Gefürchtet und heiß begehrt
Wie Erdogan die Türkei zur Drohnen-Macht aufrüstet
Die türkische Kampfdrohne Bayraktar setzt russischen Soldaten im Ukraine-Krieg stark zu. Das Waffensystem begeistert Kunden in aller Welt, auch Putin. Wie die Türkei zum Selbstversorger mit Militär-Produkten wurde und ob sie der Nato die Treue hält.
In Deutschland spricht man, wenn es um Waffen im Ukraine-Krieg geht, sehr häufig über die, die nicht da sind. Oder über einen Panzer-Ringtausch, bei dem wir unsere Verpflichtungen nicht erfüllen.
In der Türkei sieht das anders aus: Hier laufen Bilder in den Nachrichten, wie türkische Präzisionswaffen russische Invasoren töten – und den Ukrainern helfen.
Konkret geht es um ein Waffensystem, das mit den Top-Gerätschaften aus den USA mühelos mithalten kann: Die Kampfdrohne Bayraktar TB2. Sie war ein entscheidender Garant dafür, dass Russland die strategisch wichtige Schlangeninsel aufgrund der hohen Verluste aufgegeben hat. Die Präzisionswaffen sind im Verhältnis zu ihrer enormen Wirkung relativ günstig. Mache Experten sagen, sie können Kriege entscheiden.
Bayraktar: Für die türkische Drohne stehen viele Länder Schlange
Im Ukraine-Krieg wird deutlich: Die Türkei hat ein Waffensystem entwickelt, das zum allerbesten gehört, was die Welt derzeit zu bieten hat. Es belegt, dass der Weg der Türkei nicht nur anders war als zum Beispiel der deutsche, sondern allem Anschein nach auch der bessere: Autarkie. Das Land wollte sich selbst mit wesentlichen Waffen versorgen können, unabhängiger von den großen Playern werden. Die Gründe sind auch historisch bedingt: In den 1970er-Jahren litt die Türkei unter Waffenembargos der USA, dem damals mit Abstand wichtigsten Lieferanten.
Bei der Bayraktar ist die Türkei selbst zum Lieferanten geworden: Marokko, Tunesien, Libyen, Niger, Äthiopien, Polen, Turkmenistan und eben die Ukraine sind schon Kunden der Bayraktar. Nigeria, Oman, Pakistan, Bulgarien, Serbien, Ungarn und Großbritannien zeigen Interesse oder verhandeln konkret über einen Kauf der Kampfdrohne. Der Überfall Russlands auf die Ukraine treibt das Geschäft: Die Ausgaben für Verteidigung wachsen überall in der Welt. Gut für die Drohnenmacht Türkei.
In nur einem Jahr investierte Erdogan 1,6 Milliarden Dollar in Drohnen
In einer Untersuchung der Unternehmensberatung AT Kearney heißt es: „Die Türkei ist eine der wenigen Nationen, die dank ihrer langjährigen Forschungs- und Entwicklungsprojekte auf einen solchen Anstieg der Nachfrage vorbereitet sind.“ Laut des Berichts investierte die Türkei in 2021 1,6 Milliarden Dollar in die Entwicklung neuartiger Waffensysteme und produzierte Rüstungsgüter im Wert von rund zehn Milliarden Dollar.
Neben der Kampfdrohne Bayraktar entwickelt das Land einen Flugzeugträger, diverse gepanzerte Fahrzeuge, Schlachtschiffe, Kampfpanzer, tragbare Raketenwerfer, Hubschrauber und ein Satellitensystem. Laut Präsident Recep Erdogan versorge sich die Türkei derzeit zu 70 Prozent selbst mit Waffen, angestrebt sind 100 Prozent.
Beliefert Erdogan am Ende auch Putin?
Als sich Erdogan und Putin jüngst in Sotschi trafen, gingen im Westen indes die Alarmglocken an: Ist das Nato-Mitglied Türkei bereit, die Kampfdrohne auch an Russland zu liefern?
Erdogan hatte das vor dem Treffen nicht ausgeschlossen. Anders als Haykuk Bayraktar, Chef des Herstellers der Kampfdrohne: „Wir unterstützen die Ukraine.“
Doch zeigt die Erfahrung, dass Erdogan nicht immer ein verlässlicher Partner für den Westen ist. Zudem ist das Land von Russlands Gaslieferungen abhängig, auch von Getreidelieferungen – und die russischen Touristen sind auch gern gesehene Gäste. Bisher scheint die Treue zur Nato zu halten. Aber Erdogan hat ein Druckmittel in der Hand. Man habe sich mit Russland auf einen Ausbau der Beziehungen geeinigt - in den Bereichen Handel, Industrie und Tourismus, so die offiziellen Verlautbarungen nach dem Sotschi-Treffen vergangene Woche.
Dieser Satz gefällt mir: "Im Ukraine-Krieg wird deutlich: Die Türkei hat ein Waffensystem entwickelt, das zum allerbesten gehört, was die Welt derzeit zu bieten hat."