[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Auf den Spuren der Vergangenheit - warum Koreaner und Türken ein besonderes Verhältnis zueinander haben[/FONT]
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Der 33-jährige Berliner türkischer Abstammung Gùlaga Celik hat ein ungewöhnliches Hobby. Seit er 1989 seinen ersten T'aekwondo-Kurs besuchte, fasziniert ihn alles, was mit Korea zusammenhängt. "Ich weiß auch nicht genau warum, aber wenn ich Koreaner sehe oder Koreanisch höre, freue ich mich. Vielleicht liegt das daran, das die koreanische und türkische Sprache zu einer Sprachfamilie gehören", sinniert er. Inzwischen hat Gùlaga Celik nicht nur an mehreren Koreanisch-Sprachkursen teilgenommen, sondern auch Freundschaft mit zahlreichen Koreanern geschlossen. Der gelernte Maler und Fliesenleger geht sogar so weit, sich selbst als "Korea-Fanatiker" zu bezeichnen. Er gibt zu, dass viele ihn bisweilen für verrückt halten, weil er sich so sehr für Korea interessiert. [/FONT]
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Sein ganz besonderes Interesse gilt allerdings den türkischen Soldaten, die am Korea-Krieg teilgenommen haben. Bei Ausbruch des Korea-Kriegs 1950 war die Türkei eines der ersten Länder, das Süd-Korea gegen den kommunistischen Norden zur Hilfe eilte. Seitdem verbindet die Türkei und Korea ein ganz besonderes Verhältnis: Viele Koreaner erinnern sich auch noch heute mit Dank an die Hilfe der Türken. [/FONT]
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1999 reiste Gùlaga Celik zum ersten Mal für drei Wochen nach Korea. In Seoul angekommen betrat er das türkische Konsulat und erkundigte sich, wo die türkischen Soldaten, die im Korea-Krieg gefallen sind, begraben liegen. Mit der Adresse im Gepäck fuhr er nach Busan zum UN-Soldatenfriedhof. Obwohl er gehört hatte, dass viele türkische Soldaten im Korea-Krieg gestorben seien, war er dann doch überwältigt von der Menge der türkischen Gräber, die er dort fand. Insgesamt haben 462 türkische Soldaten ihre letzte Ruhestätte auf dem UN-Soldatenfriedhof in Busan gefunden. Auch der Friedhof selbst beeindruckte ihn. Gùlaga Celik erzählt: "Die Gräber der türkischen Soldaten waren alle sehr sauber und ordentlich, und jedes hatte eine türkische Flagge. Aber am meisten bewegt hat mich das Gedicht, das einer meiner Landsleute im Korea-Krieg geschrieben hat. Auf Deutsch übersetzt lautet es etwa so:[/FONT]
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Schlaf in Busan[/FONT]
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(...)
Wie schön war es doch in Busan
zusammen zu denken
Berge, Täler, Schulter an Schulter zu kämpfen.
Es dauert nicht lange, und ich verabschiede mich.
Es geschah etwas, das ich nicht wahrnahm.
Eines Nachts Flagge für Flagge trocknete mein Blut.
Jetzt ruhe ich in der Erde von Busan.
Meine Gefühle sind weiter als der Tod.
Mein Vaterland wächst über meinem Kopf.
Der Tod versteht jede Sprache.
Alle Toten sind wach.
Meine Hände sind zusammengefaltet im Himmel.
Wir kommunizieren über unsere Gräber hinweg.
Das Vaterland gehört uns.
Grüße an dich, von hier, du im Krieg gefallener Türke.
Du in Anatolien, ich in Busan.
Du opfertest dich für die Türkei.
Ich opferte mich für die ganze Welt."[/FONT]
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Dieses Gedicht eines unbekannten türkischen Soldaten ist auf dem UN-Soldatenfriedhof von Busan in Stein gemeißelt. Auch mit den Koreanern, die die Gräber ihrer Angehörigen besuchten, ist Gùlaga Celik ins Gespräch gekommen. "Ich konnte mich allerdings damals nicht so viel unterhalten, weil mein Koreanisch noch nicht so gut war", sagt er.[/FONT]
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Zurück in Deutschland erzählte er einem türkischen Nachbarn, der für ihn wie ein Onkel ist, begeistert von seiner Reise nach Korea. "Da habe ich erfahren, dass mein ‚Onkel' im Korea-Krieg war, und er hat mir sein altes Photo-Album gezeigt. Weil ich das alles sehr interessant fand, beschloss ich, bei einem Besuch in der Presse- und Kulturabteilung der koreanischen Botschaft von den Erlebnissen meines Onkels zu berichten." So entstand die Idee, die Erfahrungen des Kriegs-Veteranen während des Korea-Kriegs einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen..[/FONT]
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Sein Onkel, der 72-jährige Hilmi Özmür, ist ein Mann, der nicht viele Worte macht. Der Korea-Kriegsveteran stammt ursprünglich aus dem türkischen Eskisehir. Er war einer der ersten türkischen Soldaten, die es an die nord-süd-koreanische Front verschlug. Als der Korea-Krieg ausbrach, war der ehemalige Schneider gerade erst 20 Jahre alt und hatte noch nie von einem Land namens Korea gehört. [/FONT]
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Als Mitglied der UNO war die Türkei verpflichtet, Soldaten nach Korea zu schicken. Von den 90 Mann seiner Einheit wurden zwei für den Militärdienst in dem fernen südostasiatischen Land per Los ausgewählt. Einer von ihnen war Hilmi Özmür. [/FONT]
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Nach einem kurzen Abschied von seiner Familie stach er auf seinem Schiff schon wenige Stunden später vom türkischen Hafen Iskendoren in See in Richtung Korea. Auf die Frage, wie er und seine Familie denn seine plötzliche Abreise aufgenommen hätten, reagiert er verständnislos. "Wie sollte ich reagiert haben? Ich war Soldat, und Pflicht ist Pflicht." Die Pflichterfüllung als Soldat war für ihn immer eine Selbstverständlichkeit. Zu dem Zeitpunkt seiner Abreise war er bereits Vater einer einjährigen Tochter. [/FONT]
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Nach 23 Tagen auf dem Meer kam das türkische Schiff in der südkoreanischen Hafenstadt Busan an. "In Busan haben wir uns eine Woche ausgeruht, und dann ging es weiter nach Daegu. Von dort sind wir nach 22 Tagen direkt an die Front geschickt worden." Dort kämpften die türkischen Soldaten Seite an Seite mit englischen, französischen, italienischen und amerikanischen Soldaten. Insgesamt haben etwa 5500 türkische Soldaten am Korea-Krieg teilgenommen. Süd-koreanische Soldaten hat er nicht zu Gesicht bekommen. Hilmi Özmür erzählt:" Wir türkischen Soldaten sind immer ganz nach vorn geschickt worden und haben an vorderster Linie gekämpft."[/FONT]
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Der Mut der türkischen Soldaten im Korea-Krieg ist sprichwörtlich. In einer Ausgabe des Spiegels vom 20. Dezember 1950 wird ein "Time"-Korrespondent zur Schlacht bei Kaechon zitiert: " Nach 48 Stunden erbitterten Abwehrkampfes gegen die anstürmenden Rotschinesen ging den [türkischen] Soldaten (...) die Nahrung und die Munition aus. Da griffen sie mit aufgepflanztem Bajonett an, kämpften mit Messern und Fäusten und warfen Steine auf die endlosen Wellen anstürmender Chinesen. Als schließlich amerikanische Panzer vorfuhren, um den abgekämpften türkischen Einheiten einen Rückzugsweg zu bahnen, waren die Türken schon wieder im Angriff. Auf den Befehl, zurückzugehen, da seine Truppe von Chinesen eingeschlossen sei, entrüstete sich der türkische Befehlshaber: "Zurückgehen? Warum zurückgehen? Wir bringen sie massenweise um."[/FONT]
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Bereits bei der ersten Begegnung mit den chinesischen Gegnern fielen etliche der türkischen Kameraden von Hilmi Özmür. Er selbst hat Glück gehabt: Aus dem Korea-Krieg ist er ohne Verletzung heimgekehrt. Er erinnert sich, wie er einmal, als er mit mehreren Soldaten in einem Geländewagen unterwegs war, beschossen wurde. Fahrer und Beifahrer wurden getötet, aber er kam wie durch ein Wunder ohne Schaden davon. Insgesamt sind im Korea-Krieg 765 türkische Soldaten getötet und 2147 verletzt worden. Es gab 234 Kriegsgefangene, und 175 Soldaten werden noch heute vermisst. An den berühmten türkischen General Tahsin Yazici kann sich Hilmi Özmür ebenfalls noch gut erinnern:" Er war sehr mutig und ein guter Mann." Als gelernter Schneider hat Hilmi Özmür ihm auch einmal die Hose nähen müssen. [/FONT]
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Von seiner Zeit an der Front macht Hilmi Özmür nicht viel Aufhebens. Als er gefragt wird, ob er etwas von dem Fußballspiel, das 1950 in einem der Militärcamps zwischen türkischen und süd-koreanischen Soldaten stattgefunden haben soll, gehört habe, antwortet er überrascht:" Fußballspielen? Wir hatten keine Zeit für solche Sachen, wir hatten entweder Militärmanöver oder waren an der Front." Damals gewann die türkische Mannschaft mit 3:2 gegen das koreanische Team. [/FONT]
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