Rund 52 Prozent billigen neue serbische Verfassung
"Substanzielle Autonomie" für Kosovo vorgesehen
Belgrad - Serbiens neue Verfassung soll kommenden Sonntag vom Parlament in Belgrad feierlich verkündet werden, wie Parlamentspräsident Predrag Markovic am Montag mitteilte. Der 5. November ist symbolträchtig ein orthodoxer Feiertag, der Tag des Heiligen Demetrius. Dadurch soll das in einem Referendum am Wochenende angenommene Grundgesetz in den Augen der Serben offenbar größeres Gewicht bekommen. Die Beteiligung an der Volksabstimmung betrug nur 54,19 Prozent. Nach offiziellen Angaben bei einem Auszählungsstand von mehr als 98 Prozent sprachen sich 52,31 Prozent aller Stimmberechtigten für den Text aus.
Mit der "Demetrius-Verfassung" bekommen die Serben zum dritten Mal in ihrer Geschichte ein an einem geheiligten Tag erlassenes und danach benanntes Grundgesetz: Am 15. Februar 1835 wurde unter der Herrschaft des Fürsten Milan Obrenovic in Kragujevac 40 Tage nach dem orthodoxen Weihnachtsfest zu Sretenje eine Verfassung erlassen. Dieser Feiertag erinnert daran, wie Maria Jesus zum ersten Mal in den Tempel brachte. Die Verfassung des 1918 ausgerufenen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) (später Jugoslawien) unter König Peter I. Karadjordjevic wurde am 28. Juni 1921 erlassen, dem Tag des Heiligen Veit.
"Substanzielle Autonomie" für Kosovo
Die neue Verfassung schreibt die Provinz Kosovo als "Bestandteil Serbiens mit substanzieller Autonomie" fest. In den laufenden Verhandlungen über den künftigen völkerrechtlichen Status des Kosovo streben die Führer der albanischen Mehrheitsbevölkerung die Unabhängigkeit an, was Belgrad zu verhindern sucht. War die generell niedrige Wahlbeteiligung überraschend, so hatte man die hohe Teilnahme in den Serben-Enklaven im Kosovo erwartet: Rund 90 Prozent der etwa 100.000 Stimmberechtigten dort gingen zur Abstimmung. In der mehrheitlich von Albanern bewohnten Gemeinde Presevo an der administrativen Grenze zum Kosovo votierten dagegen nur sechs Prozent der Bürger.
Prishtina bedauert Teilnahme der Kosovo-Serben
Das Verhandlerteam Prishtinas bei den Gesprächen über den künftigen völkerrechtlichen Status des Kosovo hat am Montag sein Bedauern über die hohe Beteiligung der Kosovo-Serben am zweitägigen Referendum über eine neue serbische Verfassung bekundet. Nach bisherigen offiziellen Angaben haben rund 90 Prozent der stimmberechtigten Kosovo-Serben in ihren Enklaven am Urnengang teilgenommen. Die Kosovo-Albaner wurden nicht befragt.
Unter 50 Prozent lag die Beteiligung in der Vojvodina in Nordserbien. Dort nahmen 46 Prozent der Stimmberechtigten am Referendum teil. Mehrere kleinere Parteien hatten in der Provinz zum Boykott aufgerufen. Sie protestierten damit gegen die ihrer Ansicht nach zu geringen regionalen Selbstbestimmungsrechte in der neuen Verfassung. [/b]"Die Bürger der Vojvodina haben erneut bewiesen, dass sie die erniedrigende Definition der Vojvodina-Autonomie in der neuen Verfassung nicht akzeptieren", hieß es noch in der Nacht von NGOs in der Provinz, die den Boykott unterstützten.[/b]
Beschwerden über Unregelmäßigkeiten
In Belgrad zweifelte die Liberal-Demokratische Partei (LDP) des früheren Vize-Regierungschefs Cedomir Jovanovic die Referendumsergebnisse offen an. Sie will Unregelmäßigkeiten durch Video-Aufnahmen dokumentiert haben. Der zuständigen Wahlkommission zufolge sind bisher rund 20 Beschwerden eingelangt, mit denen man sich befassen wolle; es seien aber keine gröberen Irregularitäten festgestellt worden.
Europarat: Referendum im Einklang mit Verpflichtungen
Der Europarat hat den Verlauf des zweitägigen Verfassungsreferendums in Serbiens positiv bewertet. Die Beobachterdelegation der Parlamentarischen Versammlung erklärte am Montag, dass die Abstimmung im Einklang mit den Verpflichtungen verlaufen sei, die Serbien als Mitglied des Europarats übernommen habe.
"Die Atmosphäre zeugte von ungestörter Bekundung des Wählerwillens, wenngleich die politisch motivierte Entscheidung zum schnellen Erlass der Verfassung den Parteien keine Zeit gelassen hat, eine Kampagne zu führen, die auch eine öffentliche Diskussion einbeziehen würde", sagte Delegationsleiter Alexander Fomenko in Belgrad.
Präsident Boris Tadic und Ministerpräsident Vojislav Kostunica, aber auch der Chef der ultra-nationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS), Tomislav Nikolic, gratulierten den Bürgern zur Billigung der Verfassung.
"Serbien hat bewiesen, dass es ein demokratisches Land ist", sagte Kostunica in einer Fernsehansprache. "Das ist ein großer Augenblick für Serbien, ein Sieg."
"Damit haben wir die Milosevic-Zeit hinter uns gelassen", hob Tadic mit Blickrichtung auf den heuer im Gefängnis des UNO-Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien (ICTY) verstorbenen früheren serbischen und jugoslawischen Staatschef. Unter Slobodan Milosevic war 1990 die bisher gültige Verfassung ausgearbeitet worden.
Feiern in Mitrovica
Gefeiert wurde in der Nacht auf Montag auch im Nordteil von Mitrovica, der geteilten Stadt im Norden des Kosovo. Auf der Ibar-Brücke, die den serbischen Nord- vom albanischen Südteil trennt, riefen die versammelten Menschen: "Kosovo ist Serbien!"
Von Seiten der Kosovo-Albaner, die zur neuen Verfassung nicht befragt wurden, reagierte bisher niemand auf das Wahlresultat. Das Provinzparlament hatte die Abhaltung der Volksabstimmung in den Serben-Enklaven der von der UNO verwalteten Provinz für rechtswidrig erklärt. Auswirkungen der neuen Verfassung auf die Gespräche über den künftigen Status des Kosovo erwartet man in Pristina nicht. (APA)
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Die Spinner aus Vojvodina haben voll keine Ahnung,das Volk habe gezeigt das es nicht mit dem Referendum einverstanden ist. :roll: Ermeint wohl das Nichtserbische Volk der Vojvodina.