künftig für die Sicherheit aufkommen soll, ungeklärt. Der Gaza-Streifen ist das schlimmste soziale Problemgebiet in der Region und wird es bleiben. Die Radikalreligiösen von der Hamas sind dort stärker als im Westjordanland. So wird Israel seine Grenze mit dem Gaza-Gebiet noch stärker sichern müssen als bisher. (...) Die Palästinenser selbst fühlen sich übergangen. Tatsächlich hätte ein ausgehandelter Rückzug (vielleicht) bedeutet, Missinterpretationen zu verhindern. Die palästinensischen Islamisten werden versucht sein, den Abzug so zu deuten, wie sie es seinerzeit mit dem israelischen Verlassen der Sicherheitszone im Südlibanon unter Ministerpräsident Ehud Barak getan haben - als ihren eigenen Sieg, als Sieg vor allem des Terrors. Doch das war schon im Falle des Libanon ein Fehlschluss; jetzt ist er es erst recht."

Berliner Zeitung

"Eine Wiederbelegung der Roadmap, des letzten Friedensplans, steht ausdrücklich nicht auf der Agenda der israelischen Regierung, also auch nicht die Gründung eines palästinensischen Staates - inklusive des israelischen Abzugs auch aus großen Teilen des Westjordanlandes. Das hat Dov Weisglass, der Berater von Premier Sharon, einige Wochen vor der Knesset-Abstimmung über den Plan unmissverständlich gesagt: 'Die Bedeutung des Plans liegt darin, dass der Friedensprozess eingefroren wird,' sagte er. Damit werde die Schaffung eines palästinensischen Staates verhindert, wie auch eine Diskussion um Flüchtlinge, um die Grenzen und um Jerusalem. 'Das ganze Programm eines palästinensischen Staates mit allen Details wird auf unbestimmte Zeit von unserer Agenda genommen.' Inzwischen sickerte durch, dass Sharon mit genau dieser Argumentation die Stimmen einiger innerparteilicher Gegner für den Plan gewonnen hat. Das Entflechtungsabkommen könnte somit die Annexion großer Siedlungsblöcke im Westjordanland besiegeln. Gaza wäre dann zwar das erste Stück Land, das die Palästinenser zurückbekommen. Aber es wäre auch das letzte. Zudem unterliegt Gaza auch nach einem Abzug israelischer Kontrolle: die Grenzen und Grenzübergänge, der Luftraum, die Gewässer, die Beziehungen zum Ausland, der Handel. Und Israel behält sich das Recht vor, jederzeit wieder in den Gaza-Streifen einzudringen."

La Repubblica

"Man hat die beiden Männer als Duellanten bezeichnet, weil sie seit Jahrzehnten einer gegen den anderen gekämpft haben. Und nun hat einer von ihnen, Yasser Arafat, die Waffen niedergelegt und ist vielleicht sogar dabei, ganz die Szene zu verlassen. Dies geschieht just in dem Augenblick, zu dem sein Gegner, Ariel Sharon, zumindest auf den Titelseiten der Presse einen Triumph erlebt, als 'Mann des Friedens' und großer Staatsmann, der den israelischen Rückzug aus dem Gaza-Streifen beschlossen hat. Sicherlich, es handelt sich dabei um eine rein zeitliche Koinzidenz, aber auch um eine Ungerechtigkeit der Geschichte." (APA/dpa)
 
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