Blochers türkischer Fehltritt
ANKARA – Christoph Blocher sorgt in der Türkei für Ärger. Hintergrund: Er nahm den Historiker Yusuf Halacoglu in Schutz. Dieser gilt als Völkermord-Leugner.
Empört fernab der Heimat: Justizminister Christoph Blocher bei seiner Rede heute in Ankara.
So fings an: Die Türkei sei seines Erachtens zu Recht über das Strafverfahren in der Schweiz gegen den Historiker Yusuf Halacoglu wegen Verletzung der Rassismusstrafnorm erbost, sagte Blocher in Ankara. Gegen den Professor und Präsidenten der Türkischen Historischen Gesellschaft läuft wohlbemerkt ein Strafverfahren, weil er am 2. Mai 2004 in einem Vortrag in Winterthur den Völkermord an den Armeniern geleugnet haben soll.
Doch damit nicht genug der Taktlosigkeit: Blocher stellte einen grossen Konflikt der Meinungsäusserungsfreiheit fest. Unabhängig von diesem Verfahren werde in seinem Departement intern untersucht, was man bezüglich der Rassismusstrafnorm tun könne. Und vor türkischen Medien soll Blocher gesagt haben, die Rassismusstrafnorm bereite ihm Bauchschmerzen!
Die scharfe Kritik auf solche Worte kam schnell: Der Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Georg Kreis, bezeichnete es als problematisch, wenn ein Mitglied der Exekutive sich zu einem laufenden Verfahren einer richterlichen Behörde öffentlich äussere. Zudem entspreche es nicht gerade gutem Stil, wenn man eine beabsichtigte Gesetzesrevision im Ausland ankündige.
Es sei inakzeptabel, wenn ein Justizminister die eigene Rechtsordnung im Ausland kritisiere, sagte CVP-Vizepräsident Dominique de Buman. Und SP-Nationalrat Erwin Jutzet erinnerte daran, dass die Strafnorm in einer Referendumsabstimmung vom Volk gutgeheissen worden war. «Diese Wiederholungstat macht offenkundig, dass Blocher in der Landesregierung fehl am Platz ist», teilten die Grünen mit.
Zwei Verfahren
Bundesrat Blocher sprach in der Türkei zwei Verfahren gegen Türken an. Diese befinden sich in einem unterschiedlichen Stadium. Das Verfahren gegen den Politiker Dogu Perincek, der im Sommer 2005 in Reden in den Kantonen Waadt, Zürich und Bern zur Armenienfrage sprach, ist abgeschlossen. Das Lausanner Polizeigericht wird am 6. und 7. März 2007 darüber entscheiden, ob seine Aussagen als rassistisch einzustufen sind oder nicht.
Das Verfahren gegen den türkischen Professor Yusuf Halacoglu, der im Mai 2004 bei einer Rede in Winterthur den Völkermord an Armeniern geleugnet haben soll, ist demgegenüber sistiert. Alle Versuche, Halacoglu persönlich einzuvernehmen und damit das Verfahren abzuschliessen, sind bisher gescheitert. Das Verfahren würde im Jahr 2011 verjähren.
http://www.blick.ch/news/ausland/artikel46374