Gentos
Gesperrt
In einer Unruherepublik greift eine dubiose Organisation „zivilisierter Männer“ zur Selbstjustiz, um den Terror zu eliminieren. Terror nämlich müsse mit Terror beantwortet werden.
Moskau. Die Gesichter hinter schwarzen Masken verborgen. In der kampfbereiten Pose bald den Spezialeinheiten des Geheimdienstes, bald den Islamisten des nordkaukasischen Untergrundes ähnlich. Anonym wie viele von ihnen, ebenso illegal, und doch auf den ersten Blick mit hehren Absichten: So präsentiert sich seit Kurzem ein selbst ernanntes Anti-Terror-Kommando, das unter dem Namen „Schwarze Falken“ dem islamistischen Terror im russischen Nordkaukasus, konkret in der Republik Kabardino-Balkarien, den Kampf angesagt hat.
Terror nämlich müsse mit Terror beantwortet werden, ließ die Organisation am Dienstag in einem Schreiben an den „Emir“ der Republik wissen: Sollten seine Bandenmitglieder abermals einfache Bürger attackieren, folge die Rache auf dem Fuß. Schon vor einer Woche hatte der Chef der „Schwarzen Falken“ im TV-Sender REN erklärt, dass sie als einfache Bürger mit dem Terror aufräumen würden: notfalls durch Sippenhaftung, damit Terroristen von der eigenen Familie zur Räson gezwungen würden und selbst spürten, was etwa der Verlust von Kindern bedeute.
Lange Zeit im Unterschied zu den Terrorismuszentren Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien relativ sicher, ist Kabardino-Balkarien zuletzt von Anschlägen heimgesucht worden. Der Terror hintertreibt auch den staatlichen russischen Plan, das gebirgige Gebiet von der Größe Tirols zu einem Eldorado des Skitourismus aufzupäppeln.
Angriff auf Attentäter-Familien
Die „Schwarzen Falken“ scheinen bereits aktiv zu sein, meinen russische Medien. Nach einer kürzlich erfolgten Großattacke der Terroristen gegen Geheimdiensteinrichtungen wurden die Elternhäuser zweier zur Fahndung ausgeschriebener Untergrundaktivisten mit Granaten beworfen. Die Sicherheitsorgane sollten daher mit den „Schwarzen Falken“ kooperieren und sie nicht bekämpfen, meint der Vizepräsident des russischen Förderationsrates, Alexander Torschin. Republikspräsident Arsen Kanokow wiederum warnt jetzt zwar vor Selbstjustiz, hat aber auch noch bis vor Kurzem Familien von Terroristen der Mitverantwortung beschuldigt, sagt Oleg Orlow von der Menschenrechtsorganisation Memorial.
Das Gros der Beobachter sieht daher hinter den „Schwarzen Falken“ die Hand des Geheimdienstes, der die neue Truppe entweder selbst gegründet hat oder sie zumindest nützt, um über sie illegale Aktionen gegen den Untergrund fortzusetzen. Orlow warnt: Eine solche Aktion, die die Blutrache anfache, könne eine Verbrechensserie lostreten und die Region in das dunkle Mittelalter zurückbefördern.
Staatsgewalt erodiert
Auch in Tschetschenien hat sich Moskau früher unterschiedlicher regionaler Einheiten bedient. Deren oft zweifelhafte Aktionen machten die Lage nur noch komplizierter. Später mussten diese Einheiten dem von Moskau gestärkten Clan eines Ramsan Kadyrow, heute Präsident von Tschetschenien, weichen.
Selbst wenn die „Schwarzen Falken“ eine Zusammenrottung von jungen Männern ist, die „zivilisierte Verhältnisse“ in der Republik schaffen möchten und daher als Informanten der Polizei dienen könnten, wie Torschin meint, wäre diese Entwicklung problematisch.
Wie im ganzen Land, so ist gerade im Nordkaukasus, der durch eine Verfilzung von korrupten Beamten mit kriminellen Strukturen gekennzeichnet ist, das Vertrauen in die staatlichen Ordnungshüter gering. Russlandweit vertrauen laut einer Umfrage des Lewada-Zentrums nur 21 bis 25 Prozent der Miliz, 60 bis 65 Prozent haben Angst vor ihr. Die staatlichen Institutionen erodieren, wie seit Längerem diagnostiziert wird.
Die Zeitung „Nesawisimaja Gaseta“ zieht den Schluss: Wenn die „Schwarzen Falken“ wirklich existieren, steht die Republik an der Schwelle zum Bürgerkrieg.
„Schwarze Falken“ jagen Islamisten im Nordkaukasus « DiePresse.com
Moskau. Die Gesichter hinter schwarzen Masken verborgen. In der kampfbereiten Pose bald den Spezialeinheiten des Geheimdienstes, bald den Islamisten des nordkaukasischen Untergrundes ähnlich. Anonym wie viele von ihnen, ebenso illegal, und doch auf den ersten Blick mit hehren Absichten: So präsentiert sich seit Kurzem ein selbst ernanntes Anti-Terror-Kommando, das unter dem Namen „Schwarze Falken“ dem islamistischen Terror im russischen Nordkaukasus, konkret in der Republik Kabardino-Balkarien, den Kampf angesagt hat.
Terror nämlich müsse mit Terror beantwortet werden, ließ die Organisation am Dienstag in einem Schreiben an den „Emir“ der Republik wissen: Sollten seine Bandenmitglieder abermals einfache Bürger attackieren, folge die Rache auf dem Fuß. Schon vor einer Woche hatte der Chef der „Schwarzen Falken“ im TV-Sender REN erklärt, dass sie als einfache Bürger mit dem Terror aufräumen würden: notfalls durch Sippenhaftung, damit Terroristen von der eigenen Familie zur Räson gezwungen würden und selbst spürten, was etwa der Verlust von Kindern bedeute.
Lange Zeit im Unterschied zu den Terrorismuszentren Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien relativ sicher, ist Kabardino-Balkarien zuletzt von Anschlägen heimgesucht worden. Der Terror hintertreibt auch den staatlichen russischen Plan, das gebirgige Gebiet von der Größe Tirols zu einem Eldorado des Skitourismus aufzupäppeln.
Angriff auf Attentäter-Familien
Die „Schwarzen Falken“ scheinen bereits aktiv zu sein, meinen russische Medien. Nach einer kürzlich erfolgten Großattacke der Terroristen gegen Geheimdiensteinrichtungen wurden die Elternhäuser zweier zur Fahndung ausgeschriebener Untergrundaktivisten mit Granaten beworfen. Die Sicherheitsorgane sollten daher mit den „Schwarzen Falken“ kooperieren und sie nicht bekämpfen, meint der Vizepräsident des russischen Förderationsrates, Alexander Torschin. Republikspräsident Arsen Kanokow wiederum warnt jetzt zwar vor Selbstjustiz, hat aber auch noch bis vor Kurzem Familien von Terroristen der Mitverantwortung beschuldigt, sagt Oleg Orlow von der Menschenrechtsorganisation Memorial.
Das Gros der Beobachter sieht daher hinter den „Schwarzen Falken“ die Hand des Geheimdienstes, der die neue Truppe entweder selbst gegründet hat oder sie zumindest nützt, um über sie illegale Aktionen gegen den Untergrund fortzusetzen. Orlow warnt: Eine solche Aktion, die die Blutrache anfache, könne eine Verbrechensserie lostreten und die Region in das dunkle Mittelalter zurückbefördern.
Staatsgewalt erodiert
Auch in Tschetschenien hat sich Moskau früher unterschiedlicher regionaler Einheiten bedient. Deren oft zweifelhafte Aktionen machten die Lage nur noch komplizierter. Später mussten diese Einheiten dem von Moskau gestärkten Clan eines Ramsan Kadyrow, heute Präsident von Tschetschenien, weichen.
Selbst wenn die „Schwarzen Falken“ eine Zusammenrottung von jungen Männern ist, die „zivilisierte Verhältnisse“ in der Republik schaffen möchten und daher als Informanten der Polizei dienen könnten, wie Torschin meint, wäre diese Entwicklung problematisch.
Wie im ganzen Land, so ist gerade im Nordkaukasus, der durch eine Verfilzung von korrupten Beamten mit kriminellen Strukturen gekennzeichnet ist, das Vertrauen in die staatlichen Ordnungshüter gering. Russlandweit vertrauen laut einer Umfrage des Lewada-Zentrums nur 21 bis 25 Prozent der Miliz, 60 bis 65 Prozent haben Angst vor ihr. Die staatlichen Institutionen erodieren, wie seit Längerem diagnostiziert wird.
Die Zeitung „Nesawisimaja Gaseta“ zieht den Schluss: Wenn die „Schwarzen Falken“ wirklich existieren, steht die Republik an der Schwelle zum Bürgerkrieg.
„Schwarze Falken“ jagen Islamisten im Nordkaukasus « DiePresse.com